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Wer macht was im menschlichen Darm?#

Die Mikroorganismen im menschlichen Darm stärken unser Immunsystem oder regeln unsere Nahrungsaufnahme. Aber wer macht hier was – und wie kann man die winzigen Lebewesen eigentlich untersuchen? MikrobiologInnen der Universität Wien entwickeln neue Methoden, um diese Fragen zu beantworten.#

Mikroorganismen im menschlichen Darm
Die Mikroorganismen im menschlichen Darm spielen eine wichtige Rolle für unsere Abwehrkräfte. U.a. bauen sie schwerverdauliche Nahrung ab und liefern uns so zusätzlich Energie.
Foto: David Berry
Am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung entwickelt das Team um Alexander Loy ..., Foto: Universität Wien
Am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung entwickelt das Team um Alexander Loy ...
Foto: Universität Wien
David Berry
... und David Berry neue Methoden, um die Funktionen der vielseitigen Darmbakterien besser zu verstehen.
Foto: Alessandra Riva/Universität Wien

"Activia hilft Ihnen, sich von innen heraus wohlzufühlen": Nahrungsmittel, die lebende Mikroorganismen enthalten, wollen uns gesund und glücklich machen – wenn es nach der Werbung geht. Alexander Loy vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung sieht dies mit einer gewissen Skepsis. "Ich bin kein Fan solcher Werbeversprechungen, glaube aber, dass es in Zukunft bessere und maßgeschneiderte Probiotika geben wird."

Denn eigentlich weiß man noch sehr wenig über die verschiedenen Mikroorganismen im menschlichen Darm. Fest steht, dass sie eine wichtige Rolle für unsere Abwehrkräfte spielen. "Wenn diese Mikroorganismen sozusagen 'gut drauf' sind, stimulieren sie unser Immunsystem und unterstützen so die Abwehr von Infektionen", erklärt Loy. Sie bauen schwerverdauliche Nahrung ab und liefern uns so zusätzlich Energie.

"Oder sie belegen ökologische Nischen im Darm, so dass uns Pathogene nicht mehr besiedeln können, weil der Platz am Tisch bereits besetzt ist", erklärt der Experte weiter. Sein Ziel: herauszufinden, welche spezifischen Aufgaben die verschiedenen Mikroorganismen im menschlichen Darm erfüllen.

Jedem Menschen sein Mikrobiom,...#

Die grundlegenden Funktionen der Mikroorganismen im Darm sind bei vielen Menschen gleich, doch ihre Zusammensetzung und Qualität sind sehr individuell ausgeprägt. Die Art der Ernährung ist der größte Einflussfaktor darauf. Loy beschreibt das so: "Wenn ich in der Früh ein Kipferl esse, wird mein Mikrobiom sehr schnell reagieren – das heißt, bestimmte Organismen wachsen. Gibt es am nächsten Tag Müsli, verändert sich die bakterielle Zusammensetzung im Darm wieder. Das geht schnell, oft von Stunde zu Stunde."

Daneben gibt es aber auch Mikroorganismen, die über einen längeren Zeitraum konstant bleiben, wenn keine drastischen Umstellungen der Ernährungsweise auftreten.

...jedem Mikroorganismus seine Funktion#

Die Zusammensetzung der Mikroorganismen im menschlichen Darm ist bereits weitgehend erforscht. Weniger weiß man über die spezifischen Funktionen der einzelnen Mikroorganismen. Hier setzt das Projekt "Nutrition and the Intestinal Microbiota-Host Symbiosis" an, das von Alexander Loy gemeinsam mit David Berry und ihrem Team an der Universität Wien durchgeführt wird: "Wir entwickeln Methoden, die über die reine Inventarisierung der Mikroorganismen herausgehen", erklärt er. "Dazu ordnen wir verschiedenen Arten spezifische metabolische Funktionen zu und fragen danach, was die Auswirkungen auf den Wirt – also uns Menschen – sind".

Forschungsteam rund um Alexander Loy und David Berry
Foto: D. Berry
Das Thema Darmgesundheit rückt auch immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Im Bild das Forschungsteam rund um Alexander Loy und David Berry beim "Langen Tag des Darms" im Museumsquartier Wien – in einem aufblasbaren Darm-Modell und mit ihren "Lieblings-Mikroben": (v.l.n.r.) David Berry, Barbara Sziranyi, Fatima Pereira, Alessandra Riva, Carina Pfann, Alexander Loy, Benjamin Zwirzitz, Eva Lehner und Orest Kuzyk. (Foto: D. Berry).

Diese Funktionen zu verstehen ist wichtig, zum Beispiel für das treffsichere Eingreifen bei gesundheitlichen Problemen durch medikamentöse Therapien oder durch Ernährungsumstellungen. Verschiedene Personengruppen könnten je nach der Zusammensetzung ihres Mikrobioms für sie passende Behandlungen erhalten. Durch die Entwicklung neuer Forschungsmethoden leistet das aktuelle Forschungsprojekt an der Universität Wien also einen wichtigen Beitrag zur personalisierten Medizin.

Wer isst was?#

Doch wie kommt man den winzigen Organismen auf die Spur? Das Projektteam – Alexander Loy, David Berry und Buck Hanson – verfolgt dazu den Weg der Nahrung durch den menschlichen Körper. "Wir verabreichen Nahrungsbestandteile, die mit stabilen, harmlosen Isotopen markiert sind, und können so mittels Massenspektrometern nachverfolgen, wie sie von mikrobiellen Zellen aufgenommen und verstoffwechselt werden. Gleichzeitig färben wir Mikroorganismen mithilfe von speziellen Sonden ein, um sie zu identifizieren", erklärt Loy.

Um mehr über die Arbeit der Mikroorganismen zu erfahren, werden verschiedene Ernährungsarten miteinander verglichen. Durch die Markierung der Nahrung kann ihre Verarbeitung im Darm nachvollzogen werden: "Wir schauen uns an, wie sich die Mikroorganismen in ihrer Zusammensetzung verändern und wie das den Fluss von Energie und Kohlenstoff zum Wirt beeinflusst."

Indem sie diese Methoden stetig weiterentwickeln, arbeiten die ForscherInnen bei der Enthüllung des komplexen Zusammenspiels von Nahrung und Mikroorganismen mit.

Massenspektrometer NanoSIMS
Foto: Gregor Eder
Mit Massenspektrometern wie dem NanoSIMS der Universität Wien kann die Metabolisierung von markierter Nahrung durch Mikroorganismen und den Wirt nachverfolgt werden. Sie zeigen Veränderungen in der Isotopenzusammensetzung der Zellen und von Abbauprodukten an. (Foto: Gregor Eder)

Den Kleinen auf der Spur#

Mit dem Schwerpunkt auf neuartigen Forschungsmethoden ist das Team rund um Alexander Loy an der Universität Wien bestens aufgehoben. "Unser Department ist weltweit anerkannt für die Entwicklung und Anwendung dieser Methoden der Einzelzellforschung und der Isotopenmarkierung", freut sich der Experte.

Entsprechende Fragen gibt es auch in Zukunft genug: "Was die Mikroorganismen im Darm betrifft, weiß man das meiste noch nicht". Wie wir unsere Darmbakterien bei Laune halten können und ob Probiotika vielleicht doch glücklich machen, werden wir durch die Arbeit seines Teams vielleicht bald erfahren. (gs)

Das vom WWTF geförderte Projekt "Nutrition and the Intestinal Microbiota-Host Symbiosis" läuft von 01.05.2013 bis 31.01.2017 unter der Leitung von Assoz. Prof. Dr. Alexander Loy und Assoz. Prof. Dr. David Berry vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung, Abteilung für Mikrobielle Ökologie.


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