Das Geschäft im Web - Onlinehandel #
Logistiker, Model, Programmierer, Content-Marketingprofi - die Berufsbilder rund um E-Commerce sind vielfältig. Auszüge aus dem Expertengespräch. #
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Kleinen Zeitung (Samstag, 16. Juli 2016)
Seit wann befasst sich Ihr Unternehmen mit E-Commerce?
EUSTACHIUS KREIMER: Bei Blue Tomato war es eine parallele Entwicklung von klassischen Shops und digitalem Verkauf. Der erste Webshop ist bereits 1999 entstanden. Wir waren früh dabei und konnten das Thema in der Nische gut besetzen.
ACHIM GÜLLMANN: Wir haben über Jahrzehnte ein Kataloggeschäft betrieben. 1997/98 war der Einstieg mit dem ersten Onlineshop. Heute macht das einen 85- bis 90- prozentigen Anteil unseres Geschäftes aus.
Wie rekrutieren Sie Mitarbeiter?
KREIMER: Die kommen quasi aus dem Internet - müssen Digital Natives sein. Es ist eine Frage des Alters. Heutzutage ist die Ausbildung weit fortgeschritten, in Bereichen wie Onlinemarketing, Programmierung, im Umgang mit Neuen Medien ist sehr viel passiert. Die Leute, die jetzt von Uni oder FH kommen, sind auf einem ganz anderen Level als noch vor zehn Jahren.
ROLAND FINK: Wir betreuen 20 Onlineshops. Ich muss mein Unternehmen so aufbauen, dass ich für alle Bereiche gute Leute finde. Wir stehen vor riesigen Herausforderungen und brauchen Menschen, die ihre Arbeit lieben und ein Gespür für Märkte haben.
Ziehen IT-Absolventen heute automatisch auch den E-Commerce- Bereich aus der Palette an beruflichen Möglichkeiten in Betracht?
ISABELLA THEUERMANN: Nein. Bewerber aus dem IT-Bereich können sich die Jobs aussuchen- sie haben meist mehrere Angebote. Da spielt einerseits natürlich das Gehalt eine Rolle, andererseits sind es auch die Benefits.
FINK: Die Frage ist, was E-Commerce- Jobs sind. Keine fünf Prozent der Mitarbeiter sind vor dem jetzigen Job jemals damit in Berührung gekommen.
KREIMER: Zwei Drittel unserer Mitarbeiter arbeiten nicht im direkten Shop-Verkauf, sondern im Backoffice und Verwaltungsbereich. Wir suchen durch unsere starke Internationalisierung permanent "Country Manager". Eine andere Expertise erfordert der Bereich Frontend - Mobile Devices bzw. Produkt-Daten-Präsentation/ Content Marketing und -Aufbereitung. Deshalb machen wir die Fotos und Videos bei uns im Fotostudio selber und suchen dafür laufend Models.
Thema Beratungsdiebstahl - im Shop gustieren, im Internet kaufen: Wie macht sich das bemerkbar?
FINK: Die Unternehmen werden von der Informationsflut und vom Service der Onlinehändler überrollt. Ein Verkäufer im Markt kann nicht 100.000 Produkte kennen. Deshalb ist das Omni-Channel-Thema so wichtig.
Wo sehen Sie die Trends im E-Commerce?
GÜLLMANN: Der Bereich Endgeräte wird immer größer. Aber so richtig in die Zukunft schauen kann man nicht.
KREIMER: Die für E-Commerce extrem wichtigen Bereiche Customer Service und Logistik erleben aktuell eine besondere Dynamik - etwa Last-mile-Lösungen. Die Logistik ist eine Riesenherausforderung, das Rückgrat des Unternehmens. Automatisierung wird uns in nächster Zeit sehr stark beschäftigen. Und ein Trend ist sicher auch, dass der Lebensmittelhandel in E-Commerce einsteigt.
Im Kundenservice sind Sprachen gefragt - nicht alle, die von Uni/FH kommen, beherrschen eine Zweit- oder Drittsprache- ist das Voraussetzung, wenn man für Sie arbeiten will?
THEUERMANN: Im IT-Bereich ist perfektes Englisch wichtig. Sonst sind kaum Sprachen gefordert - mitunter Spanisch.
GÜLLMANN: Das Muttersprachliche ist sehr wichtig, wenn man dem Kunden mit der eigenen Sprache am Telefon helfen kann, fühlt er sich wohl.
KREIMER: Unser Customer Service ist nach Graz gewandert, weil es hier Romanisten gibt.
Zu den Personen#
Roland Fink, Geschäftsführer niceshops GmbH, www.niceshops.comAchim Güllmann, Geschäftsführer Unito Versand & Dienstleistungen GmbH, www.unito.at
Eustachius Kreimer, Director of IT, Development & Customer Service, Blue Tomato GmbH, www.blue-tomato.com
lsabella Theuermann, Eigentümerin Personalagentur Personos - perform your career, www.personos.at