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Wladimir Sergius von Zalozieckyj Sas#

Politiker, Kunsthistoriker und Puppenspieler aus Czernowitz#


von

Heidi Brunnbauer


Die Villa Hasenauerstraße 46 im Cottage Währing/Döbling beherbergte viele Jahrzehnte die direkten Nachkommen des berühmten Cottage-Architekten Borkowski und deren angeheiratete Verwandten; es war stets ein gastliches Haus, in dem familiäre Verbundenheit und Hilfsbereitschaft vor allem in der schweren Zeit im und nach dem Zweiten Weltkrieg selbstverständlich waren. So fand auch der - wie die Borkowskis aus Czernowitz stammende - Politiker, Kunsthistoriker und Puppenspieler Wladimir Sergius von Zalozieckyj Sas (1884-1965) ab 1944 Aufnahme im Souterrain der Hasenauerstraße 46. Er wohnte dort mit seiner Frau Antonie (geb. Beldowicz und Schwägerin der Hauseigentümerin) bis zu seinem Tod, anfänglich auch noch mit dem Sohn Wladimir (1919-1988). Dieser studierte zunächst an der Wiener Hochschule für Bodenkultur in Hinblick auf den Gutsbesitz der Familie in der Bukowina. Das vom Vater ererbte Sprachentalent (er beherrschte sieben europäische Sprachen) brachte Sohn Wladimir zum Dolmetscherberuf. Während der Besatzungszeit arbeiteten Vater und Sohn für die vier Alliierten in Wien.

Aus Bojarengeschlecht#

Wladimir Sergius stammte aus einer der wohl reichsten Familien der Bukowina mit Bojarensitz in der Nähe von Czernowitz. Auf Wunsch des Vaters, dort k.k. Sanitätsrat und Primararzt, studierte „Wladzju", wie er in der Familie und von Freunden genannt wurde, in seiner Heimatstadt zunächst Jus (Promotion 1906) und dann - seiner Neigung folgend - in Wien Archäologie und Kunst geschichte (Promotion 1920). 1910 wurde er hier in die k. u. k. Zentralkommission für Erhaltung und Erforschung von kunsthistorischen und historischen Denkmälern - Vorläuferin des Bundesdenkmalamtes - als fachlich-wissenschaftlicher Mitarbeiter berufen (1913 Redakteur der wissenschaftlichen „Mitteilungen"). 1918 machte er den Sprung in den diplomatischen Dienst, als er zum Legationsrat und im Folgejahr für kurze Zeit zum Chargé d'Affaires der neu gegründeten, unabhängigen Ukrainischen Republik in Bern ernannt wurde. In Czemowitz war er während der 1920er und 1930er Jahre als Literat, Literatur- und Kunstkritiker, Kunstmaler sowie Theaterrezensent tätig, behandelte in seinen Zeitungsartikeln aber auch die Frage nationaler Minderheiten. Noch vor dem Einmarsch der Sowjets in der Bukowina im Herbst 1940 musste Zalozieckyj - er war (gewählter) Vorsitzender der Ukrainischen Nationalen Partei, die seit 1918 in der Bukowina bestand, und als solcher seit 1927 Abgeordneter im Bukarester Parlament - seine Heimat verlassen, verlor Hab und Gut und brachte sich in Bukarest als Buchhändler durch. Als auch dort der Einmarsch der Sowjets drohte (Kapitulation Rumäniens im Sommer 1944), floh er nach Wien.

Tätigkeit in Rumänien, Wien und England #

Zalozieckyj war auf künstlerischem Gebiet äußerst vielseitig. Er illustrierte als Zeichner rumänische Märchen, Christian Morgensterns „Galgenlieder" und eigene Kurzgeschichten. Er gründete und betrieb selbst ein literarisch künstlerisches Puppenspiel in Rumänien sowie in Wien-Pötzleinsdorf und wirkte als Regisseur. 1950 gestaltete er in Ganthorp Hall, England, eine Kapelle mit Fresken aus. Zalozieckyj Sas war ab 1947 Mitglied der „Vereinigung bildender Künstler Wiener Secession" und Mitarbeiter des bedeutenden Werkes „Österreichische Kunsttopographie".

Wie er Puppenspieler wurde#

Seinen Militärdienst leistete Zalozieckyj Sas bei den Ulanen in der Bukowina; er war im Ersten Weltkrieg als Offizier an der Ostfront eingerückt und bis 1917 in Kiew in Kriegsgefangenschaft, aus der er entfliehen konnte. Dort habe er begonnen, aus Brotresten Puppenköpfe zu formen und mit Kartoffeln auf seinen Fingern oder bloß die bemalten Finger als Figuren einzusetzen, wenn er Märchen oder Geschichten szenisch darstellen wollte, wird berichtet. Er führte um 1940 in Czernowitz und Bukarest, später dann in Wien, Puppenspiele mit selbstgefertigten Figuren und Requisiten auf (u. a. „Faust" und „Hamlet"). Er trat in Kindersendungen des Österreichischen Fernsehens auf und tauschte Erfahrungen mit einer befreundeten Künstlergruppe aus, zu der auch der Maler Oskar Laske, wie er aus Czernowitz stammend, gehörte - als ebenfalls begeisterter Puppenspieler. Der Puppenspieler Zalozieckyj pflegte Märchen, Sketche und Dramen auf seine Art zu interpretieren: wenn es die Situation erforderte, benutzte er sogar seinen Kahlkopf als Vollmond und seine Hände als zusätzliche Darsteller; manchmal tauchte sein bärtiges Geschichtenerzählergesicht überraschend über der Spielleiste auf.

Quelle#

Heidi Brunbauer: Im Cottage von Währing/Döbling, - Interessante Häuser - interessante Menschen, Band III, Seiten 123 ff. Edition Weinviertel, Gösing 2009, ISBN 978-3-902589-21-7,

E-Mail: office@edition-weinviertel.at


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Ich habe gerade mit großem Interesse Heidi Brunnbauers Beitrag über meinen Großvater gelesen. Sehr gut recherchiert und informativ. Eine kleine Korrektur will ich anbringen: Mein Großvater trat ab und zu im DEUTSCHEN Fernsehen als Puppenspieler auf. Das war ein Kinderprogramm. Sonst richteten sich seine Vorstellungen an Erwachsene.

-- Feedback, Mittwoch, 20. November 2024, 09:51