VIKTOR TILGNER#
Ein großer der Kunst verließ ganz plötzlich das Erdendasein. Wieder ist ein bedeutender der Bildhauerkunst dahin, ein unersetzlicher Verlust. Prof. Tilgner war seit einiger Zeit herzleidend und wurde gestern am 16. April 1896 in seiner Wiener Wohnung 4. Bezirk, Wohllebengasse 1. von heftigen Herzkrämpfen befallen, die sich während der Nacht noch verstärkten, die seine Gemahlin und Schwester in große Aufregung versetzte, so dass man einen Arzt holen musste.
Diesem gelang es wohl eine Besserung herbeizuführen, doch am folgenden Vormittag wurden die Krämpfe wieder akut und um 10 Uhr wurde er von den Schmerzen erlöst.
Für die Stadt Wien war es ein riesiger Verlust, verdankten doch zahlreiche Prachtbauten durch seine Kunst so manche glanzvolle Zierde.
Eines seiner letzten Werke war das Mozart Denkmal das in wenigen Tagen enthüllt werden sollte, hat in den Gesellschaftskreisen lebhafte Diskussionen verursacht.
Der beliebte Künstler wurde am 25. Oktober 1844 in Pressburg geboren, besuchte hier die Akademie der bildenden Künste und nach Beendigung seiner Studien lenkte er durch gelungene Porträtbüsten die Aufmerksamkeit auf sich. Von einer in Makarts Gesellschaft unternommenen Italien Reise zurückkehrend vollendete er die Gruppe „Triton mit der Nymphe“, die im Volksgarten zur Aufstellung gelangte. Für das Modell einer Brunnengruppe hatte er 1880 den Reichel-Preis erhalten, doch in Zukunft wollte er sich wieder mehr dem Porträtfach widmen indem er hervorragende Leistungen aufweisen konnte. Für eine Reihe von Büsten die für das kunst- und naturhistorische Hofmuseum bestimmt waren, wurde er 1882 mit einer goldenen Medaille ausgezeichnet. Auch für das Hofburgtheater bekam er den Auftrag einige Dichter-Porträts zu schaffen. Es folgten einige Statuen für das Reichsratsgebäude, die Rubensstatue vor dem Künstlerhaus. Ein Brunnen für das kaiserliche Ischl. Aber auch eine wunderschöne Plastik der Kaiserin Elisabeth wurde von ihm geschaffen. Gegenwärtig war ein Werk Tilgners im Künstlerhaus ausgestellt: die Büste der Blumenmalerin Wisinger-Florian, die trotz ihrer spröden Züge meisterhaft meißelte, und das Mozart Monument auf dem Albrechtsplatz, dessen Enthüllung er nicht mehr erleben sollte, ohne die Frucht seiner Mühen genossen zu haben.
War es nicht eine schauerliche Tragik in dem Sterben vor dem mit aller Sehnsucht erwünschten Ehrentag, dem jahrelange Mühe und Arbeit in seinem Atelier voran gegangen war. Bei der Enthüllung des Mozart Denkmals erschien der Kaiser mit den Erzherzögen und drückte dem Bruder Tilgners, Oskar, der die Familie vertrat, seine Teilnahme aus. Die Witwe blieb fern, da sie die Feier nicht überstanden hätte.
Sonntag um 10 Uhr findet im Zentralfriedhof in aller Stille die Wiederbestattung Viktor Tilgners in dem ihm gewidmeten Ehrengrab statt. Das Denkmal, das das Grab Tilgners schmückt, ist ein herrliches Andenken an das Wirken Tilgners und seines Ateliers. Nach einer vollendeten Skizze Tilgners ließ die Witwe das Denkmal als letzte Arbeit des Ateliers von den treuen Mitarbeitern ausführen und schuf damit eine der bedeutendsten Zierden des an schönen Denkmälern gewiss reichen Zentralfriedhofes. Die Bildhauer Zerritsch und Maschek haben das Denkmal ausgeführt.
1950: Von den Denkmälern wurde in den Kriegswirren nur das Mozart Denkmal in Mitleidenschaft gezogen. Vor der Zerstörung der Wiener Staatsoper wurde die Mozart-Figur abgetragen und damit geborgen. Da der Sockel jedoch verblieb wurde dieser in Mitleidenschaft gezogen. Nach der Instandsetzung des Unterbaues erfolgt war, konnte Tilgners Mozart-Monument wieder aufgesetzt werden. Aber wohin? Man war auf der Suche nach einem neuen Aufstellungsplatz und es wurde der Burggarten, ein besonders idealer Ort für alle Mozart Verehrer. Mozarts Großplastik war Tilgners liebstes Werk.
QUELLEN: Arbeiter Zeitung, 1. Oktober 1897, Wiener Zeitung, 26. Mai 1950, Ostdeutsche Rundschau, 17. April 1896, Salzburger Volksblatt, 20. April 1896, Österreichische Nationalbibliothek ANNO.
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