Die Schwarzmeer-Region soll das neue Osteuropa werden #
Heikler Schatz am Schwarzen Meer#
Mit freundlicher Genehmigung der Wiener Zeitung (Freitag, 18. Juni 2010).
Von
Claudia Peintner
Die Region ist für Betriebe verlockend. Warnung vor unklaren Gesetzen und Konflikten#
Wien. Aserbaidschans Hauptstadt Baku macht derzeit als große Baustelle von sich reden. Hotels, Straßen und Bürogebäude werden in der Kaukasusregion selbstbewusst aus dem Boden gestampft. Der enorme Ausbau der Ölförderung seit 2005 und hohe Energieexporteinnahmen brachten der Wirtschaft eine gehörige Wachstumswelle.
Eine Welle, auf die auch Österreichs Wirtschaft aufspringen soll: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner will die heimischen Exporte in die Schwarzmeer- und Kaukasusregion von 2,1 Milliarden Euro (2008) in den nächsten vier Jahren auf 4 Milliarden Euro verdoppeln; die Direktinvestitionen sollen von 6,3 Milliarden Euro (2007) auf 13 Milliarden Euro steigen.
Die Augen richten sich auf die Länder Moldawien, Türkei, Ukraine, Aserbaidschan, Armenien und Georgien. "Chancenpotenziale" für heimische Betriebe bescheinigt eine Wifo-Studie vor allem beim Aufbau von Infrastruktur, dem Umwelt- und Energiebereich, bei der Modernisierung der Landwirtschaft, dem Dienstleistungssektor wie etwa dem Tourismus und der Gesundheitsbranche.
Die heimische Unternehmerdichte in der Region ist bisher dünn: In Aserbaidschan sind etwa Strabag, Vamed und OMV aktiv, in Moldawien die Grazer Wechselseitige, Quehenberger, S&T, Raiffeisen Leasing sowie Epamedia. Fast noch weiße Flecken auf der Investorenkarte sind laut WKO Armenien und Georgien.
Ölgeld fließt ins Militär#
"Das was heute Osteuropa ist, kann morgen die Schwarzmeer-Region sein", betont Außenminister Michael Spindelegger. Was auf den ersten Blick verlockend klingt - "der neue Absatzmarkt mit 140 Millionen Einwohnern könnte Auswirkungen der Krise abfedern und eine Gegenkraft zur geplanten Budgetkonsolidierung schaffen", so Mitterlehner -, hat eine gehörige Schattenseite.
"Die Region ist durch eine große politische Instabilität geprägt und zerrissen", sagt Peter Havlik, vom Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche zur "Wiener Zeitung". Konflikte zwischen Russland und Georgien, Moldawien und Transnistrien sowie zwischen der Türkei und Armenien behindern die regionale Integration. Auch die Lage zwischen Armenien und Aserbaidschan, das teils vom Nachbarn besetzt wird, spitzt sich laut Politikexperten zu: Hohe Summen der Öleinnahmen Aserbaidschans fließen in die Aufrüstung und lassen militärische Aktionen vermuten.
Für die Investoren sei es angesichts dieser Umstände unmöglich, eine einheitliche Strategie für die gesamte Region zu entwickeln, glaubt Havlik. Hinzu komme, dass das Investitionsklima vor Ort nicht gut sei.
Der Korruptions-Index listet Armenien, Georgien oder Aserbaidschan unter den größten schwarzen Schafen auf. Mängel gibt es vor allem bei der Rechtssicherheit: So berichten in der Region vertretene Firmen von bereits gebilligten Projekten, die aufgrund einer spontanen Gesetzesänderung wieder für nichtig erklärt wurden. "Die Gesetzeslage ist unklar, Vorschriften ändern sich sehr schnell und auch die Gerichte arbeiten langsam", bestätigt Havlik.
Hohes Bildungsniveau#
Trotz der angespannten Lage orten auch Ökonomen in der Region großes Potenzial: Wer sich für den Schritt Richtung Schwarzes Meer entscheidet, muss sich laut Havlik der Probleme bewusst sein und sollte sich vor Ort einen verlässlichen Partner suchen.
Ein gutes Zeugnis bekommen lokale Arbeitskräfte ausgestellt: Das Bildungsniveau unter Jugendlichen sei sehr hoch, Fremdsprachenkenntnisse weit verbreitet.
Die Reaktion Russlands auf obige Zielvorstellungen wird zumindest interessant und auf jeden Fall zu berücksichtigen sein. Bei den Fremdsprachenkenntnissen der Bevölkerung wäre die Frage um welche es sich primär handelt (Englisch, Deutsch...etc) schon sehr relevant. Auf jeden Fall aber ein sehr bemerkenswerter Beitrag......
--Glaubauf Karl, Samstag, 19. Juni 2010, 08:02