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PALMHOF#

Cafe
Palmhof

In Rudolfsheim, einst nach Kronprinz Rudolf benannt, befand sich in der Mariahilfer Straße 135, das berühmte Café Palmhof, ein populärer Treffpunkt für all jene die Konzerte, Tanzveranstaltungen und andere gesellschaftliche Ereignisse liebten. Aus dem Palmhof, das von Otto und Karl Pollak seit 1919 betrieben wurde, gab es ständig Live Übertragungen durch die RAVAG. Rudolfsheim war damals noch ein angesehener Bezirk Wiens, wo zahlreiche Lokalitäten und Persönlichkeiten eine interessante Rolle spielten.

Die Pollaks stammten aus der südmährischen Stadt Kyjov, die Eltern führten dort ein kleines Geschäft.

Otto Pollak, der das deutsche Gymnasium in Kyjov besuchte, wechselte nach Proßnitz wo er die Handelsschule absolvierte. Im Ersten Weltkrieg wurde Pollak verwundet und es musste ihm ein Bein amputiert werden. Die erst 20jährige Frieda Meisel wurde 1928 seine Frau, sie bekamen eine Tochter, Helga. Später ließ sich das Ehepaar scheiden.

Die beiden Brüder, verstanden es ihr Cafè Palmhof zum Mittelpunkt von Ereignissen vielfältigster Art zu gestalten. Dafür sorgten auch die renommiertesten Architekten, die die Räumlichkeiten immer wieder neu dekorierten.

Im November 1926 fand ein besonderes Ereignis statt. In Anwesenheit von Adele Strauß wurde die Enthüllung einer von Prof. Wilhelm Hejda modellierten und von Josef Meindl in Bronze gegossene Johann Strauß-Büste vorgenommen. Der Feier wohnten Vertreter der Regierung und der Gemeinde Wien, Bezirksvertreter, des Verbandes der Konzertlokalbesitzer Österreichs, des Präsidiums der Kaffeesiedergenossenschaft bei. Nach einer Begrüßung durch den Vizepräsidenten des Verbandes der Konzertlokalbesitzer Österreichs Direktor Gollwitzer hielt der Präsident des Musikverbandes Haselbrunner die Festrede. Unter Leitung des Ehrenchormeisters Professors Kehldorfer sang der Schubertbund den Walzer „An der schönen blauen Donau“. Die Begleitung wurde von der Hauskapelle Malek durchgeführt. Der Präsident des Verbandes der Konzertlokalbesitzer M. Hoffmann hielt eine Ansprache worauf die Witwe von Johann Strauß den Stiftern des Denkmals, den Besitzern des Cafe Palmhof Karl und Otto Pollak ihren Dank zum Ausdruck brachte. Die Gastdirigenten Direktor Ganglberger und Direktor Silving, die Opernsängerin Paula Bäck und der noch lebende Primgeiger der Kapelle Johann Strauß Professor Hirschler vervollständigten das Programm des Abends.

Es haben sich auch dramatische Begebenheiten hier im Palmhof abgespielt und zwar im April 1926, „Die Stunde“ berichtete darüber: Heute früh um 9 Uhr wurde im Café Palmhof, in der Mariahilferstraße, eine Bluttat verübt, über deren Einzelheiten wir folgendes erfahren. Der seit einigen Tagen in geschäftlichen Angelegenheiten in Wien weilende Münchner Kaufmann Ludwig Wegerer saß heute um halb 9 Uhr früh im Cafe. An einem gegenüberliegenden Tisch hatten zwei Studenten Platz genommen. Der Kaufmann hatte das Gefühl, als ob er von den einen Studenten, dem zwanzigjährigen Leo Rabinowicz aus Lodz fixiert würde, maß der Sache jedoch keine weitere Bedeutung bei und verließ das Kaffeehaus. Als der Kaufmann auf der Straße beim Fenster vorüber kam, glaubte er bemerkt zu haben, dass ihm einer der Studenten ironisch nachblickte.

Wegerer kehrte ins Kaffeehaus zurück und stellte den Studenten zur Rede, der jedoch jede beleidigende Absicht in Abrede stellte. Es kam zu einem heftigen Wortwechsel, in dessen Verlauf Wegerer den Studenten sehr beschimpfte. Der Student spuckte hierauf dem Kaufmann ins Gesicht. Plötzlich zog der Kaufmann seinen Revolver und gab einen Schuss auf den jungen Mann ab.

Palmhof
Innenansicht
Palmhof
Orchesterraum

Rabinowicz brach bewusstlos zusammen. Die Rettungsgesellschaft brachte ihn ins Sophienspital, wo festgestellt wurde, dass er eine Schussverletzung am linken Ellbogen erlitten hatte. Der Attentäter wurde dem Polizeikommissariat XIV überstellt, wo er von einem Polizeiarzt untersucht wurde. Es stellte sich heraus, dass Wegerer an Verfolgungswahn leide und in einem solchen Anfall dürfte er das Attentat verübt haben. Wegerer bleibt in Polizeihaft.

Im März 1927 berichtet „Das interessante Blatt“ über Cafe Palmhof, das sich neu und modern ausgestattet hatte: Das modern eingerichtete Café Palmhof, gehört zu den schönsten Etablissements Wiens. Die prächtige Aufmachung und der gediegene Komfort des Lokales schaffen den Gästen einen bequemen, heimlichen Aufenthalt, der noch gesteigert wird durch die vollendeten Darbietungen einer künstlerisch hochwertigen Kapelle. Ein Bronzestandbild des Walzerkönigs Johann Strauß, eine Schöpfung des akad. Bildhauers W. Hejda, bildet eine besondere Sehenswürdigkeit dieses intimen Cafés, in dem täglich getanzt wird. Jeder, der dieses Lokal einmal besucht hat, kommt immer gern wieder, denn hier trifft man noch frohe Laune und wahre Wiener Gemütlichkeit.

Palmhof
Innenraum
Palmhof
Tanzfläche

Die Inneneinrichtung des Kaffeehauses wurde von der gut bekannten Firma Julius Nagel, Kunstmöbelerzeugung, VI., Bürgerspitalgasse 17, ausgeführt, die nach den Entwürfen des Architekten Leopold Liebl, der beweist, die große Leistungsfähigkeit dieser Firma, die ihre Aufgabe durch die geschmackvolle, dabei doch große Raumausnützung in der glücklichen Weise gelöst hat.

Zu einem weiteren Drama sollte es im Juni 1929 kommen, so die Kronen Zeitung damals: Im Jänner dieses Jahres lernte Stuppitz die um vier Jahre ältere arbeitslose Hausgehilfin Mitzi Koitz im Café Palmhof kennen. Zwischen den jungen Leuten entstanden zarte Beziehungen, die aber nicht allzu eng waren. Es verging oft geraume Zeit bis die beiden wieder zusammen trafen.

Montag fuhr der Chauffeur Stuppitz mit seinem Wagen wieder ins Café Palmhof. In seiner Gesellschaft befand sich sein Freund Ferdinand Wambacher, der ebenfalls Chauffeur ist. Im Kaffeehaus traf man auf Mitzi. Die beiden Chauffeure und das Mädchen fuhren ins Parkcafé nach Mauer. Von dort ging es wieder zurück nach Wien. Wambacher blieb zurück.

Palmhof
Logen
Palmhof
Küche

Das Liebespaar suchte in Rudolfsheim ein Hotel auf. Von dort kehrten sie in das Café Palmhof zurück. Während des gemeinsamen Beisammenseins hatte der Chauffeur die Hausgehilfin mehrmals aufgefordert, sie solle in einen gemeinsamen Doppelselbstmord einwilligen. Mitzi Koitz wollte davon nichts wissen. Sie konnte sich auch nicht erklären, warum ihr Freund sterben wollte. Stuppitz hatte ihr zwar einen Heiratsantrag gemacht, den sie wegen der Jugend des Chauffeurs zurück wies. Die Beziehung brach sie trotzdem nicht ab, so war ihr auch der Lebensüberdruss des jungen Burschen nicht verständlich.

Als die beiden um halb zwei Uhr früh das Kaffeehaus verließen und im Autotaxi über die Mariahilferstraße fuhren, sah Stuppitz, so behauptet er, seinen Bruder, der ebenfalls Chauffeur ist. In der Befürchtung, dass ihn sein Bruder verfolge, um ihn vom Selbstmord abzuhalten, gab er Vollgas. Mitzi Koitz bekam Angst und fragte den Burschen warum er so schnell fahre. Auf dem Mariahilfer Gürtel nächst der Station der Rettungsgesellschaft, hielt Stuppitz plötzlich den Wagen an.

Das Mädchen sah, dass Stuppitz einen Revolver aus der Tasche zog und dass er Patronen in die Trommel schob. Mitzi wollte rasch aussteigen, in diesem Augenblick krachte aber schon ein Schuss. Die Kugel traf sie an der Schulter, die Verletzung war allerdings nicht gefährlich.

So rasch sie laufen konnte, flüchtete die Hausgehilfin. Stuppitz eilte ihr nach und gab gegen die Fliehende noch zwei Schüsse ab, die aber ihr Ziel verfehlten. Passanten bemühten sich um das Mädchen.

Der Attentäter setzte sich wieder an den Volant, als sei nicht geschehen. Als Wachebeamte kamen, verhielt sich der Chauffeur ganz sonderbar. Er tat so als sei er nicht bei Sinnen und als habe er keine Ahnung von den Ereignissen, die sich abgespielt hätten. Später gab er an, dass er nicht das Mädchen, sondern sich selbst erschießen wollte. Man fand einen Abschiedsbrief, der ihm zum Verhängnis wurde, denn auch Mitzis Unterschrift war darauf zu finden, doch diese war gefälscht.

Palmhof
Lesesaal
Palmhof
Kühlschränke

Im Oktober 1930 verkündet das „Interessante Blatt“ über den Umbau des Café Palmhof: Umgebaut nach den Plänen und Entwürfen der Architekten L. Schöppler uond E. Kornfeld Wien IX. Währinger Straße 12. Die gesamte Innendekoration ausgeführt von der Firma Grimm, Innendekoration und Kunsttischlerei Wien VI., Marchettigasse 7, 8 und 9, und die Gesamtumbauarbeiten ausgeführt vom Architekten Friedrich Doser, Stadtbaumeister, Wien XII., Premlechnergasse 21.

Vor zirka drei Wochen wurde die Stadt Wien um eine Sehenswürdigkeit bereichert, die berufen erscheint, fortan den bevorzugten Treffpunkt nicht nur der Wiener, sondern auch aller Fremden zu bilden.

Das Café „Palmhof“ wurde von den Architekten auf Grund modernster Prinzipien umgebaut; sie haben damit ein wahrhaft großstädtisches, Wien zur Zierde gereichendes, Unternehmen ins Leben gerufen.

Die von Glanz und Licht durchfluteten, prunkvoll ausgestatteten Räume sind dabei von so intimer Milieuwirkung, dass sie einen behaglichen, echt wienerisch gemütlichen Aufenthalt gewährleisten. So wird der gute alte Ruf des bodenständigen, eingebürgerten Café „Palmhof“, wo seit jeher alle guten Wiener Geister heimisch waren, neu befestigt werden, und es wird um so mehr die Parole der eben einsetzenden Saison bilden, als hier bei den Klängen der ausgezeichneten Kapelle Santinelli, die abwechselnd Wiener Lieder und Jazzmusik zum Vortrage bringt, auf dem herrlichen Parkett Wiens dem Tanze gehuldigt werden wird. Die Namen der Besitzer Otto und Karl Pollak bürgen für die den Wienern bekannte hohe Qualität der kulinarischen Darbietungen.

Palmhof
Buffetschrank

Zum Café „Palmhof“, seit vielen Jahren auch Treffen aller Sportkreise, wird in den nächsten Tagen eine kleine Völkerwanderung einsetzen; Scharen von Wienerinnen und Wienern werden diese wertvolle Bereicherung des Wiener Westens in Augenschein nehmen wollen.

Die behördlich konzessionierte elektrotechnische Unternehmung für Licht-, Kraft-, Reklame- und Telegrafenanlagen Richard Strauß, Wien XIV., Storchengasse 24, Telefon R-34-0-10, hat im Café Palmhof sämtliche elektrotechnischen Installationsarbeiten durchgeführt, Firma Strauß hat bereits viele große Anlagen in modernster und solider Art ausgeführt, so dass sie heute schon zu den besten elektrotechnischen Firmen zählt.

Palmhof
Inneres
Palmhof
Inneres

Josef Rosenberg, Spezialfirma, Wien VII., Mariahilferstraße 112, lieferte auch hier wie in vielen ersten Kaffeehäusern und Restaurants die wiederholt als erstklassig erprobte Kaffeebrühanlage „Aromatica“ in den ersten Betrieben in Verwendung und haben sich als erstklassig auf dem Gebiete der modernsten Kaffeehauskücheneinrichtungen.

Eine tadellose Durchführung der Tapezierer- und Dekorationsarbeiten sowie Lieferung der Polstermöbel erfolgte durch die Firma Paul Pantzer, Wien XV., Gasgasse 1. Diese junge aufstrebende Firma, welche bereits früher derartige Arbeiten in verschiedenen Kaffeehäusern zur vollsten Zufriedenheit ausführte, erfreut sich dadurch eines guten Rufes.

Mit der Durchführung der Marmorverkleidungen und Lieferung der Tische samt Marmorplatten wurde die Firma Stanislaus Leitner, Wien XIV., Wurmsergasse 8, betraut.

In das Buffet ist ein sechstüriger elektro-automatischer „Kelvinator“ Kühlschrank eingebaut. Geliefert von der Firma L. Guttmann, Wien VI., Mariahilferstraße 1b, nach eigenen Entwürfen ausgeführt.

Zahlreiche Künstler waren dort zu Gast und traten auf. Es gab eine Fräulein Wien Wahl. Es gab eine 5 Uhr Tanztee, und versuchte den Gästen immer Neues zu bieten.

Bereits 1925 gab es antisemitische Übergriffe auf Kaffeehausbesitzer, 1934 wurden zwei Brandanschläge gegen den Palmhof verübt. Vorzeichen einer Zeit die nichts Gutes verhieß. 1938 wurde das Lokal und die darüber liegende Wohnung der Familie Pollak arisiert und dem ehemaligen Kellner Gustav Reisinger übergeben.

Inzwischen war die Familie nach Mähren geflüchtet. Von dort wurde die gesamte Familie 1943 nach Theresienstadt verschleppt. Otto und seine Tochter Helga überlebten. Heute befindet sich im einstigen Palmhof ein Supermarkt.

QUELLE: Interessante Blatt 9. Oktober 1930 S 14, Freiheit 23. November 1929 S 2, Interessante Blatt 3. März 1927 S 14, sowie Bilder ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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