Aspern, Wien 22#
Aspern war bis 1904 eine eigenständige Gemeinde und ist heute ein Stadtteil Wiens im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt.1804 hatte sich Napoleon Bonaparte (1769-1821) zum Kaiser der Franzosen proklamiert und fühlte sich als „wieder erstandener Karl der Große“. Österreich - für ihn der Inbegriff alles dessen, was die Französische Revolution überwinden wollte - war in sämtliche Kriege verwickelt, die Frankreich zur Zeit der Revolution in Europa führte: 1. Koalitionskrieg (1792-97), 2. Koalitionskrieg (1799-1802), 3. Koalitionskrieg (1805) bei dem Napoleon Wien einnahm. Nach umfangreichen Vorbereitungen wie der Aufstellung einer Landwehr erklärte Österreich am 9. April 1809 Frankreich den Krieg. Napoleon besetzte neuerlich Wien, wurde am 21./22. 5. 1809 in der Lobau bei Aspern - erstmals in seiner Karriere - besiegt, bezwang die Österreicher aber am 5./6. Juli 1809 bei Wagram. Historiker sprechen von 10.000 Toten in den beiden Schlachten. Erst in der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) wurde er entscheidend geschlagen, in der Folge zur Abdankung gezwungen und der Wiener Kongress (18.9.1814 - 9.6.1815) zur Neuordnung Europas einberufen.
Den Franzosen mit 65.000 Mann, 10.000 Reitern und 152 Kanonen standen die Österreicher mit 84.000 Mann, 14.250 Reitern und 288 Kanonen gegenüber. Gefeierter Sieger von Aspern war Erzherzog Carl (1771 - 1847), der Bruder Kaiser Franz II. (I). Der bedeutendste österreichische Monumental-Plastiker des Historismus, Anton Dominik Fernkorn, schuf sein Reiterstandbild auf dem Heldenplatz (1853-1859) - und ein weiteres patriotisches Denkmal, den „Löwen von Aspern“ (Bild) für die 1809 gefallenen österreichischen Soldaten (1855-58). Das Monument steht vor der einst heiß umkämpften Pfarrkirche von Aspern. Das Dorf wechselte in zwei Kriegstagen sieben mal den Besitzer, alle Häuser und die Kirche waren niedergebrannt.50 Jahre nach der Schlacht wurden in der Lobau fünf obeliskartige Gedenksteine gesetzt. Der Napoleon-Rundwanderweg beginnt nächst dem Ölhafen und dem beliebten Wildbadeplatz Panozzalacke beim Brückenkopf der Franzosen. Napoleons Schanze, angeblich die größte dieser Art in Europa, bildete den Brückenkopf. 400 Reiter und 5500 Soldaten überquerten hier eine Pontonbrücke, ehe sie brach. Teile wurden vom Hochwasser weggerissen, zudem setzten die Österreicher brennende Schiffe ein, um die Brücke zu zerstören.
Unweit des Brückenkopfes richtete Napoleon sein Hauptquartier ein und dirigierte den Truppenaufmarsch von einem Zeltlager aus. Die Napoleon-Straße führt zur Schanze. Diese befand sich, durch das Oberleuthner Wasser getrennt, in der unteren Mühlau und ist nicht mehr zugänglich. Die französische Munition lagerte auf einer hochwassersicheren Anhöhe im Pulvermagazin. Von den Franzosen wurden 24.300 Artillerie- und 1,600.000 Infanteriegeschosse abgegeben, die Österreicher berschossen 53.000 Granaten.
Der Obelisk am Friedhof der Franzosen erinnert an das schreckliche Ende: 2000 bis 3000 Soldaten ruhen hier in einem Massengrab.
Die letzte Station ist die Übergangsstelle der Franzosen über den Fluss. Am 4. Juli 1809 übersetzte die Armee Napoleons unter anderem an dieser Stelle den Donauarm von Groß-Enzersdorf. Sie eilten nach Osten, schossen Groß-Enzersdorf in Brand und zogen weiter nach Deutsch-Wagram. Dort wurden die Österreicher von Napoleon geschlagen.
Erzherzog Carl schloss ohne politische Rücksprache mit dem Kaiser oder dem Außenminister einen Waffenstillstand und trat selbst von der Armee zurück. Franz II. (I.) nahm die Friedensbedingungen Napoleons an: der Friede von Schönbrunn trennte die Monarchie vom Meer und gab Tirol preis. Österreich musste seine Armee auf 150.000 Mann reduzieren und 85 Millionen Francs Kriegsentschädigung zahlen. Die Folge war eine Zerrüttung der Staatsfinanzen. Nach 158 Tagen verließ Napoleon als Sieger das Schloß Schönbrunn.
Siehe auch: Napoleonische Kriege
Literatur: Helga Maria Wolf: Spurensuche Wien, Rundgänge durch die Geschichte. Erfurt 2007