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AUGUST FREIHERR VON WEHLI#

Wien
A.Freiherr von Wehli,Lithographie von Würbel, gemeinfrei

1871: Herr von Wehli ist jedenfalls con a more, aus purer Liebhaberei Diener des Staates, denn als „vierfach verstockter“ Ringstraßen-Hauusherr und Besitzer eines großen Vermögens hätte er es, Gott sei Dank, nicht nötig, sich um das Beste des Staates abmühen zu müssen. Wie Herr Baron Mitis begann auch Herr Baron Wehli seine Beamtenlaufbahn in der Hofkammerprokuratur, aus welcher von dem Minister Bach, zu dessen Lieblingen er gehörte, ins Ministerium des Innern übernommen und dort mit dem Referat über die deutschen Provinzen und seit dem Jahr 1859 auch mit dem Referat über die Wiener Stadterweiterung betraut wurde. Nicht weniger angenehm, als unter Bach, diente Herr von Wehli unter Schmerling, der in ihm einen seiner treuesten persönlichen Anhänger, eine wahre Stütze des neugeschaffenen Verfassungsstaates entdeckt zu haben glaubte, ihm das Referat über alle Verfassungsangelegenheiten und speziell in allen Angelegenheiten des Reichsrates übertrug.

Als Herr von Schmerling abgedankt wurde, hieß es allgemein, Herr von Wehli werde in Pension gehen, aber das ließ der Sistierungsminister Graf Belcredi nicht zu, dessen Liebling derselbe Herr von Wehli ebenfalls ward. Als darauf Graf Taaffe Leiter des Ministeriums des Innern wurde, hieß es abermals, Herr von Wehli würde in Pension gehen, aber dieser dachte abermals nicht daran, und fand bald, dass mit dem guten Grafen Taaffe vortrefflich auszukommen sei. Unter Minister Giskra war Herr von Wehli wieder ein Verfassungstreuer par excellence, verlor aber trotzdem das Referat in Verfassungsfragen. Dafür wurde er Ministerial-Referent und später Präsident der Donau-Regulierungs-Kommission.

Nach dem Sturz des Bürgerministeriums wurde Graf Taaffe abermals der Chef des Herrn von Wehli, welcher unter Graf Hohenwart plötzlich hohenwartischer wurde, als es dieser selbst jemals war. Plötzlich ein Ausgleichspolitiker par excellence erkannte nämlich Herr von Wehli sechs Olmützer Domherrn das Wahlrecht im mährischen Großgrundbesitz zu, und verschaffte dadurch den Nationalen und Feudalen im Brünner Landtag das Übergewicht. Herr von Wehli fasste diese Entscheidung in Abwesenheit des Ministers Hohenwart, und als er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass selbst Graf Belcredi den Olmützer Domherren das Wahlrecht nicht zugestanden hatte, soll er sich darauf berufen haben, dass seine Entscheidung von dem Herrn Dr. Schäffle gutgeheißen worden sei. Herr von Wehli ein kräftiger Mann in den Fünfzigern, dürfte noch unter etlichen Ministerien in Österreich sich der besonderen Wertschätzung seiner Vorgesetzten zu erfreuen haben Geschmeidigkeit nach oben, ein resolutes Wesen nach unten, kennzeichnen ihn.

1873: Auf Einladung des Ministers des Inneren fand im Sitzungssaal des Ministeriums eine mehrere Stunden dauernde Besprechung bezüglich der Teuerung statt, an welcher nebst dem Vorsitzenden Herrn Sektionschef von Wehli der Statthalter von Eybesfeld, Bürgermeister Felder usw. Teilnehmer der Presse waren gleichfalls geladen.

Nachdem Herr von Wehli die Versammlung begrüßte und konstatiert hatte, dass die gegenwärtigen Lebensmittelpreise von denen im Mai 1872 nicht wesentlich divergieren, sodann diese auf die von den Hotelbesitzern und Gastwirten beliebten abnormen Preise keinen Einfluss üben, gab Herr Magistratsrat Wenzel ein höchst interessantes Exposé ab, erstens der Preise in den Wiener Gasthäusern mittleren Ranges. Er konstatierte, dass in denselben ein einfaches Mittagsmahl, bestehend aus Suppe, Rindfleisch mit Gemüse. Mehlspeise, Seitel Wein und Brot durchschnittlich auf 70 Kreuzer bis 1 Gulden 10 kr zu stehen komme. Im Prater außerhalb des Weltausstellungsplatzes komme ein solches Mittagsmahl auf 60 bis 90 kr. Innerhalb des Weltausstellungsraumes auf 1 Gulden 50 kr bis 2 Gulden zu stehen. Am teuersten ist es in der Liesinger und Pilsener Bierhalle. Eine rühmliche Ausnahme mache Kummers Bierhalle, welche gleiche Preise mit den Stadtlokalen habe.

Ähnliche hohe Kosten muss man in diversen Hotels bezahlen. Sehr teuer ist darunter das Hotel Tauber wo ein Zimmer mit einem Bett 6 bis 25 Gulden begehrt wurden, ebenso Hotel Munsch wo ein Salon mit einem Bett 30 bis 60 Gulden kostet.

Angemeldet sind 2682 Privatwohnungen mit 3181 Piecen und 11.000 Betten angemeldet seien, zum Preis pro Tag 1 bis 5 Gulden, pro Woche sind das 10 bis 70 Gulden, Saison von 150 1800 Gulden.

Zu diesem Thema entspann sich eine lebhafte Debatte an die sich die genannten Herren beteiligten. Hügel wünschte, dass alle billigen Hotels im In- und Ausland bekannt gemacht werden, was zugleich als Warnung vor den Wucher-Hotels gelten würde.

Der Statthalter stimmte diesem Antrag - der schließlich zum Beschluss erhoben wird – bei und fügte hinzu, dass jedem Übervorteilten es frei stehen soll, Anzeige zu erstatten. Bezüglich der Lebensmittelpreise wurde Baron Schwarz angewiesen, schleunigst die Ausstellung neuer und minder kostspieliger Wirtshäuser mit vorgeschriebenem Preistarif im Ausstellungsrayon zu veranlassen.

1877: Diesmal widmete man sich im Herrenhaus dem Thema „Ehehindernis der Religionsverschiedenheit“ und der „Trennbarkeit der Ehe“ usw. Es wird zur Abstimmung geschritten, Freiherr von Wehli beantragt namentliche Abstimmung. Der Antrag wird angenommen.

Am 20. Oktober 1892 starb in seiner Sommerwohnung, am Curhausplatz in Aussee das Herrenhausmitglied Dr.. August Freiherr von Wehli. Die Überführung der Leiche erfolgte an diesem Tag per Bahn nach Wien. Freiherr von Wehli war am 1. November 1810 in Prag als Sohn eines wohlhabenden Kaufmannes geboren. Nach Vollendung seiner Studien, in Prag und Wien wo er am 27. Oktober 1834 zum Doktor promoviert, 1838 erlangte er auch den philosophischen Doktorgrad. Mittlerweile hatte er im Herbst 1832 beim Kriminalsenat des Wiener Magistrates Stellung genommen, kam sodann 1833 als Konzeptpraktikant zu dem politisch-ökonomischen Senat und fungierte 1835 bis April 1837 als Auskultant bei dem Zivil-Justizsenat des Wiener Magistrates. Hierauf in die Hofkammer-Prokuratur eingetreten, war er dort mit wichtigen selbständigen Referaten betraut. Damals wurde auch der juridisch-politische Leseverein, dessen Mitbegründer und mehrjährige Direktionsmitglied Wehli war, ins Leben gerufen. 1843 trat Wehli als Regierungskonzipist in das Kreisamt B U WW ein und 1847 wurde er der vereinigten Hofkanzlei zur Dienstleistung zugeteilt. Zum Hofkonzipisten ernannt, hatte er als Hilfsarbeiter des Fürsten Lobkowitz, des nachmaligen Statthalters von Tirol, ein umfassendes Elaborat über die historische und juridische Seite der damals ausgebrochene ständischen Bewegung im Reich zu verfassen; später hatte er im Präsidium des Ministers Pillersdorf 1848 bei der Verfassung des ersten Pressgesetzes und der Wahlbestimmung für das Frankfurter Parlament hervorragende Agenden. Pillersdorf Resignation bestimmte Wehli, sich um eine Advokatenstelle in Wien zu bewerben, die er auch 1848 erhielt. Vor Antritt derselben wurde er jedoch vom Grafen Stadion nach Kremsier berufen, bald darauf zum wirklichen Ministerial-Sekretär und 1851 zum Sektionsrat im Ministerium des Innern befördert.In dieser Stellung hatte er die legislative und administrative Neugestaltung in Hinsicht auf Unterhaus. Und Lebensverhältnisse, Grundentlastung, Servitutenablösung zu besorgen, für welche Arbeit 22. April 1852 seine Erhebung in den Adelsstand und 1859 seine Beförderung zum Ministerialrat erfolgte. Als Hofrat unter Schmerling arbeitete er die Verfassungsgesetze aus, Am 9. Februar 1862 wurde er mit dem Ritterkreuz des Leopold-Ordens dekoriert. Wurde bald darauf in den Freiherrnstand erhoben. Unter Giskra wurde er 1869 zum Sektions-Chef ernannt und führte im Interimsministerium Holzgethan 1871 provisorisch das Ministerium des Innern. Im Herrenhaus schloss er sich der Verfassungspartei an. Im Ruhestand entfaltete er noch eine rege Tätigkeit als Vize-Präsident der Stadterweiterungs- und der Donauregulierungs-Kommission.

Beim Übertritt in den Ruhestand 1873 erhielt er die Geheimratswürde, 1890 das Großkreuz des Franz Josephs Ordens und war anschließend lebenslängliches Mitglied des Herrenhauses.

Nach ihm ist im zweiten Wiener Gemeindebezirk eine Straße benannt.

QUELLEN: Süddeutsche Post, 5. November 1871, Steirische Alpenpost, 23. Oktober 1892, Klagenfurter Zeitung, 13. Mai 1873, Grazer Volksblatt, 23. Februar 1877, Ischler Wochenblatt, 23. Oktober 1892, Prager Tagblatt, 21. Oktober 1892. Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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