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Notiz 013: Roadster#

(Nur das Nötigste)#

von Martin Krusche

In meiner Deutung kommt der Roadster vom Torpedo her, hat dabei Rennfahrzeug-Gene mitgenommen. Hätten die Techniker das moderne Automobil nicht aus der Welt der Kutschen und Fahrräder abgeleitet, wäre der Roadster vermutlich am Beginn der Geschichte aufgestellt worden, so nach dem Motto: nur das Nötigste.

Populärer Roadster im Vorkriegs-Layout: Ferdinand Micha Lanners Morgan Roadster. (Foto: Martin Krusche)
Populärer Roadster im Vorkriegs-Layout: Ferdinand Micha Lanners Morgan Roadster. (Foto: Martin Krusche)

Ich muß an den Motor wenigstens zwei Sitze schrauben, das Ganze auf vier Räder stellen und die Nacktheit der Maschine ein wenig verkleiden. Das könnte zum Beispiel ein elegante Wanne sein, dann wären wir wiederum bei der Torpedo-Karosserie.

Dieses Gefühl hatte ich erstmals, als ich in einem Jaguar E-Type Platz nahm. Ein Motor mit ein wenig Drumherum. Punkt! Zuletzt konnte ich diesen Eindruck vergangenen Spätsommer in einem Morgan Roadster auffrischen, als ich einige Tage mit Ferdinand Micha Lanner unterwegs war.

Man meint fast, die Türen seien nur aus Höflichkeit eingebaut, vielleicht auch, damit eine Dame im Kleid beim Einsteigen die Beine nicht zu hoch heben muß. Man braucht sie aber nicht wirklich.

Der Morgan ist dafür exemplarisch. Lanner hat sich jenen mit dem Ford Sechszylinder gegönnt, was der Fuhre so viel Dampf gibt, daß man als Fahrer zu den fortgeschrittenen Kräften zählen muß, um nicht gleich auf die Liste der gefährdeten Arten zu kommen.

1902: Barney Oldfield am Steuer des Ford 999, neben ihm steht Henry Ford. (Foto: Public Domain)
1902: Barney Oldfield am Steuer des Ford 999, neben ihm steht Henry Ford. (Foto: Public Domain)

Motor, Sitze, Windschutzscheibe, abnehmbare Steckscheiben für die Türen, ein Verdeck, insgesamt ein Minimum an Karosserie, genug! Das ist ein Roadster. Beim Morgan noch mit ausgestellten Kotflügeln und aufgesetzten Scheinwerfern, ganz im Vorkriegs-Layout. Sonst aber die jüngeren Fahrzeuge meist mit geglätteter Haut (a la Ponton) und gestreckt (a la Torpedo).

Zur Erinnerung: eine Torpedo-Karosserie hat hochgezogene Seitenwände, was gegenüber den meist kutschenartigen Vehikeln der Anfangszeiten ein Gewinn an Komfort war. Außerdem ist die Gürtellinie gestrafft, also die einstige Stufe zwischen Fahrgastraum und Motorraum eingeebnet. Es ließe sich auch annehmen, der Roadster habe stets ein Stück Rennwagen in sich, denn in diesem Genre gehört die Reduktion des Körpers zum Prinzip. Anfangs hieß das einfach: ein Rolling Chassis mit starkem Motor genügt, Sitz drauf, fertig! Die Karosserie war nutzloser Ballast.

Das illustriert der Ford 999, den Barney Oldfield 1902 fuhr. Auf dem Foto sieht man ihn mit Henry Ford, der neben ihm steht. Bald darauf wurde klar, daß ein Rennfahrzeug windschlüpfriger gehalten sein sollte. Und je tiefer der Schwerpunkt, desto günstiger das Fahrverhalten. Das weist ebenfalls Richtung Roadster. Mit einer Version jenes Ford 999 war ein Maximum von 147.05 km/h zu schaffen, wobei schon die Hälfte davon recht zugig sein kann. So nackt blieben die Racer also nicht. Ein wenig Verkleidung war erwünscht.

Blitzen Benz: ein Vorbote der Stromlinien-Ära. (Foto: Thesupermat, CC BY-SA 3.0)
Blitzen Benz: ein Vorbote der Stromlinien-Ära. (Foto: Thesupermat, CC BY-SA 3.0)
Der 200 km/h schnelle Blitzen Benz von 1909 (Foto: Thesupermat, CC BY-SA 3.0)
Der 200 km/h schnelle Blitzen Benz von 1909 (Foto: Thesupermat, CC BY-SA 3.0)

Tempo: atemberaubend#

Barney Oldfield fuhr schließlich auch den phänomenalen Blitzen-Benz, an dem einige Gestaltungsgrundlagen anschaulich sind. In seiner leistungsfähigsten Version ist die Fahrzeug-Haut möglichst glatt gehalten. Gang- und Handbremshebel liegen außerhalb der Hülle, die Auspuffrohre sind windschlüpfrig verkleidet, Türen sucht man vergeblich. Der Wagen machte damals unglaubliche 200 km/h. Da möchte man nicht dem Fahrtwind ausgesetzt sein.

Etwas geräumiger zeigt sich der Austro-Daimler Prinz Heinrich-Wagen, an dessen Konstruktion Ferdinand Porsche mitgewirkt hat. Der Tourer ist auf Strecke, nicht auf Geschwindigkeitsrekord ausgelegt. Die Bezeichnung leitet sich von einem frühen Tourenwagen-Rennen her, welches Prinz Albert Wilhelm Heinrich von Preußen im Jahr 1907 gestiftet hat. (Dieser Aristokrat war selbst leidenschaftlicher Rennfahrer.)

Die Postkarte der Continental-Caoutchouc- und Gutta-Percha-Compagnie, Hannover zeigt Porsche als Sieger der Prinz Heinrich-Fahrt 1910 (Public Domain)
Die Postkarte der Continental-Caoutchouc- und Gutta-Percha-Compagnie, Hannover zeigt Porsche als Sieger der Prinz Heinrich-Fahrt 1910 (Public Domain)
Torpedo pur: der Austro-Daimler Prinz Heinrich-Wagen von 1910, ein Spitzenprofukt seiner Zeit. (Foto: Brian Snelson, CC BY 2.0)
Torpedo pur: der Austro-Daimler Prinz Heinrich-Wagen von 1910, ein Spitzenprofukt seiner Zeit. (Foto: Brian Snelson, CC BY 2.0)

Tourenwagen, das heißt im Kontrast zu einem Racer: schnell, robust und zuverlässig, etwas mehr Raum, auch Stauraum, leidlicher Wetterschutz. (Später sollte das zum Beispiel den GT ergeben = Gran Turismo.) Mit diesem effizienten Austro-Daimler konnten bei der Prinz-Heinrich-Fahrt von 1910 die ersten drei Plätze belegt werden.

Eine pure Torpedo-Karosserie, für die damalige Zeit schon recht straff auf Körper gearbeitet. Die Reduktion des Autos aus solcher Dimension führte gewissermaßen Richtung Roadster.

Ein möglichst tief gelegter Zweisitzer, was zum Beispiel beim Bugatti 57 C bedeutet, man sitzt darin wie in einer Badewanne, die Beine ausgestreckt, denn eine bequemere Sitzposition würde den Fahrzeugschwerpunkt nach oben schieben. Roadster, das heißt Bodennähe und – so etwa beim Morgan – womöglich eine Karosserie, die sich unterm Fahren spürbar verwindet. Das wird mit einem sehr ursprünglichen Fahrerlebnis assoziiert.

Mercedes SSK von 1930. (Foto: Martin Krusche)
Mercedes SSK von 1930. (Foto: Martin Krusche)
Bugatti 57 C von 1937. (Foto: Martin Krusche)
Bugatti 57 C von 1937. (Foto: Martin Krusche)
Jaguar SS 100 von 1938. (Foto: Martin Krusche)
Jaguar SS 100 von 1938. (Foto: Martin Krusche)

Ab den 1930er Jahren sehen wir diese schnellen Zweisitzer mit den klingenden Namen, nach denen ich mir heute bei Klassiker-Treffen immer die Augen ausschaue, denn das sind faszinierende Maschinen. Bugatti, Mercedes SSK, Jaguar SS 100, allesamt Autos, die ich als Kind auf den Quartett-Karten besonders angestaunt hab, aber damals nie real zu sehen bekam.

MG A 1600 von 1959. (Foto: Martin Krusche)
MG A 1600 von 1959. (Foto: Martin Krusche)
Lotus Elan S4 von 1969. (Foto: Martin Krusche)
Lotus Elan S4 von 1969. (Foto: Martin Krusche)
Ab 1971: Jaguar E-Type V12. (Foto: Martin Krusche)
Ab 1971: Jaguar E-Type V12. (Foto: Martin Krusche)

Roadster wie den Jaguar E-Type, den MG A oder den Lotus Elan konnte ich in den 1960ern und frühen Siebzigern noch gelegentlich im Alltag auf den Straßen sehen. Apropos Lotus Elan! Während der BMW Z1 (1989 bis 1991) mit seinen kuriosen Türen eher still untergegangen ist, wurde sein Zeitgenosse, der Mazda MX-5 (1989 bis heute), zu einem Supererfolg. Der gilt im ersten Baumuster als Lotus-Zitat.

Der Mazda MX-5, alias Miata, ist der vermutlich populärste Roadster in Produktion. (Foto: Martin Kusche)
Der Mazda MX-5, alias Miata, ist der vermutlich populärste Roadster in Produktion. (Foto: Martin Kusche)
Der BMW Z1 war so erfolglos, daß man ihn heute nur noch selten bei einem Treffen sieht. (Foto: Martin Kusche)
Der BMW Z1 war so erfolglos, daß man ihn heute nur noch selten bei einem Treffen sieht. (Foto: Martin Kusche)

Auch im Hochpreis-Segment werden der zahlungskräftigen Kundschaft immer wieder Roadsters angeboten. Der mehr oder weniger karg gehaltene Zweisitzer ist immer noch ein soziales Statement mit dem jemand noble Distanz zum Alltag ausdrückt.

Ich spare auf dieser Seite Luxus-Roadster aus. Mercedes-Benz AMG GT C, dieverse Lambos und Ferraris, Audi R8, aber auch Wiesmann Roadster können einem heute im Alltag begegnen. Da wird es schnell richtig teuer.

Die Morgans bezahlt man auch nicht aus der Portokasse. Und diverse Lotus Seven-Derivate sind Rennmaschinen, die sich für Durchschnittspersonal nicht eignen.

Wären noch einige italienische Roadster zu erwähnen, jüngst eine Neudeutung des Fiat 124, aber ich belasse es hier einmal beim handlichen Mazda als Schlußakzent dieser kleinen Design-Skizze.