Prof. Dr. Reinhard Posch#
Leben mit der Herausforderung technologischer Entwicklung#
Nach der Matura (BEA Liebenau) war die Entscheidung für eine Studienrichtung schwierig. Eigentlich wollte ich etwas Technisches machen, Informatik gab es in Graz nicht und so begann ich Maschinenbau. Das stellte sich bald als sehr „geregelt“ heraus und mit dem Auftauchen der Technische Mathematik hatte ich etwas Geeignetes gefunden. Diese schloss ich dann 1973 im Zweig Informationsverarbeitung mit dem Thema Leistung von Rechnersystemen ab.
Schon während des Studiums arbeitete ich am damaligen Rechenzentrum Graz für das Land Steiermark. Wir waren in Osterreich die ersten, die IT nutzten, um dynamischeres Design nur auf der Basis von Klothoiden und automatisierte Abrechnung aus dem 3D Modell verwendeten.
Ab dem Doktorat 1976 (Interaktive Multiusersysteme), welches als Assistent ich an der Technischen Hochschule in Graz erarbeitete, beschäftigte ich mich primär mit Betriebssystemen und Kommunikation und damit mit dem was heute unter Internet und Mobilität zusammengefasst wird.
Effizienz von Betriebssystemen und Kommunikation als Kernthemen führten mich zur Begleitung der Ausschreibung des neuen „Großrechners“ am Rechenzentrum. Da die angebotene Leistung im Kommunikationsbereich nicht erbracht werden konnte, erstellte ich auf Basis eigener Betriebssystemmodifikation und mit Billigsthardware ein Subsystem, das diese Leistung bereitstellte.
Das brachte mich zu einem Forschungsaufenthalt beim Hersteller des Rechners in Minneapolis St Paul um tiefere Erkenntnisse zur „Datenfernverarbeitung“ zu gewinnen.
Wieder zurück an der Uni in Graz habe ich mich dann mit shared Diskspace (“Hochschuldisk“) beschäftigt ein Thema, welches man aus heutiger Warte als „Cloud-Lösung“ einstufen würde.
Der zentrale Aspekt meiner Arbeiten war die Nutzung der Synergien aus Hard und Software und ein entsprechendes CO-Design, um kostengünstig Effizienz zu erreichen. Ein Thema, welches sich auch als zentraler Aspekt in meiner Habilitation „Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie“ dargestellt hat.
Das bekannteste Beispiel aus dieser Serie von Arbeiten ist „MUPID“. Hier wurde des erste Mal Prozessor, Speicher, Darstellungsebene (Bildschirmkontroller) und Kommunikation in Echtzeit so integriert, dass alle Elemente bis hin zur Zeichengestaltung in Echtzeit und dynamisch über Software gesteuert werden konnten und damit mit einer Minimalen Zahl von Bauelementen das Auslangen gefunden werden konnte. Mit Ausnahme der CPU und des Speichers war der Rechner noch mit diskreten Gattern aufgebaut.
Man kann das System MUPID – eine Gemeinschaftsarbeit mit Prof. Hermann Maurer – als eine Vorstufe von WWW sehen, da selbst das Anbieten von APPs in diesem Gerät als „Telesoftware“ umgesetzt war. Das Ökosystem für Startups und Innovation war in Österreich zumindest zu diesem Zeitpunkt noch nicht reif – vielleicht hätte sich aus diesem und ähnlichen Konzepten ansonsten auch wirtschaftlich ein wesentliche größerer Erfolg darstellen können. Technisch wissenschaftlich haben diese Aktivitäten am Institut von Prof. Hermann Maurer, der den Innovationswert sofort erkannte und die Aktivitäten extrem gefördert hat, jedenfalls gefruchtet und mit zur Einführung der „Telematik“ als Bindeglied zwischen Informatik und Elektrotechnik und auch zur Einrichtung weiterer Professuren geführt.
Als damals jüngster Professor an der Universität wurde ich 1984 für das Fach „Angewandte Informationsverarbeitung und Informationstechnologie“ berufen und bald führte dies auch zu einem eigenen Institut „Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie“ (IAIK). Mittlerweile ist die Relevanz dieses Faches unbestritten und das IAIK hat sich mit ca. 70 Personen im Jahr 2017 zu einem der größten und wie ich meine bedeutenderen Institut der Universität entwickelt. Aus dem immer breiter werdenden Feld kamen wir in diesem Bereich sehr früh zu den Themen Verschlüsselung und IT-Sicherheit. Diese Themen begleiten uns bis heute und haben das IAIK zu einer international bekannten Gruppe geführt. Dabei waren die Themenkreise sehr breit gesteckt und begannen bei der Umsetzung sicherer und mit minimalem Energieverbrauch auskommender Hardware, wie sie heute etwa in NFC Geräten notwendig ist, spannte sich weiter zu sicheren Verschlüsselungen und PKI – das IAIK war nicht nur seitens Österreich wesentlich am Fall der Kryptoexportbeschränkungen beteiligt, sondern war auch die erste Organisation, die derartige Systeme (PKI und Verschlüsselungssoftware) vertrieben hat und vertreibt – und schließlich hin zu sicheren und beweisbaren Systemen.
Im Rahmen des IFIP WCCC 2000 hatte ich dir Gelegenheit Zang Yemin zu treffen ein Ereignis, welches auch im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit breit genutzt wurde und an vielen Wandzeitungen in Peking präsentiert wurde.
Die Anwendung stand und steht immer wieder im Vordergrund. Diese Anwendungsnähe hat mir auch auf nationaler Ebene zur Tätigkeit ab 2001 als Chief Information Officer der Österreichischen Bundesregierung geführt. Durch die damit verbundene Koordination der Ministerien, Länder, Städte und Gemeinden sowie der Kammern sowie vor allem durch das gemeinsame Verständnis eines „Big Picture“ ist es gelungen, Österreich vom drittletzten Platz im EU-Ranking nachhaltig innerhalb von drei Jahre an den ersten Platz zu bringen.
Die Bürgerkarte, die Digitalisierung der Sozialverwaltung (eCard, ELGA, …), der österreichische Verwaltungsportalverbund, die Handy-Signatur, die Technologie der Registrierkassensicherheit und vieles andere wäre ohne diese aktive Koordination, wie wir das in den anderen EU-Ländern auch beobachten, viel schwerer oder gar nicht möglich gewesen. Zudem gab uns diese koordinierte Vorreiterrolle Österreichs auch eine entsprechend gehörte Stimme in Europa – die Tatsache, dass die eIDAS-Verordnung seitens der Vizepräsidentin der Kommission Kroes mit der österreichischen Handy-Signatur gezeichnet wurde, ist ein weithin sichtbares Zeichen dafür.
Kroes hat mich auch in die “Vierer-Gruppe, den IT-Rat der Weisen“ berufen und damit hatte ich die Chance die Sicherheitsinfrastruktur der Europäischen Institutionen (Cert-EU) mitzugestalten.
Durch die Rolle des CIO kam ich auch zum Vorsitz im Verwaltungsrat der Europäischen Sicherheitsagentur und damit zu einer Tätigkeit die breite Einsicht in das Sicherheitsgeschehen der Verwaltungen der Mitgliedsstaaten ermöglichte.
Aber auch darüber hinaus brachte diese Tätigkeit interessante Erfahrungen wie etwa persönliche Gespräche mit Bill Gates anlässlich seines Österreichbesuches oder eine Presskonferenz gemeinsam mit Steve Ballmer. In allen Phasen meiner Tätigkeit als CIO versuche ich – wie ich meine hin und wieder erfolgreich – auch den Touch der Innovation einzubringen.
Reinhard Posch ist seit 1976 verheiratet (Dipl.-Ing. Ursula Posch) und Vater von drei Kindern (Irene 1983, Andreas 1985, Angela 1988).
Reinhard Posch ist Träger des großen silbernen Ehrenkreuzes für Verdienste um die Republik Österreich.