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Industrie#

Teilbereich des produzierenden Gewerbes, in dem aus Rohstoffen und Halbfabrikaten Investitions- und Verbrauchsgüter hergestellt werden. Kennzeichen der industriellen Produktion sind der hohe technische Einsatz und die große Stückzahl. Dennoch ist der Übergang zum Handwerk fließend und statistisch schwer zu erfassen. Die Entwicklung der Industrie und die Durchsetzung industrieller Produktionsverfahren gelten als Schlüsselgrößen einer Industriegesellschaft. Als Ergebnis eines Industrialisierungsprozesses werden die sozioökonomischen Strukturen, Arbeits- und Lebensbedingungen, Normen- und Wertesysteme einer Agrargesellschaft aufgebrochen und radikal verändert. Der verstärkte Kapitaleinsatz, hochentwickelte Technologie, starke Arbeitsteilung, hohe soziale und räumliche Mobilität und die stärkere Konzentration der Wohnbevölkerung sind die Kennzeichen.


In Österreich nimmt die Industrie einen geringeren Stellenwert ein als in anderen Staaten. Im Zuge der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts wurden die Industriestandorte in Böhmen, Mähren und Schlesien ausgebaut, in Österreich blieb die Industrie auf einige wenige Regionen beschränkt: die Mur-Mürz-Furche, das südliche Wiener Becken, das Rheintal. Österreich kann daher im 19. und frühen 20. Jahrhundert als industrialisierter Agrarstaat bezeichnet werden. Erst im 2. Weltkrieg und in den Jahrzehnten des Wiederaufbaus setzte eine "verspätete Industrialisierungswelle" ein. Bevor jedoch die Industrialisierung ihren Höhepunkt erreichte, begann bereits die Gegenbewegung.


Nach dem 2. Weltkrieg gelang es, einen erheblichen Teil der Rüstungsindustrie weiterzuführen und in die zivile Produktion umzuleiten, wobei der Großteil dieser Betriebe am 26. 7. 1946 verstaatlicht wurde. Die Sowjetunion beanspruchte aber in ihrer Zone etwa 30 % der Industriekapazität (232 Betriebe) als deutsches Eigentum und ließ sie unter der Leitung der USIA für ihren Bedarf produzieren. Durch das 1. Verstaatlichungsgesetz wurden die Anteilsrechte an rund 70 Unternehmungen den verstaatlichten Banken (CA, Länderbank, ÖCI) übertragen, die übrigen wurden bei wechselnden Gesellschaftsformen vom Staat verwaltet. Mit Hilfe des Marshall-Plans wurden sie und die Privatbetriebe wieder aufgebaut, modernisiert und in die westeuropäische Wirtschaft eingegliedert. 1946 hatte die Industrie 44 % des Vorkriegsvolumens, 1949 überschritt sie dieses um 23 %, bis 1954 stieg die Zahl der Beschäftigten aller Sparten um 68 %. Der Aufschwung war je nach Branche unterschiedlich, vor allem im Bereich der Investitionsgüter groß, weniger bei der Konsumgüterindustrie. Insgesamt gelang aber der Durchbruch zum Industriestaat. Ende der 50er Jahre wurde die Industriepolitik vernachlässigt, Rezessionserscheinungen 1958 waren die Folge. 1956 wurden die verstaatlichten Betriebe der Industrie- und Bergbauverwaltung (IBV) unterstellt, waren aber weiterhin starkem politischem Einfluss ausgesetzt. In den 60er Jahren konnte die Industrie aller Sparten ihre Kapazitäten beträchtlich ausbauen, doch kam es um 1967 zu einem erneuten Einbruch, die Zahl der Industriebeschäftigten ging um 45.000 zurück, die Produktion stieg hingegen um 76 %. Noch immer kennzeichneten Strukturschwächen die Industrie in Österreich. 1966 wurde die ÖIG (seit 1970 ÖIAG) geschaffen, die zu einer strafferen Organisation der verstaatlichten Betriebe führen sollte, Konzentrationen wurden vorgenommen (ab 1972 im Stahl- und Chemiebereich), sie führten aber oft zu keinem Erfolg. Ausländisches Kapital musste zunehmend in Anspruch genommen werden, auch Probleme mit der EWG wurden spürbar. Besonders die alte "Schornsteinindustrie" geriet in Schwierigkeiten, doch konnten sich auch neue Produkte nicht immer durchsetzen (Insolvenzen von Eumig und Klimatechnik). Neugründungen waren von aufwendigen staatlichen Förderungen abhängig (General Motors bzw. Opel Austria in Aspern). Mitte der 70er Jahre setzte der Rückgang der Textilindustrie ein. Zusätzliche Belastungen entstanden durch Umweltauflagen. Einer großen Anzahl von Betrieben gelang die Umstellung auf neue Produkte (Autozulieferungen). 1983 begannen Creditanstalt-Bankverein und Länderbank (Bank Austria AG) mit dem Verkauf von Konzernbetrieben. Schließungen trafen auf großen Widerstand in den betroffenen Regionen. Seit 1993 kam es zu einer weitgehenden Auflösung der verstaatlichten Industrie mit starkem Rückgang der Beschäftigten, einer tiefgreifenden Umstrukturierung und einer teilweisen Privatisierung. Viele bisherige Industriestädte (Wiener Neustadt, Ternitz, St. Pölten, Steyr, im Mürz- und Murtal) verloren einen beträchtlichen Teil ihrer Kapazität. Bis Ende der 90er Jahre wurden erste positive Auswirkungen dieser schmerzhaften Strukturanpassung sichtbar: Die Beschäftigtenzahl stabilisierte sich wieder annähernd, auch unter dem Druck der Globalisierung können viele österreichische Industriebetriebe wieder auf eine Aufwärtsentwicklung verweisen.


In Österreich waren 1997 in 3849 Industriebetrieben 448.282 Personen beschäftigt. Der Wert der abgesetzten Produkte betrug 1523 Milliarden Schilling. Dies belegt die relativ kleinbetriebliche Struktur der österreichischen Industrieunternehmen: 1995 waren 18,2 % der erfassten Industriebeschäftigten in Unternehmen mit bis zu 19 Mitarbeitern tätig, 23,8 % entfielen auf Unternehmen mit 20-99 Beschäftigten und 58 % auf Unternehmen mit 100 und mehr Beschäftigten. Die österreichische Industrie befindet sich in einem tiefgehenden Strukturwandel. Die traditionelle Schwerindustrie (verstaatlichte Industrie) ging bis Mitte der 90er Jahre stark zurück. Die Produktion kommt mit weniger Beschäftigten aus, wird in das Ausland verlagert oder kann durch höhere Kosten mit den im Ausland hergestellten Produkten nicht mehr konkurrieren. Davon besonders betroffen sind Bergwerke sowie Leder-, Textil- und Bekleidungsindustrie.


Die Verteilung nach Bundesländern zeigt die starke Konzentration der Produktion auf Niederösterreich (23,5 %), Oberösterreich (21,8 %), Wien (16,9 %) und die Steiermark (15,6 %), mit großem Abstand folgt Tirol mit 5,6 %, an letzter Stelle liegt das Burgenland mit 1,5 %.


Wichtigstes Exportland der österreichischen Industrie ist Deutschland mit 35,1 % (1997), gefolgt von Italien mit 8,3 % sowie Ungarn und der Schweiz mit jeweils 4,9 %.


Sehr hoch sind im internationalen Vergleich die Lohnnebenkosten der österreichischen Industrie; mit 99 % gegenüber dem Leistungslohn lag Österreich 1997 hinter Italien weltweit an 2. Stelle; die durchschnittlichen Arbeitskosten pro Stunde betrugen in der österreichischen Industrie 1996 270,10 Schilling und lagen damit deutlich über dem EU-Durchschnitt (233,10 Schilling).


--> Historische Bilder zu Industrie (IMAGNO)

Literatur#


  • Austrian Industries, Bundessektion Industrie, Industriellenvereinigung (Hg.), Industriestandort Österreich, 1993
  • E. Bendl, Motive der Standortwahl und Attraktivität des Industriestandortes Österreich, 1993
  • Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen (Hg.), Wirtschaftsstandort Österreich, 1994