Vor dem Nationalfeiertag 2011: Die Symbole der Republik heute#
von Peter DiemDer bevorstehende Nationalfeiertag, der heuer unter dieser Bezeichnung zum 45. Mal begangen wird, ist ein guter Anlass, über jene Symbolik nachzudenken, die sich die Republik nach den vielen Brüchen ihrer jüngsten Geschichte als quasi „endgültig“ gegeben hat. Dazu zählen das Bundeswappen, die Fahne, die Bundeshymne und eben der Nationalfeiertag.
Bundeswappen von 1919 #
wurde 1945 um die gesprengte Eisenkette als Zeichen der Befreiung vom Nationalsozialismus erweitert. So wie schon 1919, wurde auch 1945 im Staatsgesetzblatt eine Anlage nachgereicht, die eine Zeichnung des Bundeswappens enthält. Dies war auch 1984 so, als das 1981 in die Verfassung aufgenommene Bundeswappen durch das Wappengesetz näher bestimmt wurde.Leider sind die drei Zeichnungen in ihrer Ausführung verschieden. 1919 wurde ein künstlerisch ausgeführtes Schwarzweißbild verwendet. 1945 folgte ein streng heraldisches Schwarzweißbild und 1984 ein künstlerisch ausgeführtes Farbbild. Die Folge: bis heute gibt es zwei verschiedene Ausführungen des Bundeswappens und der offiziellen Staatsflagge – je nachdem, ob man bei einer Wiener Traditionsfirma (schwarzer Adler) oder bei einem Mittersiller Provinzunternehmen (graumelierter Adler) kauft. Jedenfalls ein weltweit einmaliger Zustand.
Die Lösung: Ersatz der in der Praxis nur schlecht verwendbaren Wappenzeichnung 1984 (BGBl. 159/1984) durch eine farbige Version der einfachen, heraldisch korrekten Zeichnung 1945 (StGBl. 22/1945).
Die rot-weiß-roten Farben #
Besucht man große Sportveranstaltungen, vor allem von Fußball und Skilauf, wird man feststellen, dass viele Fans nicht die rotweißrote Nationalflagge, sondern Rotweißrot mit Bundesadler – also die den Behörden vorbehaltene Bundesdienstflagge – mitgebracht haben und damit die österreichische Mannschaft anfeuern.
Hier haben wir es mit einer gesellschaftlichen Entwicklung zu tun, die von der Gesetzgebung nachzuvollziehen wäre. Demokratiepolitisch übrigens ein interessanter Vorgang: der Gedanke einer Flagge, die einer „Obrigkeit“ mit Behördenautorität vorbehalten ist, passt ohnedies nicht ganz in eine Zeit, in welcher Behörden und Ämter mehr ihren Servicecharakter als ihr „Imperium“ betonen. Dazu kommt offenbar eine durchaus gesunde Identifikation der jungen Generation mit dem Staat, in dem sie aufgewachsen ist – der jenseits jeder Diskussion stehenden demokratischen Republik Österreich.
Die Bundeshymne#
Eine etwas andere, aber doch auch ähnliche soziologische Entwicklung steht hinter der Forderung, der historischen Leistungen der Österreicherinnen durch Aufnahme des Begriffes "Töchter" in die Bundeshymne Rechnung zu tragen. Der damit verbundene Aufschrei des österreichischen Konservativismus hatte und hat vor allem literarische und sprach-ästhetische Gründe. Wie man nicht in ein Kugellager eine Kugel einfügen kann, ohne eine andere herauszunehmen, kann man nicht einen Vers um ein Wort ergänzen, ohne auf ein anderes zu verzichten. Aber auch hier gibt es eine Lösung:
Die Verse "Heimat bist Du großer Söhne,/Volk begnadet für das Schöne" können ohne sprachliche Verrenkung ersetzt werden durch:
"Großer Töchter, großer Söhne/Volk begnadet für das Schöne".
Das Argument, ein Gedicht dürfe überhaupt nicht verändert werden, sticht schon deshalb nicht, weil der ursprüngliche, von Paula von Preradović vorgelegte Entwurf des Hymnentextes von der Jury 1947 zwar angenommen, in der ersten und dritten Strophe aber entscheidend verändert wurde, da das vorgelegte Dichterinnenwort schon damals dem Bewusstseinsstand der Republik nachhinkte. Schon 1947 waren die Verse weder formal noch inhaltlich zur Gänze akzeptabel, wie die folgende Gegenüberstellung zeigt.
Der Nationalfeiertag #
Bleibt uns noch, ein paar Überlegungen zum österreichischen Nationalfeiertag anzustellen. Nach jahrzehntelangen Bemühungen, ein für alle politischen Kräfte akzeptables Datum zu finden, beschloss der Nationalrat am 28. Juni 1967 (BGBl. 263/1967) einen sehr einfachen Gesetzestext, dem eine längere Präambel vorangestellt wurde:"Eingedenk der Tatsache, dass Österreich am 26. Oktober 1955 mit dem Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 211/1955 über die Neutralität Österreichs seinen Willen erklärt hat, für alle Zukunft und unter allen Umständen seine Unabhängigkeit zu wahren und sie mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen, und in eben demselben Bundesverfassungsgesetz seine immerwährende Neutralität festgelegt hat, und in der Einsicht des damit bekundeten Willens, als dauernd neutraler Staat einen wertvollen Beitrag zum Frieden in der Welt leisten zu können, hat der Nationalrat beschlossen:
Artikel I: Der 26. Oktober ist der österreichische Nationalfeiertag. Artikel II: Der österreichische Nationalfeiertag wird im ganzen Bundesgebiet festlich begangen...
Gekürzt veröffentlicht in der "Wiener Zeitung" vom 25.10.2011