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Kulturerbe Europas auf einen Klick#

Online-Bibliothek Europeana ist seit Ende 2008 am Netz. Hunderttausende historische Dokumente wurden digitalisiert.#


Von der Wiener Zeitung (Freitag, 21. November 2008) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


Online Bibliothek Europeana

Brüssel. (wot) Der Anspruch ist gigantisch: Das Kulturerbe Europas soll digitalisiert und von einem zentralen Internet-Server abrufbar sein. So wie die sagenumwobene Bibliothek von Alexandria mit zehntausenden Werken das Wissen des Altertums beherbergte, soll es nun Europeana, die Online-Bibliothek der EU, für die Neuzeit machen. Das scheint eine klare Vorgabe zu sein, die Umsetzung ist jedoch unendlich schwierig und komplex. Mit immerhin mehr als zwei Millionen Einträgen ging das Projekt schließlich gestern, Donnerstag, ans Netz. Fast alle EU-Länder sind schon mit Werken ihrer Vergangenheit in der öffentlichen Erstversion vertreten. Deutschland steuerte etwa die Neunte Symphonie von Beethoven und Videos vom Fall der Berliner Mauer bei, Österreich stellte neben Musik auch Gemälde, Briefe, Manuskripte und die Geburtsurkunden der Kinder von Wolfgang Amadeus Mozart ins Netz, Frankreich die Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1789 und Portugal ein Karte von Brasilien, wie man es 1784 sah.

Erst ein Prozent digitalisiert#

Der Fantasie der Organisatoren sind keine Grenzen gesetzt: Bücher, Dokumente, Videos und Gemälde – schlicht der gesamte kulturelle Reichtum des Kontinents soll im Idealfall zugänglich gemacht werden. Als nächster Schritt ist bis 2010 aber erst einmal geplant, die Grenze von zehn Millionen historisch relevanten Einträgen zu überschreiten. Und selbst dann ist die Datenbank noch weit von ihrem Anspruch entfernt, allein geschätzte 2,5 Milliarden Bücher müssten eingescannt werden. Und genau da liegt das Hauptproblem: Erst rund ein Prozent der in Europa archivierten Werke sind bisher digitalisiert, sie liegen gut verwahrt in den Archiven der Museen, Nationalbibliotheken und Kunstsammlungen. Und der Beitrag der Mitgliedstaaten ist ganz unterschiedlich. So hat Frankreich mehr als die Hälfte der bisher eingetragenen Werke eingespeist, dahinter kommen die Niederlande und Großbritannien mit zehn und Finnland mit acht Prozent. Alle anderen EU-Länder liegen bis auf Schweden mit sieben weit unter zwei Prozent, Österreich bei 0,5. Die EU darf den Mitgliedstaaten dabei aber nicht operativ unter die Arme greifen, denn das sei ein ureigener kulturpolitischer Bereich, erklärte der Sprecher der zuständigen EU-Kommissarin Viviane Reding. Und in der Kulturpolitik hat Brüssel keine Kompetenzen. So beschränkt sich die Union vorerst darauf, eine schlanke Struktur von 14 Mitarbeitern mit einem Jahresbudget von 2,5 Millionen Euro zu betreiben. Als Zuschuss für die Bemühungen der Mitgliedstaaten sollen über die nächsten zwei Jahre zusätzlich 119 Millionen Euro aus dem Topf der Forschungsförderungen für die Digitalisierung fließen.

Microsoft stellt Projekt ein#

Mehr als tausend Museen und Kulturverbände in der EU konnten bisher als Partner gefunden werden, darunter auch die Österreichische Nationalbibliothek. Auf dem Server von Europeana ist auch nicht der Gesamtbestand der Eintragungen in sämtlichen Details zentral gespeichert. Nur die Vernetzung der Einträge und deren Kurzbeschreibung werden im Portal organisiert und mit den Kulturpartnern in den Mitgliedstaaten verlinkt. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ist jedenfalls sichtlich stolz auf das Projekt: Europeana könne wesentlich längeren Bestand haben als die Bibliothek von Alexandria, meinte er – das Wissenszentrum der Antike war samt all seiner wertvollen Exponate abgebrannt. Mit der neuen Technologie könnte Geschichte dagegen für Jahrhunderte ohne Qualitätsverlust aufbewahrt werden. Zudem könne jeder mit Internetzugang darauf zugreifen und nicht nur handverlesene Gelehrte wie im alten Ägypten. Andere sind am Aufbau einer digitalen Bibliothek dagegen schon lange gescheitert. Der Softwaregigant Microsoft hatte in 18 Monaten bereits 750.000 Bücher eingescannt, bevor das Projekt dort entnervt eingestellt wurde. Google scannt dagegen noch immer und hat bisher rund sieben Millionen Bücher auf Festplatten gebannt.

Wiener Zeitung, Freitag, 21. November 2008

Weiterführendes#


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