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Die Stadt, geboren in den Trümmern der Monarchie #

Vor genau 100 Jahren wurde Deutschlandsberg zur Stadt erhoben. Ein Streifzug durch die Geschichte der weststeirischen Schilcherstadt. #


Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Kleinen Zeitung (28. Oktober 2018)

Von

Alexandra Kofler


Das Gemälde von Jakob Wibmerzeigt Deutschlandsberg mit Eisenbahn um 1875
Das Gemälde von Jakob Wibmerzeigt Deutschlandsberg mit Eisenbahn um 1875 (KK)
„Häf’n Rock“: Bands probten im alten Bezirksgericht
„Häf’n Rock“: Bands probten im alten Bezirksgericht (KK)
Der Hauptplatz von Deutschlandsberg in einer undatierten Aufnahme
Der Hauptplatz von Deutschlandsberg in einer undatierten Aufnahme (KK)

Am 18. Oktober 1918, wenige Tage vor dem Zusammenbruch der Monarchie, erhob Kaiser Karl I. Deutschlandsberg zur Stadt. Das wurde damals äußerst bescheiden gefeiert. Zu sehr hatte der Erste Weltkrieg die Stadt und ihre Bewohner in Mitleidenschaft gezogen. Heuer jährt sich die Stadtwerdung zum 100. Male. Grund genug für einen kurzen Streifzug durch die Geschichte der Schilcherstadt:

Ab dem Jahr 970 gehörte das weststeirische Gebiet zwischen den Flüssen Sulm und Laßnitz zum Erzbistum Salzburg. Von der Burg Deutschlandsberg aus kontrollierte man wichtige Handelswege über die Koralpe nach Kärnten. Der Weinhandel war bereits in früher Zeit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Die Burg wurde vom Rittergeschlecht der Lonsperger verwaltet. Daraus entstand der Name „Landsberg“, im 19. Jahrhundert „Deutschlandsberg“. 1803 ging der kirchliche Besitz im Zuge der Säkularisierung in Staatseigentum über.

Kurz darauf ersteigerte der Bankier Graf Moritz von Fries Burg und Herrschaft. Er schuf die malerische Klause mit der Einsiedelei, die noch heute viele Naturliebhaber zur Wanderung durch das Laßnitztal lockt. Schwer verschuldet musste er seinen Besitz jedoch bereits 1820 an die Familie Liechtenstein veräußern. Diese prägte mit dem Bau der Waldbahn Landschaft und Bevölkerung. Überreste der Anlage sind heute noch sichtbar.

In der Gründerzeit blühte Deutschlandsberg auf. Industriebetriebe sorgten für wirtschaftlichen Aufschwung. Allen voran der Unternehmer und spätere Bürgermeister Florian Pojatzi, der mit seiner Solo- Zündwarenfabrik zum Weltmarktführer aufstieg. Weitere Wirtschaftsfaktoren waren Kohle, Papier und Messing.

Mit der Einrichtung der Bezirkshauptmannschaft im Jahr 1868 wurde Deutschlandsberg zum Verwaltungsmittelpunkt. Beamte und Personal siedelten sich in der Stadt an.

1873 kam die Eisenbahn. Mit ihr blühte auch der Tourismus auf. Schilcher, Kultur, Gastlichkeit und landschaftliche Schönheit lockten immer mehr Menschen ins sogenannte Paradies der Steiermark. Um 1900 war Deutschlandsberg der größte Markt im gleichnamigen Bezirk. Die Stadterhebung im Jahr 1918 war eine Anerkennung dieses Umstandes.

Danach folgten schwere Zeiten. Die Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg machte aus der weststeirischen Metropole eine Grenzstadt. Die Industrie verlor mit dem Untergang der Monarchie ihren größten Absatzmarkt und die Wirtschaft kam zum Erliegen.

In der Zwischenkriegszeit wurde Deutschlandsberg zu einem Zentrum der in Österreich aufstrebenden Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. 1938 feierte man enthusiastisch den „Anschluss“ und bemühte sich um den Sitz der NS-Kreisleitung in der Stadt.

Erst nach Kriegsende siedelten sich langsam wieder Wirtschaftbetriebe an und das Bild der Stadt wandelte sich erneut. Rund um das alte Zentrum mit seinen Häusern aus Barock und Biedermeier wuchs das moderne Deutschlandsberg. Amtsgebäude, Schulen, Wohn- und Villenviertel sowie Industrie- und Einkaufsviertel entstanden. 1978 eröffnete man das Bundesschulzentrum. 1981 die Koralmhalle. 1984 wurde das LKH in Betrieb genommen.

Auch kulturell ist die Stadt stark gewachsen. In den 1970ern wurde sie zum Gründungsort der namhaften Literaturzeitschrift „Sterz“. In den 1980ern erprobte die Jugend ihr musikalisches Talent in den Gefängniszellen des Bezirksgerichts, lud zu den legendären „Häf’n Rock“-Konzerten. Der Deutschlandsberger Kulturkreis rund um Barbara Faulend-Klauser hat sich der klassischen Kunst verschrieben und wartet bereits seit mehreren Jahrzehnten mit hochkarätigen Konzerten auf. Das Theaterzentrum sowie zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen runden das vielseitige Kulturprogramm der Stadt ab.

Die Burg, weithin sichtbares Wahrzeichen, ist zu einer Art zweitem Zentrum herangewachsen. 1936 wurde sie von der Stadtgemeinde gekauft und renoviert. Heute wartet sie mit dem Museum Archeo Norico, Hotel und Restaurant auf. Alljährlich wird sie beim „Schilcherberg in Flammen“ eindrucksvoll in Szene gesetzt. Mit der Strukturreform 2015 wurden Bad Gams, Freiland, Kloster, Osterwitz und Trahütten Teil der Stadtgemeinde. Heute zählt sie rund 11.600 Einwohner.

Kleine Zeitung, 28. Oktober 2018