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Linz bekommt die größte Wasserstoff-Pilotanlage der Welt#

Wasserstoff könnte künftig weitgehend CO2-freie Stahlerzeugung ermöglichen - EU fördert 18-Millionen-Euro-Forschungsprojekt von Voestalpine, Siemens und Verbund zu zwei Dritteln.#


Mit freundlicher Genehmigung der Wiener Zeitung, 17. April 2018


Die künftige Anlage am Voest-Gelände in Linz
Die künftige Anlage am Voest-Gelände in Linz soll unter anderem der Erforschung der Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff in der Stahlproduktion dienen.
Foto: © Voestalpine

Linz/Wien. (kle) Rauchende Schlote sollen künftig nach Möglichkeit der Vergangenheit angehören. Mit Blick auf klimapolitische Zielvorgaben sieht sich auch die Stahlindustrie gefordert, ihren CO2-Ausstoß massiv zurückzufahren und damit umweltfreundlicher zu prodizieren. Was noch fehlt, ist freilich die entsprechende Technologie. Dies vor Augen, ziehen nun drei Großkonzerne - die Voestalpine, Siemens und der Verbund - im Zuge eines von der EU geförderten Forschungsprojekts an einem Strang. Auf dem Werksgelände der Voestalpine in Linz errichten sie gemeinsam eine Wasserstoff-Elektrolyseanlage. Für diese weltweit größte Pilotanlage zur Herstellung grünen - CO2-freien - Wasserstoffs fiel am Montag der Startschuss für den Bau. Bis zum Frühjahr 2019 soll die Anlage im Vollbetrieb sein.

Geforscht wird vor allem an den Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff in den einzelnen Prozessstufen der Stahlproduktion. Für das viereinhalb Jahre laufende Projekt "H2Future" sind Kosten von insgesamt 18 Millionen Euro veranschlagt. Davon schultert die EU mit zwölf Millionen den Löwenanteil, die restlichen sechs Millionen Euro entfallen zu gleichen Teilen auf die Konsortialpartner Voestalpine, Siemens und Verbund. An dem Forschungsprojekt ist auch die Verbund-Tochter APG (Austrian Power Grid) beteiligt - und auf wissenschaftlicher Seite K1-MET (Kompetenzzentrum für metallurgische und umwelttechnische Verfahrensentwicklung) sowie ECN (Energy Research Centre of the Netherlands).

Technologiewandel muss auch wirtschaftlich darstellbar sein#

Wolfgang Eder, Vorstandschef der Voestalpine, hat schon vor Jahren immer wieder klargemacht, dass "sein" Unternehmen als Stahlerzeuger die CO2-Vorgaben langfristig nicht mit fossilen Brennstoffen einhalten könne. Allerdings: Würde die Voestalpine von Koks komplett auf Strom umstellen, hätte sie hier einen zusätzlichen Bedarf, der ungefähr der Hälfte des gesamten österreichischen Strombedarfs entspricht. Um dies abzudecken, bräuchte es laut Eder nicht weniger als 30 neue Donaukraftwerke. Auf Wasserstoff umzusteigen, wäre da eine ökologisch und energetisch interessante Alternative, so der Voestalpine-Chef.

Langfristiges Ziel sei es, in den Produktionsprozessen von Kohle respektive Koks über nachfolgende Brückentechnologien mit Erdgas, das etwa in dem neuen, hochmodernen Roheisenwerk in Corpus Christi (Texas/USA) bereits eingesetzt wird, zur Anwendung grünen Wasserstoffs zu gelangen. Großindustriell einsetzbar wären diese Prozesse realistischerweise aber frühestens in etwa zwei Jahrzehnten, sagte Eder am Montag in einer Pressekonferenz in Linz. Zudem könne eine Technologieumstellung nur unter der Voraussetzung erfolgen, "dass erneuerbare Energie in ausreichendem Umfang und zu konkurrenzfähigen Bedingungen als Basis zur Verfügung steht", ergänzte Vorstand Herbert Eibensteiner, der im Voestalpine-Konzern für die Stahldivision zuständig ist. Die Technologietransformation in der Stahlerzeugung muss also auch wirtschaftlich darstellbar sein.

Siemens liefert die Schlüsseltechnologie#

Das Kernstück der Wasserstoffpilotanlage in Linz bildet ein Protonen-Austausch-Membran-Elektrolysemodul (PEM) mit sechs Megawatt Anschlussleistung. Laut den künftigen Betreibern handelt es sich dabei um das größte PEM der Welt. Das von Siemens entwickelte Aggregat kann 1200 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde produzieren. "Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff wird ein Rekordwirkungsgrad von 80 Prozent angestrebt", sagte Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun. Mithilfe elektrischer Energie wird Wasser in seine Grundelemente, Wasserstoff und Sauerstoff, zerlegt. Der Strom kommt vom Verbund. Dieser stamme aus erneuerbaren Quellen, wodurch erst "grüner" Wasserstoff entstehe, betonte Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber.

Generell lautet die Zielvorgabe für die Industrie auf eine Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen um 40 Prozent bis 2030. In Linz soll in Zukunft getestet werden, inwieweit der mit der PEM-Technologie produzierte Wasserstoff als Industriegas einsetzbar ist. Getestet wird aber auch das Zusammenspiel mit dem Regel-Energiemarkt des Stromnetzes.

Für die Europäische Union ist das Forschungsprojekt in Linz "eines unserer Flaggschiff-Projekte", wie Bart Biebuyck von der EU-Kommission erklärte. "Es wird weltweit verfolgt, was nun hier in Österreich entwickelt wird." Bis 2050 werde sich der Anteil der erneuerbaren Energie im Vergleich zu heute verdrei- bis verfünffachen müssen. Wasserstoff, so Biebuyck, könne hier eine Schlüsselrolle spielen.

Wiener Zeitung, 17. April 2018


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