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GIOVANNI MOROSINI#

900. BEITRAG

1906: Ein Millionär in New York, wo denn sonst, verwöhnt seine Tochter Giulia, indem er ihre Schneiderrechnungen bezahlt, die über 200.000 Dollar jährlich betragen. Sein ganzer Stolz, eine Tochter zu besitzen, die stets als die best angezogene Dame von ganz New York gilt. Dabei macht sie sich nichts aus Kleidern.

Wie schon der Name verrät stammt dieser Krösus aus Italien der als junger mittelloser Mann nach Amerika gekommen ist.

Morosini hatte das Glück, dem Eisenbahnkönigs Jay Goulds in einer Sache behilflich gewesen zu sein. Als Dankbarkeit nahm der Millionär ihn zu sich und der tätige, intelligente, energische junge Mann wurde Geschäftsteilnehmer Goulds und einer der ersten Bankiers von New York und wurde einer der reichsten in Amerika lebende Italiener. Der ihm gehörende Grund und Boden führt den Namen Morosinia.

Er war inzwischen mit einer Italienerin verheiratet, hatte mehrere Töchter und Söhne und bewohnten eine prachtvolle Villa in Yonkers am Hudson. Die Töchter wurden in einem Kloster erzogen.

Als der Campanile in Venedig 1902 einstürzte überwies Morosini seiner Vaterstadt eine halbe Million Francs zum Wiederaufbau.

Der Millionen reiche Bankier wurde in Venedig geboren, trat in die österreichische Marine ein, wo er im Jahr 1848 desertierte, machte als Freiwilliger in den Reihen der piemontesischen Truppen, damals unsere ärgsten Feinde, den Feldzug gegen Österreich mit und ließ sich nach Beendigung des Krieges auf einem Segelschiff als Matrose anwerben, das ihn nach langen Irrfahrten endlich in Amerika landen ließ. Er siedelte sich in Cliston an, das damals noch ein elendes Fischernest war, das fragwürdigen Gesindel als Unterschlupf diente. Auf dem Heimweg vom Kontor eines Reeders, auf dessen Segler er sich für eine Reise nach San Francisco hatte anheuern lassen. Da sah er sich eines Tages einer Gruppe betrunkener Jugendlichen gegenüber, die einem blutend am Boden liegenden jungen Mann wohl den Garaus machen wollten. Ohne zu zögern stürzte er sich ins Handgemenge, teilte kräftig aus und rettete so dessen Leben. Er war der Sohn von Nathaniel Marsh, dem Sekretär der Eisenbahngesellschaft, der aus Dankbarkeit dem Lebensretter eine Stellung im Büro der Gesellschaft verschaffte. Dank seiner Intelligenz avancierte er rasch zum Aufsichtsrat der Gesellschaft zu deren Mächtigkeit er nicht unwesentlich beigetragen hatte. Es gab noch eine Steigerung, als Jay Gould den Einfluss der englischen Kapitalisten, die die Eisenbahngesellschaft beherrschte, durchkreuzte. Gould fand in Morosini einen starken Bundesgenossen, bei der Durchsetzung der Amerikanisierung der Gesellschaft. Morosini ließ sich auch nicht von den englischen Aktionären für Millionen locken, er blieb weiterhin Gould treu, und dieser wusste, dass mit dessen Unterstützung er sein Ziel erreichen konnte. Für Morosini wurde es der Ausgangspunkt seines finanziellen Ruhmes als Hauptaktionär der Nordamerika mit seinem Schienennetz umspannenden Bahngesellschaft.

Erfolgreich wie der Vater, jedoch auf einem anderen Gebiet war sein Sohn Attilio, der eine berühmte Schönheit heiratete Mary Bonty, seine Schwester Giulia ist als eine leidenschaftliche Reiterin bekannt und eine außergewöhnliche Schönheit. Schwester Viktoria besitzt gleichfalls besondere Schönheitsreize, sorgte als Heldin in einer noch unvergessenen Skandalaffäre, als sie mit dem Kutscher ihres Vaters durchbrannte. Die Folge davon, sie wurde enterbt und von der Familie verstoßen, und lebte in bitterer Armut.

Die Familie Morosini versorgte den Blätterwald reichlich mit interessantem Lesestoff. Diesmal ging es um die best gekleidete Schönheit und famose Reiterin. Julia, die vor einiger Zeit den berittenen Schutzmann Werner geheiratet, der ihr das Leben rettete, als das Pferd mit ihr durchging. Morosini nahm den Schutzmann bei sich auf. Es kam wie es kommen musste. Die Tochter verliebte sich in den Schutzmann und wollte ihn heiraten, doch dieser war bereits verheiratet. Die Ehefrau gab ihren Mann durch Scheidung frei, nicht ohne eine gigantische Summe zu kassieren. Die ungewöhnliche Hochzeit fand statt. Julia versorgte ihren Ehemann noch reichlich mit einem sogenannten Taschengeld. Das Glück dauerte nicht lange, Julia wurde misstrauisch und ließ ihren Gemahl durch Detektive beschatten und die hatten herausgefunden, dass der Mann noch immer die Beziehung zu seiner Exfrau aufrecht erhielt. Julia ließ sich sofort scheiden.

QUELLEN: Mährisches Tagblatt, 25. Juli 1902, 16. Oktober 1884, Neuigkeits Weltblatt, 23. September 1908, 9. Jänner 1907, Der Tiroler, 18. April 1914, Neues Wiener Journal, 17. Dezember 1906, 5. Mai 1914, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

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