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HERNALS#

Hernals
Hernalser Linie 1886,Morgen Post

1877: Wenn Wien, was Staub, Wind und Regen betrifft, schon vor Jahrzehnten einen eben so derben wie trefflichen humoristischen Vergleich auszuhalten bemüßigt war, so kann derselbe in noch viel ausgiebigerem Maße, auf unsere Vororte und speziell auf Hernals seine Anwendung finden.

Das starke Fuhrwerk in den ungepflasterten, zum Teil schlecht geschotterten Straßen tragen nicht wenig zur Staubentwicklung bei, der man nicht Herr zu werden in der Lage ist.

Man hat zwar durch Aufstellung dreier mit Gasmaschinen betriebenen Brunnen das nötige Wasserquantum herbeigeschafft, dass den aufwirbelnden Staubwolken möglichst Einhalt geboten werde, was nützt aber all das wenn die dazu berufenen und verpflichteten Organe ihre Schuldigkeit nicht erfüllen, und zu diesen Organen gehört auch jene Gesellschaft, die durch ihren mit der Gemeinde bcschlossenen Vertrag gebunden ist, einen Teil der Straßensäuberung und Bewässerung auf sich zu nehmen. Wir meinen die Wiener Tramway Gesellschaft. Dieselbe soll nicht nur das zwischen den Geleisen liegende Pflaster in Stand halten, sondern auch die Säuberung wie die Straßenbewässerung desselben bewerkstelligen.

In welcher Weise sie der Verpflichtung nachkommt, davon kann man sich in der Dorotheer- und Rosensteingasse wie im oberen Teil der Hernalser Hauptstraße von der Dorotheergasse bis zu den Remisen am besten überzeugen.

Mit rührender Einfalt und drastischer Behäbigkeit ist dort ein Diener der Tramway mit der eben so duftenden wie angenehmen Arbeit betraut, die Geleise vom Pferdemist zu reinigen.

Zu beiden Seiten des Geleises sieht man kleine Häufchen mit Mühe und Sorgfalt errichten. Die Beseitigung derselben geschieht aber nicht mittelst Wagen, sondern überlässt man getrost dem Wind. Wer einen Begriff von den in den Sandwüsten Afrikas herrschenden Samum haben will, passiere nur einmal an einem windigen Tag diese Strecke.

Die vielen Leichenzüge, welche täglich diese Strecke zu passieren genötigt sind, gleichen Karawanen, von deren jede einzelne Person vorgebeugt mit Vorhalten von Taschentüchern bemüht ist, Augen, Mund und Nase vor dem Eindringen dieses eben so eckelhaft wie beißenden Staubes, zu schützen.

Aber auch die Bewohner der angrenzenden Häuser sind während der warmen Jahreszeit größtenteils genötigt die Fenster geschlossen zu halten um ihre Wohnungen das Eindringen dieses zu Staub verwandelten Pferdeunrates zu verhindern.

Es wäre Pflicht der in diesem Viertel hausenden Gemeindevertreter, besonders jener, welche sich in der Straßen-Kommission befinden, die Abstellung dieses Übels herbeizuführen und die Tramway zu veranlassen, dass sie die errichteten Misthäufchen nicht nur beseitigt, sondern auch den zwischen den Geleisen befindlichen Straßenteil des Tages wiederholt ausgiebig mit Wasser reinigt oder mit der Gemeinde ein Übereinkommen treffe, dass diese Besprühung auf Kosten der Tramway vorgenommen werde.

Wir erwähnen nochmals, dass Pflicht der Straßenkommission ist auf Beseitigung dieses Übels schon im Interesse der täglich diese Straße passierenden Leidtragenden zu dringen, und hoffen insbesondere, dass Gemeindeausschuss Papst, dem dieser Rayon obliegt, seiner Pflicht nachzukommen bestrebt sein wird. Noch auf andere Übelstände wollen wir die Sanitäts- wie Straßensektion aufmerksam machen und denselben deren Abstellung, bzw. Beseitigung empfehlen. An mehreren Stellen sind Pissoirs angebracht, welche jedoch eben dann, wenn sie am Nötigsten sind, des Abends nämlich nicht benutzt werden können, weil sie nicht beleuchtet sind.

Folge dessen wird dann die äußerste Umgebung derselben als das benutzt wozu der innere Raum bestimmt ist. Schon sehr eckelhaft nimmt sich aber der dem Baumeister Bauer gehörige Eckplatz in der Bergsteiggasse und Blumengasse aus, welcher von dem genannten Herrn als Requisitenplatz verwendet wird.

Nicht nur das daselbst nicht einmal ein Trottoir besteht, wird die halbverfallene Planke auch bei Tag und Nacht als Pissoir und noch sonst was benützt, so dass die Luft im Umkreis einiger Häuser verpestet ist.

Getraut man sich hier nicht einzuschreiten weil der Eigentümer dieses Platzes zufällig im Ausschuss sitzt, oder wird auf polizeilichen Auftrag gewartet?

QUELLE: Wiener Vororte Zeitung, 1. Juni 1877, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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