Kulturpolitik. Eine Debatte.#
(Zum Auftakt)#
Von Martin Krusche#
Sollten Sie wenigstens den 60. Geburtstag schon hinter sich haben, waren sie bewußt oder unbewußt dabei, als sich in Österreich ein kulturpolitischer Paradigmenwechsel vollzog. Ursprünglich konnten viele Dinge recht komfortabel innerhalb einer gängigen Dichotomie sortiert und angeordnet werden. Hier die Volkskultur, da die Hochkultur.
Was sich dazwischen einerseits an Gegenwartskunst bemerkbar machte, andrerseits als popkulturelles Phänomen, wurde von allerhand Hütern des „Wahren, Guten und Schönen“ einer eigens eingerichteten Kategorie zugeordnet: „Schmutz und Schund“. Stets schimmerte die Frage durch: E oder U? Ernst oder Unterhaltung? Von der Erwachsenenbildung kam die Empfehlung zum lebenslangen Lernen.
So manche Lücke in den vorherrschenden Konzepte ist bis heute kaum aufgefallen. Da hat etwa der Ethnologe Hermann Bausinger schon vor über einem halben Jahrhundert eine Volkskultur in der technischen Welt beschrieben und zur Diskussion gestellt, aber dieses Genre werden Sie kaum wo behandelt sehen. Es ließen sich im alten Konzept auch allerhand andere blinde Flecken markieren.
Nun hat es aber keinen praktischen Nutzen, hier einen Katalog möglicher Defizite zu erarbeiten und auszuhängen. Soweit es in einem kommenden Prozeß nützlich erscheint, die wesentlichen Aspekte einer steirischen Kulturpolitik in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg zu erheben und darzustellen, kann das gemacht werden. Ich finde es im Augenblick wesentlich interessanter zu klären, ob wir das Zeug haben, eine nächste Kulturpolitik zu entwerfen und zu erproben.
Keine gute Krise vergeuden!#
Ein Bonmot empfiehlt uns: Man soll keine gute Krise vergeuden. Der Begriff wird gerne mißverstanden. Die Krisis ist nicht das Problem, sondern Ausdruck eines „Kipp-Punktes“, wenn ein Umbruchs unausweichlich wird. Wir entscheiden dann durch unser Handeln, ob es in der Krisis eher Richtung Katastrophe oder Richtung Katharsis geht.Wir sind mittlerweile in der Vierten Industriellen Revolution angekommen. Wir haben als Gesellschaft mit der Pandemie (Corona) neue Erfahrungen gemacht und können noch gar nicht abschätzen, wie sich Europa mit dem Krieg Rußlands gegen die Ukraine entwickeln wird. Dazu kommt noch eine Reihe anderer Kräftespiele, die global wirksam sind und den Lauf der Dinge prägen.
Ich sehe das als eine Anregung, unsere Vorstellungen von einer relevanten Kulturpolitik zu überprüfen. Ich halte für evident, daß in diesem Genre vieles neu verhandelt und geklärt werden muß, um relevante Beiträge zur Zukunftsfähigkeit des Landes zu schaffen.
Das Initialereignis#
Am 25. November 2022 wurde mein Tag von zwei markanten Ereignissen geprägt. Am frühen Vormittag war ich Teil einer Pressekonferenz zu einer kommenden Kulturveranstaltung am Firmensitz der Gleisdorfer Feistritzwerke (ein regionales Energieunternehmen). Dafür habe ich als Autor mit der Malerin und Kunsthistorikerin Monika Lafer ein Vorhaben konzipiert, das nicht nur künstlerische, sondern auch kulturpolitische Aspekte hat. („Die Natur Mensch. Eine Annäherung.“)Am Abend danach hatte ich eines meiner regelmäßigen Arbeitsessen mit Wissenschafter Hermann Maurer, die eine spezielle Qualität haben. Maurer erwartet mich dafür nicht im Landeszentrum, er kommt jedesmal zu mir in die Region. Das berührt ein brisantes (auch kulturpolitisches) Thema; nämlich das „Denkmodell Zentrum/Provinz“. Darauf werde ich an anderer Stelle noch eingehen.
Diesmal hatte ich Maurer getroffen, um mit ihm den Stand der Dinge nach etlichen sehr anstrengenden Wochen zu besprechen, in denen er für das Austria-Forum besonders gefordert war. Vor dem Hintergrund, daß ich gerade ein paar zentrale Punkte der Kulturspange dingfest machen konnte. Arbeitsreiche Verläufe.
Ich kürze ab: Wir kamen zum Schluß, daß wir im Austria-Forum eine eigene Themenleiste „Kulturpolitik“ einrichten werden, denn was kulturpolitische Perspektiven des Landes angeht, ist einige Arbeit fällig und notwendig.
Relevante Links#
- Hermann Maurer (Wissenschafter)
- Die Natur Mensch. Eine Annäherung. (Ein Kunstprojekt)
- Die Kulturspange (Ein Themenfeld und Kooperationsrahmen)
- Startseite: Kulturpolitik (Eine Debatte)