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Bauernbefreiung#

Die Lockerung der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der Bauern von einer Grundherrschaft erfolgte seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, die Beseitigung 1848.

Obwohl es in den österreichischen Ländern große Unterschiede (in Nordtirol und in den gebirgigen Gegenden Vorarlbergs hatten die Bauern viele Freiheiten) und fast keine Leibeigenschaft gab, milderte Maria Theresia 1778 generell die Robotleistungen.

Joseph II. führte 1781 durch das Untertansstrafpatent, die Festlegung des Beschwerderechts und die Robotablöse wesentliche Erleichterungen ein. Er ordnete 1789 eine Steuerreform zugunsten der Bauern an, die aber nach seinem Tod nicht durchgeführt wurde.

Das Feudalsystem wurde erst abgeschafft, als im Reichstag von 1848 der aus Schlesien stammende Abgeordnete Hans Kudlich den Antrag auf Aufhebung der "Untertänigkeit mit allen daraus entsprungenen Rechten und Pflichten" stellte. Mit einem am 7. 9. 1848 von Kaiser Ferdinand unterzeichneten Patent wurden die Untertänigkeit und das "schutzobrigkeitliche Verhältnis" aufgehoben und die Entlastung von Grund und Boden durch eine Entschädigung der Vorbesitzer angeordnet.

In den Folgejahren stellten Kommissionen diese Entschädigung für die bisherigen Grundherren (2 Drittel des Schätzwerts) und die im Lauf von 40 Jahren abzugeltenden Verpflichtungen der nun Eigentümer gewordenen Bauern fest. Anstelle der Herrschaften musste der Staat Gemeinden, Bezirksverwaltungen und Gerichte gründen.


Die Folgen der Befreiung waren für die Bauern nicht nur positiv, denn an die Stelle der grundherrlichen Abgaben traten Steuern des Staates, der Länder und Gemeinden. Die 1. Generation kannte auch die marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht, nach 1868 entstanden durch Teilungen viele kleine, kaum lebensfähige Betriebe, so dass die Verschuldung wuchs.

Erst die darauf folgenden Generationen konnten den Niedergang des Bauernstands abwenden und durch Genossenschaften neue Marktorganisationen schaffen.

Literatur#

  • Ausstellungskatalog Der steirische Bauer, 1966
  • Ausstellungskatalog Hans Kudlich und die Bauernbefreiung in Niederösterreich, 1983






Die Bauernbefreiung war schon eine der größten Errungenschaften der Revolution von 1848, war aber auch gleichzeitig von starker politischer Ambivalenz gekennzeichnet, weil sie gleichzeitig wesentlich zu ihrem Scheitern beitrug. Denn nach dem Wegfall der Leibeigenschaft, des jus primae noctis, der Einführung der Freizügigkeit etc. und dem Erhalt staatsbürgerlicher Rechte verloren die Bauern rasch das Interesse an der Revolution, da ihre Forderungen weitgehend erfüllt waren, wodurch der Revolution nun die Basis der Masse fehlte.

Die zahlreichen aus völliger Verzweiflung resultierenden Bauernkriege etwa ab der frühen Neuzeit zeigen eindeutig, wie drückend das System der geistlichen und weltlichen Grundherrschaften auf dem Bauernstand lag. Nur Stadtluft machte damals frei.

Dass es nach der Bauernbefreiung zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten kam liegt in der Natur der Sache, da ja keine Infrastruktur etwa für die Vermarktung der Produkte des nunmehr freien Bauernstandes geschaffen wurde, sondern lediglich ein juristischer Statuswechsel eintrat. Das Problem wurde erst später - wie im Beitrag völlig richtig dargestellt - unter anderem durch das Genossenschaftswesen gelöst. Dessen ungeachtet ist die Bauernbefreiung von 1848 eine absolute und unabdingbare "conditio sine qua non" für die Entwicklung einer leistungsfähigen Landwirtschaft der Habsburger-Monarchie im Sinne eines bahnbrechenden epochalen Ereignisses. Der Artikel scheint die nur zunächst negativen Begleitumstände zu sehr zu unterstreichen. Immerhin wurde durch die Abschaffung der Grundherrschaften auch eine moderne Verwaltung geschaffen, von der keineswegs nur die Bauern profitierten. Dies klingt ja auch im Beitrag deutlich an.

Bei der in der Monarchie vorherrschenden retardierenden "nolens- volens" Politik, bei der man auf halben Wegen und mit halben Mitteln lediglich zu halben Zielen (Grillparzer) zu kommen versuchte und bestrebt war, diese erreichten halben Ziele so rasch wie möglich wieder rückgängig zu machen (Neoabsolutismus sofort nach Niederschlagung der 48- Revolution) liegen Probleme der Systemumstellung in der Natur der Sache, wobei es zunächst darum gehen mußte, den erreichten rechtlichen Status gegenüber der klerikal-konservativen Reaktion zu behaupten. Erst nach den beiden Niederlagen von 1859 (Magenta und Solferino) beginnt Kaiser Franz Joseph mit dem Oktoberdiplom und dem Februarpatent sich langsam vom Neoabsolutismus zu entfernen.

Diese zögerliche Vorgangsweise machte Österreich aber für Gesamtdeutschland völlig unattraktiv, da Bismarck diesem ein politisch und wirtschaftlich modernes Preußen entgegenstellte und mit diesem den "Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland" (Heinrich Friedjung) gewinnt. Vielleicht könnte der Autor des ausgezeichneten Artikels in die Diskusssion eintreten ?

--Glaubauf Karl, Samstag, 21. August 2010, 09:33