Baujuwel gerettet (Essay)#
Text und Bilder von
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von
ISG Magazin Heft 2 / 2008 (Internationales Städteforum Graz)
Viele kennen die Marienwallfahrtskirche von Straßengel nördlich von Graz. Sie steht auf einem schmalen Felsrücken hoch über dem hier breiten Murtal südlich von Gratkorn und Gratwein. Sie ist bei Nacht gut angestrahlt und für Bahnreisende und Autobahnbenutzer ein markantes Merkzeichen in der Landschaft mit ihrem auffälligen und für die Gotik typischen, steilen durchbrochenen Steindach.#
Zum Ensemble der gotischen Kirche gehören auch der Pfarrhof, die Taverne und das "Neugebäude", auch Prälatenhaus oder Sommerprälatur genannt. Die Bauten sind von einer im Südosten noch gut erhaltenen hohen Wehrmauer mit Schießscharten eng umschlossen. Neben dem dortigen Tor gibt es noch ein zweites Tor im Nordwesten neben dem heutigen Prälatenhaus.
Das Objekt fällt bereits von Weitem durch seine dreigeschossigen Arkaden auf und wurde früher als Sommersitz und Altersbleibe für die Äbte von Stift Rein genutzt. Dank seiner exponierten Lage ist der Bau auch im Sommer immer von frischer Luft umspült, man hat von hier einen unglaublichen Panoramablick in alle Richtungen. Seit 1919 war das Objekt fremd vermietet, es wurde fast nichts investiert, und ab 1992 stand das Prälatenhaus leer und verfiel zusehends. Wild wuchernder Efeu hatte das Bauwerk fest im Griff und senkte seine Wurzeln tief in das Mauerwerk. Durchfeuchtungen von Dach, Decken und Wänden und destabilisierte Mauern waren die Folge.
Seit 2000 ist das Prälatenhaus im Besitz der Familie Brunhilde und Manfred Meder. Aus Mitteln der neuen Besitzer, die als Fachleute die Restaurierung und Sanierung des Objektes zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben, des Eigentümers Stift Rein und des Steiermärkischen Revitalisierungsfonds in Begleitung durch das Bundesdenkmalamt wird seit 2000 das Objekt gesichert, saniert, wissenschaftlich untersucht und adaptiert.
Die bauarchäologischen Forschungen haben interessante Neuigkeiten ergeben. Bisher galt 1684 als Errichtungsdatum. Nun weiß man, dass der Kernbereich des Hauses bereits in der Spätgotik entstand. In einer zweiten Bauphase im Frühbarock wurde das Objekt erweitert. Erst in der dritten Bauphase ab 1684 erhielt das Prälatenhaus sein heutiges Aussehen mit den markanten Arkaden (Horst Schweigert 2007:77-87, Schriften des Reiner Kreises Nr. 13). Die gotische Bauphase wird u.a. durch ein Segmentbogentor und ein kleines rektanguläres Fenster belegt, beide mit abgefasten Natursteingewänden. Die Sanierung wird noch viel Arbeit, Zeit und Geld brauchen; die ambitionierten Arbeiten sind in vollem Gang. Das wertvolle Baujuwel ist in guten Händen und für die nächsten Generationen gesichert.
Siehe auch das NID Dokument zu der Wallfahrtskirche#