15. März bis 29. November 2017
300 Jahre Maria Theresia: Strategin – Mutter – Reformerin
Nach dem erfolgreichen Franz-Josefs-Jahr 2016 steht heuer Maria Theresia anlässlich ihres 300. Geburtstages im Mittelpunkt von vier Austellungen. Sie entstanden wieder in Kooperation von Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H und dem Kunsthistorischen Museum Wien und befinden sich an Orten mit besonderer Beziehung zur Monarchin. Das Hofmobiliendepot ∙ Möbel Museum Wien widmet sich dem „Familie und Vermächtnis“. Maria Theresia gründete das Hofmobiliendepot, das Anfang des 20. Jahrhunderts seinen heutigen Standort in der Andreasgasse fand.
Die Wagenburg zeigt unter dem Motto „Frauenpower und Lebensfreude“ Maria Theresias Selbstdarstellung im Spannungsfeld zwischen weiblicher Identität und ‚männlicher‘ Herrschermacht. Die k.u.k. Wagenburg, seit 1922 in ihrer Lieblingsresidenz Schönbrunn, beherbergt den prächtigen Fuhrpark. Auf Schloss Hof sind „Bündnisse und Feindschaften“, im Schloss Niederweiden „Modernisierung und Reformen“ Themen. Schloss Hof und Schloss Niederweiden ließ sie maßgeblich ausbauen.
Hofmobiliendepot ∙ Möbel Museum Wien : „Familie und Vermächtnis“
1747 setzte Maria Theresia einen Hofmobilieninspektor ein, der mit der Inventarisierung, Pflege und Instandhaltung des hofärarischen Mobiliars beauftragt war. Ursprünglich befand sich das Depot, in Schönbrunn. Mit derzeit etwa 6.500 ausgestellten Objekten handelt es heute sich um eine weltweit einzigartige Möbelsammlung.
Der erste Teil der Schau analysiert den "Mythos Maria Theresia". Viele Denkmäler zu ihren Ehren, sei es in literarischer, musikalischer oder skulpturaler Form, trugen dazu bei. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts sowie nach 1945 spielte Maria Theresia bei der Findung der „österreichischen Identität“ eine entscheidende Rolle. Die immense Bildproduktion hatte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch die Funktion, zentrale Ansprüche und Funktionen habsburgischer Herrschaft zu unterstreichen. Wichtige Stationen dieser „Bildpolitik“ der Regentin wie anlässlich der ungarischen (1741) und böhmischen Krönung (1743) sind Gegenstand des zweiten Teils der Ausstellung an diesem Standort. Maria Theresia brachte 16 Kinder zur Welt, von denen zehn das Erwachsenenalter erreichten. Als Politikerin regierte sie vor, während und nach ihren Schwangerschaften mit eiserner Selbstdisziplin. Bekanntlich wurden alle Töchter und Söhne bis auf Maria Christina politisch gewinnbringend verheiratet. Die Ausstellung beleuchtet ihre Schicksale.
Was die Kunstliebhaberin Maria Theresia betrifft, ist Schloß Schönbrunn ihr beeindruckendstes Erbe. Umbau, Innenausstattung und Garten werden mit Objekten aus der ehemaligen Sommerresidenz dokumentiert. Das wohl kostbarste Objekt der Ausstellung ist der „Blumenstrauß“, ein aus Edel- und Schmucksteinen gefertigtes, fast 3 kg schweres Blütenbouquet. Es besteht aus 2102 Diamanten und 761 Farbsteinen (Smaragd, Granat, Rubin, Achat, Chalcedon, Türkis, Edelopal, Amethyst, Lapislazuli, Topas, Olivin, Turmalin, Spinell u. a.). Der Überlieferung nach ließ Maria Theresia den Blumenstrauß um 1760 für ihren Gemahl Franz Stephan als Überraschung zum Namenstag anfertigen. Ein weiteres Highlight der Ausstellung ist das Frühstücksservice mit dem „Nachtzeug“, Toilettengegenständen aus 18karätigem Gold.
Wagenburg: Frauenpower und Lebensfreude
Maria Theresia nahm ihre Herrscherrechte mit der größten Selbstverständlichkeit in Anspruch und verteidigte sie vehement gegen alle Angriffe. Sie verstand sich dabei aber stets als Ausnahme innerhalb einer ansonsten unantastbaren männlichen Weltordnung. Sie überschritt die Grenzen, welche die Gesellschaft ihrer Zeit Frauen auferlegte, ohne sie prinzipiell in Frage zu stellen. Die junge Maria Theresia war bekannt dafür, dass sie gerne und ausgelassen feierte und tanzte. Zu ihren bevorzugten Vergnügungen gehörte das Reiten, was für Frauen ihrer Zeit höchst ungewöhnlich war. Ein Highlight der Ausstellung stellt das erstmals öffentlich gezeigte Reitzeug der Monarchin dar, dessen prächtige Reitstange mit Reliefporträts des Herrscherpaares verziert ist. Die enge Verknüpfung von Vergnügen und Politik belegt das Damenkarussell, mit dem Maria Theresia während des österreichischen Erbfolgekrieges ebenso subtil wie publikumswirksam zeigte, dass sie auch in traditionell männlich-kämpferischen Disziplinen „ihren Mann“ zu stehen wusste. Auch die großen Schlittenfahrten, mit denen sich die Hofgesellschaft im Winter vergnügte, waren Teil der fürstlichen Selbstdarstellung. Da das Volk seine Herrscher meist nur bei Umzügen im Wagen sah, kam der Gestaltung von Prunkfahrzeugen größte Bedeutung zu. Maria Theresia ließ den Einzugswagen ihres Vaters mit neuen, auf ihre weibliche Herrscheridentität anspielenden Malereien versehen. Für ihre vielen Kinder ließ sie modische Kutschen bauen. Mit diesen „Berlinen“ stellte die Dynastie bei öffentlichen Einzügen ihre beeindruckende personelle Stärke publikumswirksam zur Schau. Die Ausstellung zeigt erstmals eine Auffahrt dieser Wägen mit originaler Anspannung. Ein weiteres Highlight in der Wagenburg bilden Uniformen des Ungarischen St. Stephans-Ordens. Maria Theresia konnte dem Habsburgischen Orden vom Goldenen Vlies nicht vorstehen, der ein reiner Männerbund war. Daher gründete sie 1764 den Königlich-Ungarischen Orden des heiligen Stephan. Er blieb zwar ebenfalls Männern vorbehalten, seine Leitung beanspruchte Maria Theresia jedoch für sich. Das war ebenso ungewöhnlich wie das Konzept eines „Verdienstordens“, für den man nicht durch vornehme Geburt, sondern aufgrund besonderer Leistungen qualifiziert wurde.
Schloss Hof: Bündnisse und Feindschaften
Im Rahmen eines viertägigen opulenten Festes konnte Maria Theresia 1754 zum Kauf von Schloss Hof motiviert werden. Johann Lucas von Hildebrand hatte Österreichs größte Schlossanlage auf dem Lande im Auftrag von Prinz Eugen von Savoyen erbaut. Nach dem Tod ihres Mannes, Kaiser Franz I. Stephan, ließ Maria Theresia Schloss Hof im Stil des Klassizismus um- und ausgestalten und ihr Witwenappartement dort einrichten. Die Hochzeit ihrer Lieblingstochter Maria Christina mit Herzog Albert von Sachsen-Teschen fand 1766 in der Kapelle von Schloss Hof statt.
Am Beginn dieses Ausstellungsteiles steht die „Pragmatische Sanktion“, welche die weibliche Erbfolge und die Unteilbarkeit der habsburgischen Gebiete regelte. Der österreichische Erbfolgekrieg gegen Bayern, Sachsen, Preußen und Frankreich prägte die ersten Jahre von Maria Theresias Regentschaft. In der kurzen Friedensperiode von 1748 bis 1756 machte sie den früheren Feind Frankreich zum Verbündeten. In dieser Konstellation begann 1756 der „Siebenjährige Krieg“, dessen Dimensionen in Europa und den Kolonien in Amerika und Indien in der Ausstellung greifbar gemacht werden. Die österreichische Ratifikationsurkunde des Friedens von Teschen 1779 aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv ist ein Highlight der Schau. Mit diesem Vertrag kam das Innviertel an Österreich.
Weitere wichtige Ausstellungsstücke in Schloss Hof Schachtengemälde und ein Krönungsglaspokal mit Porträt und Inschrift „Vivat Maria Theresia Regina Nostra". Ein exotisches, attraktives Stück stellt ein Hut aus Stroh, Wolle, Zinn, Perlen und Pfauenfedern aus Galizien dar. Durch die erste Teilung Polens 1772 und dank ihrer Vermittlerrolle im Frieden von Küçük Kaynarca 1775 gelang es Maria Theresia, zwei große Provinzen auf friedlichen Weg zu erwerben: das Königreich Galizien und Lodomerien sowie die Bukowina im Nordosten der Monarchie.
Schloss Niederweiden: Modernisierung und Reformen
Schloss Niederweiden wurde 1693/1694 im Auftrag von Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg von Johann Bernhard Fischer von Erlach errichtet. 1726 erwarb Prinz Eugen von Savoyen Schloss Niederweiden. Maria Theresia kaufte es 1755 zusammen mit Schloss Hof und beauftragte zehn Jahre später ihren Hofarchitekten Nikolaus von Pacassi mit dem Um- und Ausbau. Im Rahmen dieser Modernisierung ließ sie die Räumlichkeiten samt Festsaal in der damals beliebten China-Mode ausstatten.
Am Beginn dieses Ausstellungsteils werden das ständische System und die enormen sozialen Unterschiede einprägsam dargestellt. Maria Theresias Reformbemühungen waren nachhaltiger als ihre militärisch-politischen Erfolge oder Niederlagen. Im Festsaal von Schloss Niederweiden lernt man die Denker ihrer Reformen kennen, wie Gerhard von Swieten mit der Universitätsreform oder Joseph Leopold von Daun mit der Militärreform. Mit der Reform von Staat, Steuerwesen, Verwaltung, Schule, Universitäten und Militär setzte Maria Theresia wesentliche Schritte zur Modernisierung ihres Reiches. Sie bediente sich dabei auch einiger Anhänger der Aufklärung wie des Augustiner-Chorherrenpropstes Johann Ignaz von Felbiger. Der Gedanke der Nützlichkeit für das Wohl des Staates und seiner Bevölkerung war an ihrem Handeln klar zu erkennen. Gleichzeitig stand sie selbst als erzkatholische Herrscherin der Aufklärung skeptisch gegenüber. Die Folter schaffte sie erst auf Drängen von Joseph von Sonnenfels ab.
Objekthighlights der Ausstellung „Modernisierung und Reformen“ sind ein ABC-Täfelchen laut Methodenbuch von Ignaz Felbiger, 1775. Von dieser Methode kommt der heute noch verwendete Ausdruck „Taferlklassler“. Im 18. Jahrhundert machte die Medizin (Stichwort Erste Wiener Medizinische Schule) große Fortschritte. An die damals neue Behandlung von Augenkrankheiten - Operation des Grauen Stars - erinnert ein fein gearbeitetes Operationsbesteck. Die 1751 gegründete Maria Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt sollte Söhne aus dem Adel von Soldaten zu Offizieren ausbilden. Acht Bilder in Gouache-Malerei und Pastellkreide-Technik vermitteln einen Eindruck der militärischen, sportlichen und gesellschaftlichen Übungen der Kadetten, die auch Eislaufen, Fahnenschwingen und Tanzunterricht umfasste.
Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm und einen interessanten Katalog.