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Nische, Top-Leute, Geld#

Anton Zeilinger verrät Grundzutaten für die Einführung von Exzellenz #


Von der Zeitschrift Wiener Zeitung, freundlicherweise zur Verfügung gestellt.(Dienstag, 30.Dezember 2008)


Anton Zeilinger
Anton Zeilinger
© Wiener Zeitung

Für das Team um Anton Zeilinger war es ein Erfolgsjahr. Wissenschafter zieht Schlüsse zur Weiterentwicklung.#

Wien. Im Jänner die neu geschaffene „Isaac Newton Medaille“ des „Institute of Physics“, im Juli die Zuerkennung eines mit 1,8 Millionen Euro dotierten „Advanced Grant“ des European Research Council (ERC), im Dezember gemeinsam mit Innsbrucker Kollegen ein mit knapp 7 Millionen Euro dotierter neuer Spezialforschungsbereich des Wissenschaftsfonds FWF. Dazwischen jede Menge andere Auszeichnungen für Mitarbeiter, so etwa der Wittgenstein-Preis (1,5 Millionen Euro) für Markus Arndt und der Start-Preis (1,2 Millionen Euro) für Markus Aspelmeyer.

2008 war ein überaus erfolgreiches Jahr für Anton Zeilinger und sein Team, vor allem, wie der erfolgsverwöhnte Experimentalphysiker betont, im Hinblick auf „Zusammenfall besonderer Finanzierungen“.

Über die Gründe dafür befragt, blickt Zeilinger zunächst weit zurück: Anlässlich seiner Berufungsverhandlungen für seine Professur an der Uni Innsbruck habe er seinerzeit die Chance erkannt, „hier etwas ganz Neues aufzubauen“. Es sei eine „strategische Überlegung“ gewesen, sich einem Thema wie Quantenoptik zu widmen, das er vorher noch gar nicht gemacht habe. „Man muss sich eine Nische suchen.“

„Man darf nicht Große noch größer machen und damit auf Gebiete setzen, die eigentlich schon gut entwickelt sind“. Das oft zitierte „Stärken stärken“ gelte nur „bis zu einem bestimmten Punkt. ‚More of the same‘ ist sicher falsch“. Vielmehr müsse man schauen, „in welche ganz neuen Richtungen Stärken weiterentwickelt werden können. Keinesfalls sollte man etwas machen, bloß weil es international ein ganz großes Gebiet ist.“

Flache Hierarchie#

Entscheidend für den Erfolg ist für den Wissenschafter, „ausschließlich internationale Top-Standards an die Mitarbeiter anzulegen“. Dabei müsse die „Fokussierung auf die Besten schon beim Diplom beginnen“. Ebenso wichtig sei es, dass man als Chef eine „glückliche Hand“ bei der Auswahl habe und sich „zum richtigen Zeitpunkt zurückzieht und junge Leute hochkommen lässt“. Dies sei in Österreich „leider noch die Ausnahme“.

Als wesentlich erachtet Zeilinger auch flache Hierarchien: „Es geht darum, eine Atmosphäre zu erzeugen, in der grundsätzlich jede Idee ermuntert wird.“ Der Physiker, der Wert auf eine „Politik der offenen Tür“ legt („zu mir kann jeder Diplomand jederzeit hereinkommen“), mag auch keine Autoritätsperson sein und Abstand zu den Mitarbeitern entstehen lassen: „Die Leute sollen nicht mit fertigen Ideen zu mir kommen, sondern zu einem Zeitpunkt diskutieren, wo noch völlig unklar ist, was man macht.“ In einer solchen Atmosphäre der Motivation würden sich die Mitarbeiter gegenseitig aufschaukeln und anspornen, etwa wo man denn nicht noch publizieren könnte.

Den Spruch „Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu“ lässt Zeilinger gelten: „Ein Grund für den Erfolg ist sicher auch die Tatsache, dass wir beim Auftauchen neuer Ideen genügend finanzielle Ressourcen haben, um das auch umsetzen zu können.“ Dabei geht es im Bereich der Quantenoptik und -information um Größenordnungen von immerhin rund 100.000 Euro pro Experiment. Gleichzeitig gehöre auch ein gewisser Pioniergeist und eine Hemdsärmeligkeit dazu, ins Labor zu gehen und die Dinge einfach anzupacken.

Vorteilhaft ist für den Physiker auch, sich als Wissenschafter auf mehrere Träger-Institutionen stützen zu können. So habe sich die Konstruktion, einerseits ein Universitäts-Institut und andererseits mit dem Institut für Quantenoptik und -information (IQOQI) eine Einrichtung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) zu haben, bewährt.

Alter und Leistung#

Zeilinger hat auch konkrete Wünsche an Universitäten, ÖAW, etc.: Diese müssten lernen, „aus Evaluierungen Konsequenzen zu ziehen“. So gebe es hervorragend beurteilte Institute, was aber in der Mittelzuteilung keine Folgen habe. Die Politik habe die Aufgabe, von Akademie und Universitäten Rechenschaft zu verlangen, wie sie Evaluierungsergebnisse umsetzen.

Ihn stören zudem „sachlich nicht haltbare Regeln“ wie etwa die Altersgrenze beim Wittgenstein-Preis (55 Jahre): „Man kann die Leistungen der vergangenen fünf Jahren beurteilen, aber das Alter muss für so eine Auszeichnung egal sein.“ Dass die Produktivität mit zunehmendem Alter sinke, könne er aus eigener Erfahrung nicht bestätigen, sondern kritisiert: Ein wesentlicher Grund für nachlassende Arbeitsleistung sei meist, „dass sich die Leute mit Bürokratie und Funktionen eindecken lassen“.

Wiener Zeitung,, 30.Dezember 2008


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