Hinterbrühl-Wien-Bregenz#
Montag 13. August 2012 #
Ich war viel zu früh dran. Ich bin nervös. Erstmals, dass ich vor einer Reise nervös bin. Ich habe Respekt vor dem Vorhaben. Gestern war ich zu müde um noch mein Gepäck zusammen zu stellen. Ich habe nur grob drüber geschaut, ob es das sein könnte, was ich für zehn Tage brauche. Erst heute nach dem Aufstehen machte ich mich ans Einpacken. Als die Dinge am Bett des Gästezimmers lagen sah es viel aus. Hannelore fragte mich sogar, ob ich mit einem Koffer reise. Als ich dann alles in die Radtasche stopfte war es weniger. In eine kam die Fahrkleidung und in die andere die Ruhepausenkleidung. Ob ich dann bei Bedarf alles finden werde ist nicht so sicher. Im kleinen Rucksack, der dann auf die Oberseite der Satteltaschen geziept wird fanden die wichtigen und persönlichen Dinge Platz. Geldbörse, Fotoapparat, Fahrkarten, Radkarten und Telefon. Mein iPAD, auf dem ich alles festhalte fand lag neben einem Buch zum Lesen.
Ich war viel zu früh am Bahnhof. Hannelore führte mich zum Westbahnhof nach Wien. Eigentlich war es ich, der fuhr. Am Radanhänger mein Fahrrad. Der Nachbar Walter - er kam erst von einer mehrwöchigen Radtour aus England zurück - schaute mir zu und gab letzte Tipps. Mein Rad schaute er skeptisch an. Es war ihm zu simple, zu einfach für so eine Reise. Das Gewicht des Gepäcks fand er aber ok. Ich habe mich am Morgen zuerst ohne und dann mit Gepäck auf die Waage gestellt und die Differenz ergab zwölf Kilogramm. Da hatte ich die Gastgeschenke - Bücher - für Ludwig und Schallis nicht mitgerechnet. Die hatte ich in einer Papiertasche.
Wir waren eine Stunde vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof. An der Stelle, wo ich ausladen wollte stand gerade ein Polizist und kassierte von einem Autofahrer Strafe wegen falschen Parkens. Hannelore fragte ihn daher, wo man hier das Gepäck ausladen kann. Er verwies uns auf eine Spur neben den Taxis. Noch eine Runde um den Häuserblock - wir hatten ja Zeit - und wir waren dort. Ich baute auch den Radständer ab und verstaute ihn im Kofferraum. Eine Verabschiedung mit Umarmung und Küssen und ich war alleine. Allein für die nächsten zehn (?) Tage. Ein letztes Winken und ich ging zum Bahnsteig. Der Zug war schon angekündigt. Einige Radfahrer warteten bereits. Es dauerte nicht lange und der Zug wurde herein geschoben. An der großen Schiebetür erkannte man das Radabteil. Gleich neben der ersten Klasse. Radfahren ein Luxus? Bis ein Bediensteter kam belegte ich einen Sitzplatz. Im ersten Waggon war fast alles reserviert, aber im zweiten hatte ich einen Tisch mit vier Sitzen. Kaum war ich wieder am Bahnsteig wurde die Verladetür geöffnet. Der Bahnbeamte fragte, ob schon Jemand da sei, der bis Bregenz fahre. Nun, das war ich und mein Rad wurde als erstes eingeladen.
So verging auch die Stunde ganz schnell. Ich war müde und schlief ein. Ich saß am Fenster an der Südseite. Es war sehr heiß. Dieser Zug hatte keine Klimaanlage. Gegenüber eine Frau mit ihrem Enkel. Sie fuhren bis Vöcklabruck. Schon in Hütteldorf fragte der Kleine, ob sie bald am Ziel wären. Er wurde mit zunehmender Reise immer lauter und die Frau war sichtlich erleichtert, als sie ausstiegen. In Linz setzte sich eine Frau neben mich. Obwohl drei Sitze frei waren nahm sie den neben mir und begann zu lesen. Das war eng. Sie klappte auch die Armlehne herunter. Es war nicht nur eng, sondern auch heiß. Vor Salzburg stieg sie aus und das "Abteil" gehörte wieder mir alleine.
Dazwischen schrieb ich Emails. Mit Ludwig, um ihm meine Ankunft zu signalisieren und mit Magda wegen morgen.
Im Buch von Markaris las ich weiter. Zum Essen hatte ich zwei Äpfel und eine Banane. Ein fahrbares Restaurant kam vorbei und ich kaufte einen Kaffee und Mannerschnitten.
Nach vier Stunden waren wir in Salzburg. Der Zug war nicht der Schnellste. Halbzeit der Reise.
Bis Innsbruck fuhr er schnell. Dann wurde er langsamer. Er schnaufte durch das obere Inntal und dann durch den Arlbergtunnel, beziehungsweise hinunter ins Rheintal.
Es wurde ¾ 8 bis wir in Bregenz waren. Am Bahnsteig wartete schon Ludwig. Mit einer Rolltreppe ging es hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter zum Bahnhofsgebäude. Ludwig wollte, dass ich das Rad hier am Bahnhof einstelle und es morgen früh zur Weiterfahrt abhole. Wir suchten viele Büros ab, waren aber nicht erfolgreich. Niemand war mehr am Bahnhof. So fuhr ich mit dem Rad zum Haus von Ludwig nach Kennelbach hinauf. Er fuhr mit dem Gepäck im Auto voraus. Vor wichtigen Abzweigungen wartete er. Ich meisterte die ersten Höhenmeter meiner Reise.
Maria und Tochter Claudia warteten schon. Es gab Gulasch und Bier. Wir hatten uns viel zu erzählen. Die beiden Mädchen sind erfolgreich und wohnen in Wien. Claudia ist Lehrerin an einer Privatschule am Karlsplatz und ihre Schwester Rechtsanwaltsanwärterin. Sie will sich später selbstständig machen. In Graz hatte sie Jus studiert und nach Graz will sie wieder zurück. Claudia dagegen hat schon in Wien studiert und hat eben mehr Wurzeln geschlagen.
Nach dem Essen saßen wir noch auf der Terrasse. Es war warm. Man blickt von hier über den Bodensee und weit über das Rheintal hinaus. Es war fast Mitternacht, bis wir ins Bett gingen. Vieles wurde erzählt, aber auch vereinbart. So wollen wir nächstes Jahr gemeinsam Cousine Julia in Marokko besuchen.