EDUARD ENGELMANN#
1944: Im Haus Engelmann in Hernals gab es eine großartige Fest, denn Oberbaurat Eduard Engelmann und seine Gattin Anastasia feiern goldene Hochzeit. Vor 50 Jahren, am 26. Mai 1894, trat damals der 30jährige Ingenieur der niederösterreichischen Landesregierung in den Stand der Ehe. Das junge Paar sonnte sich an den vielen herzlichen Wünschen, die ihm seine Freunde darbrachten, war er doch kein Unbekannter mehr, denn die Familie Engelmann war in Hernals längst ein Begriff. Sein Vater, der ebenfalls Eduard hieß, und Techniker war, hatte die Wachstuchfabrik Syring übernommen, nachdem diese durch mehrere Generationen im Besitz dieser Familie war. Seine Mutter Christine war selbst eine Syring gewesen.
Da die Erträge der Wachstucherzeugung immer mehr zurückgingen, suchte er seine Anlagen und Besitz auf andere Weise zu verwerten und so kam er auf die Idee, einen Eislaufplatz zu betreiben. Ein Besuch zu der Produktion des einst berühmten Eisläufers Jackson Hainers, war jedoch, als bekannt wurde, dass auch der Kaiser sich dafür interessiere. Dieser schicksalsträchtige Tag war es, der ihn auf den Gedanken, einen Eislaufplatz zu betreiben, brachte. Bekannte, wie auch die Familie gaben sich dem Eislaufsport hin, und somit wurde Hernals alsbald eine Hochburg des Kunstlaufes.
Oberbaurat Eduard Engelmann der Sohn des Begründers der Hernalser Eisbahn, errang bereits als Achtzehnjähriger seinen ersten Triumph und wurde 1892 und 1894 Europameister.
Aber nicht nur auf sportlichen Gebiet war Engelmann ein Könner, denn sein Name war bald auch in der Welt der Technik ein Begriff. Schon die ersten Jahre seiner Praxis, beim Bau der Kamptalbahn verhalfen ihm zu Ansehen, doch bald darauf war er Chef des Konstruktionsbüros. Nachdem er in den niederösterreichischen Landesdienst eingetreten und in allen Abteilungen tätig wurde er schließlich Vorstandstellvertreter des Hochbaudepartements. 1909 wurde ihm die ehrenvolle und von ihm mit dem größten Erfolg gelöste Aufgabe, ein Projekt zur Elektrifizierung der Mariazeller Bahn auszuarbeiten. Die damaligen Richtlinien Engelmanns für den Bau der Elektrolokomotiven gelten auch heute noch.
1909 war ein besonderes Jahr, denn auch die Schaffung der ersten Freilufteisbahn der Welt, die man bisher als undurchführbar gehalten hatte. Am 10. November 1909 war es dann so weit, dass man bei Plus 5 Grad bei Engelmann Schlittschuh lief. Eduard Engelmann wurde bald darauf wegen seiner epochemachenden Idee auf dem Kältekongress in Chikago sehr gefeiert.
Engelmann huldigte weiterhin dem Sport, dem er mit Fanatismus ergeben war. Seine Kinder Eduard, Helene und Christa erfreuten ihn mit ihren Erfolgen. besonders Helene, die als Paarläuferin mit ihren Partner Karl Mejstrik und Alfred Berger dreimal Weltmeisterin und einmal Olympionikin. Auch um den eisläuferischen Nachwuchs sorgte er sich. Seine größte Entdeckung war sein heutiger Schwiegersohn und siebenfacher Weltmeister Karl Schäfer, der Schöpfer der berühmten Wiener Eisrevue mit dieser er in ganz Europa große Erfolge feiern konnte.
1931: Die heutige prächtige Arena des Sportplatzes Engelmann entwickelte sich aus allerkleinsten Anfängen.Vorerst gab es auf den Gartenwegen des Fabrik- und Wohnhausareals eine äußerst bescheidene Eisbahn. Im Jahr 1871 begann man die Sache ernsthaft anzugehen. Ein Eisbassin von 600 m², dabei mit wasserdicht komprimiertem Tegelboden wurde angelegt, bald auf 800 m² vergrößert. Im Jahr 1873 ein zweites 600 m² großes Becken angelegt und dazwischen „schleifbarer Verbindungsgang der den Namen Suezkanal erhielt. Doch es fehlte etwas äußerst wichtiges: Musik. Daher wurde bereits 1872 eine großartig une Drehorgel aufgestellt, die große Begeisterung hervorrief. Im Sommer wurden die Plätze ebenfalls genutzt u.zw. Für die Rollschuhläufern, Radfahrern und im Bassin den Ruderern. 1894 übernahm Eduard, der Sohn des Vaters Erbe. Inzwischen war ein dritter Platz für die Eisläufer angelegt worden.
Am 25. Mai 1907 hielt der Verein Kunsteisbahn auf dem Engelmann Platz die Generalversammlung ab, und am 10. November 1909 feierte man in Hernals die Eröffnung der ersten Freiluft-Kunsteisbahn der Welt. Der Erste Weltkrieg funkte dazwischen und hemmte die weitere Ausgestaltung. 1924 wurde die Kunsteisbahnfläche auf 2400 m² vergrößert, 1927 wurde die Südtribüne in Eisenbeton und im Winter 1929/30 die Westtribüne erbaut. Zuletzt wurde die Nordtribüne vollendet. Die Eisfläche umfasst nun 3000 m².
1930: Der 20. Juli wurde für die Familie Engelmann zum schwarzen Tag.
Der Bruder der vielfachen Eislaufweltmeisterin und Sohn des Besitzers der Kunsteisbahn Engelmann in Hernals, der selbst in Sportkreisen sehr populär ist, wollte mit seiner 33 jährigen Gattin Annemarie, einer bekannten Automobilsportlerin, in seinem Wagen auf den Semmering. Gegen 7 Uhr bemerkte der Fahrer den Triebwagen und wollte abbremsen, man nahm an, dass die Bremsen versagten und das Auto sauste mit ungeminderter Geschwindigkeit in den Lokalzug Baden-Traiskirchen mit solcher Wucht hinein. Der Anprall an die linke Waggonwand war ungeheuer. Das Auto stellte sich kerzengerade auf, stürzte um und überschlug sich. Der Motor explodierte mit einer furchtbaren Detonation. Das Ehepaar wurde aus dem Wagen geschleudert und unter den Trümmern des Wagens begraben.
Der Fahrgäste des Triebwagens bemächtigte sich unbeschreibliche Aufregung. Da durch den Anprall der Waggon ins schwanken geriet und die Seitenwand schwer beschädigt wurde, glaubten die Passagiere, dass der Wagen umstürzen werde. Sie sprangen aus Türen und Fenstern ins Freie.
Inzwischen war die Rettung vom Roten Kreuz von der Katastrophe verständigt worden, und in der Annahme, dass es zahlreiche Verletzte gäbe, wurden zwei Ambulanzen und mehrere Ärzte und Sanitäter nach Traiskirchen beordert.
Man fand Annemarie Engelmann, die eine bekannte Sportfahrerin war, und an verschiedenen Konkurrenzen teilnahm und einen Preis gewonnen, mit einer schweren Wunde am Hinterkopf bewusstlos auf. Ihr Gatte hatte mehrfache aber leichtere Verletzungen davongetragen. Das Ehepaar wurde sofort in das Rathische Spital nach Baden gebracht. Dort ist Frau Engelmann am Vormittag, ohne das Bewusstsein wieder zu erlangen an den schweren Verletzungen gestorben. Nachdem ihr Gatte versorgt war, wurde er auf eigenen Wunsch nach Wien in das Elisabethspital überführt.
Das Ehepaar Engelmann huldigte bereits seit Jahren dem Autosport. Fast jeden Sonntag, doch auch während der Woche unternahmen die Eheleute in einem zweisitzigen Rennsportwagen größere Ausflüge. Diesmal hieß das Ziel Semmering, wo Frau Engelmann, die als eine riskante Fahrerin bekannt, eine Freundin aus Deutschland abholen wollte. Um sechs Uhr morgens startete Eduard Engelmann vor seinem Wohnhaus in der Theresiengasse die Fahrt und eine Stunde später geschah das Unglück.
Eduard Engelmann arbeitete als Prokurist im Betrieb seines Vaters, einer Kunsteisfabrik. Auch zwei Schwestern des Vaters waren hier beschäftigt. Seit zwei Jahren war Engelmann in glücklicher Ehe mit Annemarie, der Tochter des Arztes Dr. Selig, verheiratet.
In den 30er Jahren triumphierten Sonja Henie und Karl Schäfer und somit war der Eislaufsport wieder in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gerückt.
Der Eislauf ist eine der ältesten in Wien betriebenen Sportarten. Bei uns dominierte der Eiskunstsport, für den Eisschnelllauf fehlten uns die Bahnen. Die beste Gesellschaft vereinigte er und ein Sonntagskorso auf dem Platz des Eislaufvereines bildet heute wie in der Vorkriegszeit ein prächtiges Bild. Die reizvolle Grazie die jede Läuferin auszeichnete, zu jeder Zeit bildete sich eine Kunstlaufgarde mit ihrem „Wiener Stil“.
Das elektrische Licht wurde eingeführt. Bald fanden auch Konzerte statt, begleitet von wunderbaren Melodien, entwickelte sich die Kunst des Eistanzes.
Auch der Eislaufverein erlebte böse Zeiten, als der alte Platz verlassen werden musste. Erst nach langen mühseligen, kostspieliger und jahrelanger Arbeit konnte das neue Terrain auf dem Heumarkt erworben, hergerichtet und ausgestaltet werden. 1899 fand die Eröffnung statt. Es dauerte eine gewisse Zeit bis man sich an den neuen Platz anfreundete.
Eduard Engelmann, der Wissenschaftler von hoher Bedeutung war 1913 Präsident des Weltkongresses für Kälteindustrie in New York. Nach schwierigen Versuchen gelang ihm endlich 1907 das Eis auf künstlichem Weg durch Kältemaschinen herzustellen. Die erste Kunsteisbahn der Welt war geboren. Das Unternehmen mit seinen Sieger und Siegerinnen ging einer ruhmvollen Zeit entgegen.
QUELLEN: Wiener Sporttagblatt, 16. Dezember 1931, Kleine Volkszeitung, 26. Mai 1944, Wiener Sonn- und Montagszeitung, 21. Juli 1930, Freiheit, 23. Dezember 1931, Österreichische Nationalbibliothek ANNO
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