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unbekannter Gast

MUSEUMS EINBRUCH#

Indisch
Elfenbein Fächer

Jeder wird sich noch an den Einbruch und Diebstahl der Saliera 2003 im Kunsthistorischen Museum erinnern, das großes Aufsehen hervorrief.

Doch das war nicht der erste Einbruch, denn im August 1921 berichtet die Neue Zeitung bereits über einen Einbruch in das Kunsthistorische Museum.: „Vor mehr als eineinhalb Jahren wurde in Wien der sensationelle Einbruch im Kunsthistorischen Museum bekannt. In der Woche zum 23. Jänner 1920 ist ein unbekannter Dieb in die Räume des Museums gedrungen und hat in verschiedenen Ausstellungssälen Kunstgegenstände in sehr bedeutendem Werte gestohlen. Im Saal XXII stahl er einen Elfenbeinfächer indischer Arbeit aus dem 16. Jahrhundert mit 18 reich ornamentierten Blättern und im Saal XXXIV aus einer Vitrine die aus spanischem Rohr bestehenden Marschall Stäbe des römischen Kaiser Franz I., mit goldenem Griff und reichem Brillantschmuck und des Herzog Karl Alexander von Lothringen mit grünem...Jaspis Griff und Brillanten, aus der Gemmen Sammlung im Saal XIV wurden 86 Gemmen aus verschiedenem Material gestohlen. Der Friedenspreis all dieser Kostbarkeiten war mindestens über eine Million Kronen wert und hat sich im Krieg vervielfacht. Aus Blutspuren, die man an Vitrinen fand, konnte geschlossen werden, dass sich der Dieb verletzt habe. Während noch die Untersuchung im Gange war, wurden in einem Heizschacht die abgebrochenen spanischen Rohre der Marschall Stäbe in einem furchtbaren Zustand gefunden, die mit Brillanten besetzten Goldknauf der Stäbe waren entfernt worden, und zwar an einem der Stäbe der Knauf abgedreht , beim anderen der zwei Zentimeter dicke Stock unterhalb des Knaufs abgebrochen. Zum Brechen eines spanischen Rohrs von solcher Stärke bedarf es aber einer ganz außergewöhnlichen Körperkraft und größter Anstrengung, und es ist kaum anzunehmen, dass der Täter gleich nach Verübung des Diebstahls und an Ort und Stelle mit der bloßen Hand den Knauf von dem Rohrstock hätte abbrechen können

Eine genaue Durchsuchung des gesamten Museums lieferte das überraschende Ergebnis, dass der Dieb auch den Versuch unternommen hatte, eine der größten Kostbarkeiten der Sammlungen das goldene Salzfass Benvenuto Cellinis, das allein einen Friedenswert von 40 Millionen Kronen hat, zu rauben. Monatelang beschäftigte sich das Sicherheitsbüro mit diesem Fall.

Kunsth. Museum
Salzfass

Man hoffte, durch eine Belohnung von 20.000 Kronen für das Zustande bringen der gestohlenen Sachen aufklären zu können.

Nun ist es nach mehr als ein ein halb Jahren gelungen, die Person des Täters festzustellen.

Vor einigen Tagen hat der Patrollen Leiter Ludwig Nell Kenntnis davon erlangt, dass sich zwischen einer gewissen Hermine Fidl und einem jungen Mann mit Namen Erwin Beck ein Rechtsstreit entsponnen habe, der sich um den Verkauf eines Elfenbeinfächers und von antiken Holzkreuzen drehte. Nell kam auf den Gedanken, dass Fächer und Kreuze von dem Diebstahl im Kunsthistorischen Museum herrühren könnten, und machte seinem Vorgesetzten, dem Revier Inspektor Franz Josef Seidel von seiner Vermutung Mitteilung. Hermine Fidl, geborene Cavar, Eisnergasse 3 in Ottakring wohnhaft , gab bei ihrer Einvernahme an, dass sie mit der Familie des Kaufmannes Erwin Beck jun., Kirchstettnergasse 63 in Ottakring, von Jugend an bekannt sei. Eine Freundschaft verband sie namentlich mit dem Sohn des Kaufmannes, dem Handelsangestellten Erwin Beck jun.

Im Jänner oder Februar vorigen Jahres will sie mit dem jungen Beck in der Straßenbahn gefahren sein und mit ihm davon gesprochen haben, dass der Vater Beck nach Holland fahre und dort Antiquitäten verkaufe. Plötzlich hätten sich zwei Männer in das Gespräch eingemengt und gesagt, dass sie auch Sachen hätten, die nach Holland gebracht werden sollten. Sie knüpften das Versprechen daran, dass Becks Vater für seine Mühe reichlich entschädigt werden solle. Sie hätten den jungen Beck in das Kaffeehaus bestellt und als Frau Fidl einige Tage danach den jungen Beck wieder sah, erzählte er, er habe mit den Männern schon gesprochen; sie hätten ihm Brillanten als Entlohnung dafür versprochen, dass sein Vater einen Elfenbeinfächer und Athos Kreuze nach Holland schmuggle, noch müssten die Sachen erst aus Graz geholt werden, was der junge Beck besorgte. Hierauf soll Beck zu Frau Fidl gekommen sein und ihr mitgeteilt haben, dass er die Sachen hätte. Dabei brachte er aus einem Tuch einen Elfenbeinfächer und fünf bis sechs Holzkreuze hervor und ließ auch ein Säckchen Brillanten sehen, von dem er sagte, dass dies sein Lohn für den künftigen Schmuggel sei. Die Hälfte der Brillanten übergab er der Frau Fidl. Becks Vater hat Fächer und Kreuze übernommen und nach Holland geschmuggelt. Frau Fidl machte auch die bedeutsame Mitteilung, dass der junge Beck, als er die Sachen zeigte, Abschürfungen auf der Wange und auf beiden Händen, eine Schnittwunde in der inneren Handfläche, sowie eine Verstauchung des Fußknöchels aufwies. Diese Wahrnehmungen ist für die Vermutung der Täterschaft von größter Wichtigkeit, da sich der Dieb, nach den Blutspuren zu schließen, bei dem Einschlagen der Vitrinen verletzt und auf der Flucht durch den Sprung aus dem Fenster den Fußknöchel verstaucht hatte.

Amsterdam
Brillanten

Da die Rolle, die Becks Vater bei der ganzen Sache gespielt, sehr bedenklich war, wurde er am 4.d. M., verhaftet. Bei seiner Einvernahme gab er unumwunden zu, einen Elfenbeinfächer, den er nach der Fotografie mit ..Bestimmtheit als den im Museum gestohlenen erkannte, mehrere Holzkreuze, eine große Anzahl verschiedener Gemmen und ein Säckchen Brillanten nach Holland geschmuggelt zu haben. Alle diese Gegenstände habe er von seinem Sohn Erwin erhalten. Er gab schließlich zu, dass er geahnt habe, dass die Sachen von dem Diebstahl des Museums herrühren.

Becks Vater konnte einen Kleiderhändler Friedrich Krakowitsch, Siebensterngasse 38, der Beziehungen zu einem höheren Zollbeamten hatte und durch dessen Vermittlung gelang es, den Koffer mit den Juwelen als zollfrei erklären zu lassen. Mit den Juwelen begab sich Beck sen., nach Amsterdam und verkaufte sie dort. Von dem Erlös hat sich Beck 300 holländische Gulden als Erlag für seine Reisespesen selbst behalten. 5000 Gulden will er seinem Sohn mit dem Auftrag übergeben haben die Hälfte den zwei Russen aus zu folgen, nur die Hälfte weil sein Sohn ihm gesagt habe, die Russen hätten ihm aus Freundschaft die Hälfte des Erlöses überlassen. Beck sen., will erst viel später erfahren haben, dass der Sohn die 2500 Gulden nicht den Russen , sondern der Frau Fidl ausgehändigt hat, Frau Fidl hatte sich schon früher einige Edelsteine behalten und sich daraus zwei Ringe und ein Paar Ohrenschrauben anfertigen lassen.

Da die erste Reise so erfolgreich verlaufen war, beschlossen Beck Vater und Sohn im Mai l. J., abermals nach Holland zu reisen. Während der junge Beck sich dort eine Stellung suchen und dauernd dort bleiben wollte, der Vater die Reise in einem neuen Brillanten Geschäft ausnützen. Diesmal ging aber die Sache nicht so glatt. Die an dem Schmuggel beteiligten Personen Beck Vater und Sohn und Frau Fidl, gerieten in Streit; Frau Fidl, welche ihre Schmucksachen ebenfalls nach Holland mitgegeben hatte, fühlte sich benachteiligt und klagte den Beck beim Landesgericht in Zivilsachen. Der Prozess nahm seinen Lauf und es wäre die Sache wohl kaum je aufgekommen, wenn nicht der Gendarmerie Patrollen Leiter Nell Kenntnis davon erlangt und Verdacht geschöpft hätte, dass die Sache mit dem Museumsdiebstahl zusammenhänge.

Nach den geschilderten Umständen ist wohl kaum Zweifel darüber möglich, dass Erwin Beck jun., den Diebstahl im Kunsthistorischen Museum selbst begangen habe. Der schwerwiegende Verdacht gründet sich auch daran, dass Beck jun., die schon geschilderten Verletzungen im Gesicht und an der Hand sowie den Knöchel verstaucht hat. Diese Verletzungen hatte sich damals der Museumsdieb zugezogen. Das Wiener Sicherheitsbüro hat noch am 4. d. M. Telegrafisch die Amsterdamer Polizeibehörde von dem Tatbestand verständigt und um die Verhaftung des jungen Erwin Beck und um Sicherstellung der von dem Museumsdiebstahl herrührenden Juwelen und Antiquitäten ersucht.

Erwin Beck jun., ist gegenwärtig als Volontär bei de Boer in Amsterdam angestellt. Er hat fünf Klassen der Realschule und dann zwei Jahrgänge einer Privat Handelsschule besucht. Dann blieb er von der Schule fern, das Lernen freute ihn nicht mehr. Sein Vater früher aktiver Offizier, hat aber den Dienst quittiert, weil er Unannehmlichkeiten hatte. Er hat bisher einen guten Artgenossen.

Quelle: Verschiedene Zeitungen der ÖNB Bilder I.Ch- Graupp

https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/MUSEUMS_EINBRUCH


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