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Gefahr im Verzug#

WissenschafterInnen der Uni Graz warnen mit internationalen KollegInnen vor Ölförderung in Afrikas großen Seen#

Artenvielfalt im Tanganjika- und im Malawisee
Weltweit einzigartig: die Artenvielfalt im Tanganjika- und im Malawisee. Dort tummeln sich mehrere hundert Tierarten, die jeweils nur in einem der beiden Gewässer vorkommen. Alle Fotos: Koblmüller.
Foto: Uni Graz

Sie zählen zu den artenreichsten Seen der Welt: Im Tanganjika- und im Malawisee tummeln sich mehrere hundert Tierarten, die jeweils nur in einem der beiden Gewässer vorkommen. Ihre fragilen Ökosysteme sind jedoch in höchster Gefahr, sollten die dort geplanten Öl- und Gasförderungen in die Tat umgesetzt werden. 70 WissenschafterInnen aus 17 Ländern schlagen nun Alarm: Auf Basis ihrer Forschungsergebnisse haben sie ein Plädoyer für den umsichtigen Umgang mit diesen einzigartigen Ökosystemen verfasst, das im renommierten Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht wurde.

Unter den ExpertInnen sind neben anerkannten ForscherInnen aus den afrikanischen Anrainerstaaten auch die ZoologInnen um Priv.-Doz. Dr. Stephan Koblmüller, Univ.-Prof. Dr. Kristina M. Sefc und Univ.-Prof. Dr. Christian Sturmbauer von der Karl-Franzens-Universität Graz sowie WissenschafterInnen der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Universität Wien. Die ExpertInnen warnen in ihrem Artikel eindringlich vor Ölbohrungen in den afrikanischen Seen: „Wir sehen an unseren Daten, dass aufgrund verschiedener besonderer Umstände eine Ölpest gerade hier besonders verhängnisvoll wäre“, betont Stephan Koblmüller. Nicht nur die weltweit außergewöhnliche Artenvielfalt wäre bedroht, sondern auch die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen, die für ihre Trinkwasser- und Nahrungsversorgung direkt von den Seen abhängig sind.

Mit Anlauf in die Umweltkatastrophe#

Die globale Nachfrage nach fossilen Energieträgern steigt – trotz Warnungen vor dem beträchtlichen Beitrag, den sie zum Klimawandel leisten. „Die von der Weltöffentlichkeit bislang weitgehend unbemerkten Pläne zu Öl- und Gasförderungen in den großen Seen Ostafrikas werden derzeit intensiv vorangetrieben. Die Regierungen der Anrainerstaaten versprechen sich davon dringend benötigte neue Einkommensquellen“, schildert Koblmüller. Sollten die Vorhaben realisiert werden, sei die Frage jedoch nicht, ob, sondern wann es zu einer Katastrophe kommen wird, warnen die WissenschafterInnen. Verschiedene Faktoren spielen hier zusammen, weiß Koblmüller: „Die großen ostafrikanischen Seen sind relativ geschlossene Ökosysteme. Ein kompletter Wasseraustausch des Tanganjikasees dauert 7000 Jahre. Das bedeutet, dass Jahrtausende vergehen würden, bis sich die Seen von einer Ölpest erholen könnten.“ Ihre Abgeschiedenheit würde die Anlieferung der schweren Ausrüstung, die im Katastrophenfall für eine rasche und effektive Eindämmung einer Verseuchung notwendig ist, außerdem so gut wie unmöglich machen. „Ein weiteres Problem ist die politische Instabilität in dieser Region, wodurch Konkurrenz um fossile Öl- und Gasressourcen leicht zu Sabotageaktionen und bewaffneten Konflikten führen kann“, erklärt Koblmüller.

Die WissenschafterInnen appellieren daher an die EntscheidungsträgerInnen, vor dem Start von Ölförderprojekten zumindest effektive Katastrophenschutzmaßnahmen und -bekämpfungsstrategien zu entwickeln. Weitaus ratsamer wäre es nach Ansicht der ExpertInnen aber, alternative nachhaltige Pläne für eine Regionalentwicklung im Sinne der UN-Sustainable Development Goals zu fördern.

Publikation:#

Abila et al. (2016) Oil extraction imperils Africa’s Great Lakes. Science 354, 651-652. DOI: 10.1126/science.aal1722


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