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unbekannter Gast

Die Suche nach Personal#

Wie wurde ich denn überhaupt der erste Direktor?

Nach dem Vollzug der Gründung fragte man sich, wer denn jetzt das Zentrum aufbauen und leiten sollte. Einig war man sich, dass es ein Professor der Informatik an der Universität des Saarlandes sein sollte. Das reduzierte die Zahl der Kandidaten; denn die Fachrichtung Informatik war damals noch sehr klein. Außerdem baute Kurt Mehlhorn, einer der Professoren, gerade das Max-Planck-Institut für Informatik auf, und Wolfgang Wahlster, ein anderer Kollege, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz.

Bibliothek
Der Bibliotheksturm. Foto: Presse Dagstuhl
Man schaute erwartungsvoll auf mich. Ich hielt mich für unfähig, so etwas zu machen angesichts meiner sauerländischen, also ziemlich dürftigen diplomatischen Grundausstattung. Die Vorstellung, den erwarteten übergroßen Egos unter den Gästen verbindlich oder sogar freundlich gegenüber treten zu müssen, jagte mir Schauer über den Rücken.

Nach gutem Zureden durch meine Frau, die meine Bedenken nicht teilte, stimmte ich zu, erster wissenschaftlicher Direktor des Zentrums zu werden. Die technisch-administrative Leitung übernahm Wolfgang Lorenz, der Leiter des Präsidialbüros der Universität des Saarlandes. Obwohl wir beide unterschiedliche fachliche Hintergründe hatten, tickten wir offensichtlich sehr ähnlich und kamen bei allen zu entscheidenden Fragen immer sehr schnell zum Konsens.

Im April 1990 begannen wir mit dem Aufbau, beschlossen Umbaumaßnahmen, wählten Möbel aus und, am Wichtigsten, stellten Personal ein.

Wir hatten dabei im Großen und Ganzen ein glückliches Händchen vielleicht, weil wir systematisch Empfehlungen aus den saarländischen Ministerien ignorierten. Wie wichtig für den Erfolg des Zentrums Personen waren, möchte ich an zwei Beispielen schildern.

Garen
Garten. Foto: Presse Dagstuhl
Angelika Müller übernahm die Leitung der Dagstuhl-Geschäftsstelle.

Ihr Engagement für die Sache, ihr Gespür für den richtigen Umgang mit den Gästen und ihre technische Kompetenz im Aufbau der Infrastruktur sind Legende.

Josefine Schneider wurde für die Verwaltung und den Empfang eingestellt. Wenn die Gäste am Sonntag Nachmittag von ihr herzlich willkommen geheißen wurden, spürten sie, dass ihre Herzlichkeit echt war. Frau Schneider strahlte das glaubwürdig aus. Außerdem verfügte sie über eine Fähigkeit, die mich, ausgestattet mit einem chronisch schlechten Personengedächtnis, blass vor Neid werden ließ. Sie sah jeden Sonntagnachmittag zum Empfang etwa 40 Leute zum ersten Mal in ihrem Leben. Wenn am Montag Morgen ein Anruf für Gast X kam, dann ging sie zielstrebig auf diesen zu und holte ihn ans Telefon; sie hatte tatsächlich alle Namen-Gesicht-Verbindungen gespeichert!

Eine wichtige Entscheidung war, ob man unter sehr beengten Bedingungen in einer Art Teeküche selbst kochen sollte, oder ob man das Essen anliefern lassen sollte. Damals führte noch nicht wie heute jeder dritte Saarländer einen Cateringbetrieb. Der einzige lokale Lieferant wäre die Küche des Krankenhauses in Wadern gewesen. Wer jemals seinen Hintern in ein Krankenhausbett gelegt hat, kennt die Qualität des Krankenhausessens. Wer zusätzlich die Angst unserer amerikanischen Freunde vor jeder Art von Keimen kennt, kann sich leicht vorstellen, wie die Information über die Herkunft des Essens auf diese gewirkt hätte. Also war die Entscheidung klar; es wurde selbst gekocht, und zwar von Anfang an auf saarländische Art wunderbar.

Bibliothek
Bibliothek. Foto: Presse Dagstuhl
Nicht nur kam der Geschäftsbetrieb sehr schnell in Gang, sondern es entstand der inzwischen weltweit gerühmte Geist von Schloss Dagstuhl. Der besteht darin, dass weitgehend unsichtbare Geister dafür sorgen, dass es den Teilnehmern an den Forschungsseminaren in Schloss Dagstuhl an nichts fehlt, was für eine erfolgreiche Arbeit notwendig ist. Außerdem hatten wir von Anfang an Mitarbeiter, die mitdachten und wussten, worauf es ankam. Dazu erzähle ich immer gern eine Anekdote.

An einem der ersten Dagstuhl-Seminare nahm ein bekannter Informatiker aus New York teil. Auf dem Anmeldeschreiben hatte er nicht angegeben, dass er Diabetiker war, obwohl Dagstuhl explizit nach Diätwünschen fragt. Beim Zimmermachen am ersten Tag fand unser Personal seine Diabetikermedikamente.

Beim nächsten Essen stand eine Diabetikermahlzeit vor ihm. Er saß davor und konnte nicht glauben, was er sah, und rief zu Tränen gerührt seine Kollegen zusammen, um ihnen zu zeigen, wie man sich in Schloss Dagstuhl um das Wohlergehen der Gäste kümmerte.

Die Erzählung von diesem Ereignis ging wie ein Lauffeuer um die Informatikerwelt. Wenn ich heute zurück schaue, scheint mir dieser gute Geist von Dagstuhl einen entscheidenden Beitrag für den Erfolg geleistet zu haben und immer noch zu leisten.


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