Notiz 027: Lebenslinien und Berufslaufbahnen#
von Martin KruscheIch hatte eben, im Rahmen der Recherchen für das Haflinger-Buch, ein sehr schönes Gespräch mit dem Handwerker Alois Neffe, dessen Berufslaufbahn gut nachvollziehbar zeigt, wie er über Fahrräder, Mopeds und Motorräder, zu den Autos kam, unterwegs auch auf Steyr Traktoren gearbeitet hat. Auf diesem Weg wurde er zum Unternehmer, dem keine Konjunkturschwankung etwas anhaben konnte.
Der Mann ist Jahrgang 1946. Leben und Beruf entfalteten sich entlang der schrittweisen Volksmotorisierung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg anbrach. Ein sozialgeschichtliche Revolution, in der die individuelle Mobilität zu völlig neuen Situationen führte.
Diesem komplexen Prozeß war Neffe gewachsen, weil schon im elterlichen Betrieb Geschick und Geschäftssinn zusammengefunden hatten, als es noch um die Produktion landwirtschaftlicher Maschinen ging.
Keine Fabrik, eine überschaubare Werkstatt. All das entfaltete sich schrittweise, in einem Tempo, das offensichtlich Menschenmaß hatte und für inspirierte Menschen bewältigbar bleib. (Dieses Kräftespiel hat sich inzwischen fundamental verändert.)
An all dem ist unter anderem bemerkenswert, daß sich in Österreich dieser Mischkonzern formiert hatte, die Steyr-Daimler-Puch AG, von welcher der ganze Mechanisierungs-Prozeß mit passenden Angeboten abgedeckt wurde; Lastwagen, Schiffsmotoren und Waffen eingeschlossen, nicht zu reden von kurzzeitigen Nischenprodukten, wie zum Beispiel Ölöfen oder Heimtrainern.
Dazu passend erreichte mich Post aus Australien. Die zeigt den Ex-Puchianer Werner Stossek zum Beispiel auf einer frühen Stangl-Puch, die in ihrer zarten Bauweise noch recht nahe an der Fahrrad-Welt war. Ein grundlegend anderer Weg als der von Neffe.
Später war es eine Puch 250 SGS, ein Spitzenmodell der Nachkriegszeit. Und zwischendurch der gewagte Ritt auf einem High Wheeler. Man kann sich gut vorstellen, daß dieser Fahrzeugtyp im 19. Jahrhundert auf den schlechten Wegen zu so manchen Stürzen führte, die schwere Verletzungen verursachen konnten.
Zum Hochrad-Bild schrieb Stossek, das war „so ca. 1955, am ‚Tag des Fahrrades’, einer jährlichen Puch-Veranstaltung und Parade. Und weil ich der Einzige im Puch-Werk Thondorf war, der dieses Rad fahren / reiten konnte, wurde ich gewählt, es in der Parade am Opernring in Graz (Osterreich) zu präsentieren.“
Kein offizielles Datum (wie der 3. Juni), aber „War halt so eine Idee von Steyr-Puch, um den Tag des Fahrrades und die Parade etwas mehr interessant zu machen. Auch als gute Werbung für das Puch-Fahrrad.“ Stossek hat übrigens ein Puch-Fahrrad nach Australien mitgenommen. Und er schätzt Ausfahrten per Haflinger.