Notiz 030: Frontlenker#
von Martin KruscheEin komplett ausgerüsteter Feuerwehr-Haflinger zählt heute zu den Schmückstücken, an denen sich Sammler und Publikum erfreuen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Wehren zuerst oftmals noch auf Kriegsrelikte angewiesen. Jeep und Dodge, auch ältere Vehikel, die man umgebaut hatte. Danach kamen vielfach Landrover-Varianten zum Einsatz oder, weit seltener, der Austin Gipsy.
Pinzgauer bewährten sich, wurden als Rüstfahrzeuge eingesetzt, die bis heute Dienst tun. Die Nachkriegszeit brachte noch zwei weitere Kuriositäten ins Spiel, die mancherorts importiert wurden. Landrover und Jeep bauten Frontlenker-Varianten. Sehr selten zu sehen, der Brite noch eher als der Amerikaner.
Kürzlich besuchte mich Norbert Gall wieder. Er kam gerade vom Genfer Automobilsalon zurück, wo er als Head of Marketing für Toyota und Lexus zu tun hatte. Das brachte mir unter anderem ein Foto vom sehr exotischen 1958er Rekord-Abarth mit Pininfarina-Häusel ein. Dieses Experimentalfahrzeug auf Basis des Fiat Nuova 500 ist also überaus passend, was den Blick auf jene Ära angeht.
Wir gingen es miteinander aber viel rustikaler an und fuhren ins oststeirische Fischbach. Dort führt Valentin Eggbauer, ein Schrauber und Sammler, sein „Museum bäuerliches Handwerk aus vergangenen Zeiten“ als klassische Wunderkammer. Dort beherbergt er auch seine ungewöhnlich zusammengestellte Automobilsammlung. Darunter ein Jeep in der Version des Forward Control. Unrestauriert. Eggbauer erwägt noch, ihn einfach technisch auf Stand zu bringen und so zu konservieren, wie er ihn vorgefunden hat.
Ein interessanter Trend unter Schraubern, die der Idee anhängen, möglichst viel an Originalsubstanz zu erhalten. Da zählt dann jeder Rest an alter Lackfläche. Sowas hat mitunter auch regionalgeschichtliche Aspekte, denn die Feuerwehr von Fischbach besaß einst genau so eine Frontlenker-Jeep, der mit einem Räumschild ausgestattet war.
Man hatte den Wagen aber aufgeben müssen, weil er der Schneelage des Dorfes in den Fischbacher Alpen nicht gewachsen war. Ein kleiner Hinweis auf die pure Physik, der man schließlich nicht entkommt. Das markiert Grenzen, über die natürlich auch der Haflinger als Kommunalfahrzeug nicht hinwegfahren kann.
Der amerikanische Stirnsitzer war von 1956 bis 1965 in den Variationen FC-150 und FC-170 in Produktion (Radstand 2.057 mm und 2.616 mm.) Aus unserer Sicht: Haflinger-Ära. Nächst größeren Stufe. Ich denke, damit waren später (ab Anfang der 1970er) weder die heimischen Pinzgauer, noch die deutschen Unimogs zu konkurrenzieren, von denen wir Dimensionen wie einen Satz Orgelpfeifen kennen; vom kleinen Boehringer 70200 bis zu den riesigen Unimog-Brocken der Gegenwart.
In Amerika machten offenbar ganz andere Pickups das Rennen, wie man sie manchmal in Spielfilmen bei Schneeräumen sieht. Jeep gab die Stirnsitzer auf. Immerhin erfreulich, wenn man sich so einen Exoten gelegentlich im Original anschauen kann, wie eben in Fischbach. Und daß wir drei Gentlemen uns in ausführliche Benzingespräche vertieft haben, wird niemanden überraschen. Übrigens! Eggbauer konnte die Original-Türen des Fischbacher Frontlenker-Jeep auftreiben. Mehr war offenbar nicht mehr übrig. Gut möglich, daß die Restauration dann in diese Richtung geht. Zu Norbert Gall siehe: „Im Wandel“ (Auftakt in Hofstätten). Eggbauers Privatmuseum finden Sie auf Facebook.