ANTON VON EISELSBERG#
Vom Wiener Allgemeinen Krankenhaus weht seit dem 26. Oktober 1939 die Fahne der Trauer. Wenn sie gehisst wird bedeutet das nichts gutes. Sie kündet das Ableben eines der bedeutendsten und hervorragendsten Vertreter der weltberühmten Ärzteschule. Eiselsberg galt auch als Pionier der Unfallchirurgie und Begründer der Neurochirurgie, und war Ehrendoktor von neun Universitäten. Der in der gesamten Welt bekannte chirurgische Forscher und Universitätsprofessor Anton Freiherr von Eiselsberg ist einem tragischen Eisenbahnunfall zum Opfer gefallen, an dessen Folgen er nun verstarb.
Das Drama spielte sich in St. Valentin ab, als ein Lokführer eines Schnellzuges nach Wien, trotz Warnsignale mit hoher Geschwindigkeit im Bahnhof einfuhr. Durch die Umstellung der Weichen entgleiste die Lok und Packwagen und noch 4 Wagen des Zuges. 13 Personen, darunter der 79jährige Chirurg, der noch an der Unfallstelle verschied. Er hinterlässt Agnes, seine Frau, eine geborene Pirquet und 8 Kinder.
Eiselsberg, Assistent des einst so berühmten Billroth, war nicht nur ein hervorragender Operateur, der neue Methoden für Magen-, Darm-, Hirn und Rückenmarkoperationen angab, sondern auch ein bekannter Forscher, dessen Werke über Schilddrüsen-Exstirpation, Transplantation uam. in der ganzen Welt Beachtung fanden.
Als er mit seinem Bruder eine Autofahrt unternahm, kam es zu einem folgenschweren Unfall. Sie stießen mit einem Pferdefuhrwerk so heftig zusammen, dass die Wagendeichsel die Windschutzscheibe durchbohrte und seinem Bruder eine schwere Kopfverletzung beibrachte. Schnell entschlossen fuhr der Arzt mit seinem Bruder in die nächster Ortschaft wo er mit den primitivsten Mitteln eine überaus komplizierte Operation an seinem Bruder vor.
Angeblich soll Eiselsberg eine gefundene tote Katze, die er sofort zu sezieren begann, der Auslöser zu seinem Beruf als Mediziner gewesen sein.
Wie schon erwähnt, war Freiherr von Eiselsberg ein sehr gefragter Mediziner. So auch 1915, obwohl gerade der gewaltige Erste Weltkrieg alles menschliche Tun und Lassen in seinen Grundfesten erschütterte. Der König von Griechenland war schwer erkrankt und als die heimischen Ärzte bemerkten, dass die Situation sehr ernst wurde, galt es, medizinische Kapazitäten aus dem Ausland zu berufen, jener Welt die heute durch den Krieg in zwei Lager geteilt ist. Die Wahl, die nach den politischen Stimmungen in Griechenland sehr schwer war, fiel auf zwei Gelehrte in Wien und Berlin, den berühmten Chirurgen Professor Dr. Anton Freiherrn von Eiselsberg, und auf den Pathologen Prof. Dr. Kraus in Berlin, den Königin Sophie durch Kaiser Wilhelm erbeten hatte.
In Separatzügen eilten beide Professoren über Budapest, Bukarest, Sofia nach Dedeagatsch, von wo sie wartende Torpedoboote nach Piräus brachten.
Am 29. Mai, morgens 8 Uhr, erschien, Professor Eiselsberg mit Dr. Derulanos im Palast, um die Bekanntschaft mit dem hohen Patienten vorsichtig einzuleiten. Professor Eiselsberg nahm eine genaue Besichtigung der Operationswunde vor und gegen Mittag kamen dann die sieben griechischen Ärzte mit dem soeben eingetroffenen Prof. Kraus, den der König als alten Bekannten begrüßte. Es folgte eine gründliche Untersuchung, wobei die Diagnose und Behandlung von Seiten der griechischen Ärzte die vollständige Billigung des Berliner und des Wiener Kollegen fanden, was den König mit großer Befriedigung erfüllte. Professor Eiselsberg nahm bald darauf die notwendige Operation, die Herausnahme eines Rippenteiles, mit bestem Erfolg vor und das und das kostbare Leben des königlichen Patienten war außer Gefahr. Das angebotene hohe Honorar wiesen beide Ärzte mit dem Bedeuten zurück, die Beträge wohltätigen Zwecken zuzuführen, was in Griechenland allgemein bedeutenden Eindruck machte. Professor von Eiselsberg nahm noch Operationen an hervorragenden griechischen Patienten vor, deren Honorar er dem Roten Kreuz überwies und er wurde gemeinsam mit seinem Berliner Kollegen von König Konstantin durch die Verleihung des höchsten griechischen Ordens, des Erlöserordens, sowie durch die Ernennung zum Ehrendoktor der Universität Athen nach Verdienst ausgezeichnet. So haben beide Gelehrten dazu beigetragen, die politische Stimmung Griechenlands zu Gunsten der verbündeten Zentralmächte erheblich zu beeinflussen und so durch ihre medizinische Kunst der Politik wertvoll zu dienen.
QUELLEN: Erlafthal Bote, 27. Oktober 1939, Banater Deutsche Zeitung, 1. November 1939, Wiener Bilder, 27. Juni 1915, Österreichische Nationalbibliothek ANNO
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