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274 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Auch kann in einem derartigen Fall der Aufwand der Wiederher-
stellung oder Wiederbeschaffung der Daten mE nichts über die Inten-
sität der Rechtsgutbeeinträchtigung aussagen, da in vielen Fällen der
Affektionswert für den Berechtigten den reinen finanziellen Vermö-
genswert übersteigen dürfte. Demnach besteht wohl auch ein von der
gesellschaftlichen Entwicklung und informationstechnischen Durch-
dringung getragenes Schutzbedürfnis für – nicht völlig unbedeutende –
digitalisierte Information, selbst wenn kein objektiv bestimmbarer
Vermögenswert damit verbunden sein mag. Trotz der strafrechtlich
prinzipiell schwer zu fassenden Erscheinungsformen und Merkmale
der Information selbst, die durch Ubiquität, verlustfreie Reproduzier-
barkeit und Virtualität maßgeblich gekennzeichnet sind, wurde iZm
§ 126 a neben dem Rechtsgut des » Vermögens « weitgehend auch das
» Interesse am Fortbestand und der Verfügbarkeit der Daten « als grund-
sätzlich gleichwertiges 1371 Rechtsgut anerkannt.1372 Treffenderweise ist
mE als Sammelbegriff für » Schäden bezüglich Daten « der in einem
anderen Zusammenhang bekannte Terminus des » Informations-
werts « heranziehen. Dies lässt sich damit begründen, dass der Wortteil
» Wert « auf eine für den Berechtigten bedeutende ( iSv gewichtige ) » Sa-
che « verweist, sei es aus vermögensrechtlicher Sicht im engen Sinn ( zB
ein kommerzielles Computerprogramm; iSd Tauschwerts ), aus vermö-
gensrechtlicher Sicht im weiteren Sinn ( zB Nutzung einer kostenlosen
» Open Source «-Software; Gebrauchswert bzw objektives Gebrauchsin-
teresse ) oder aus einer besonderen Vorliebe bezüglich des Informati-
onsgehalts dieser Daten 1373 ( zB digitale Personenfotos; Affektionswert
bzw subjektives Gebrauchsinteresse ). Resultiert aus den Daten näm-
lich keine für den Berechtigten relevante und zu bewahrende Infor-
mation, so sind sie für den Berechtigten faktisch 1374 nutz- und bedeu-
tungslos und fallen nicht unter den Schadensbegriff des § 126 a. Man
könnte daher das in Anbetracht des Rechtsgüterschutzes erforderliche
Werterfordernis für einen Schaden iSd § 126 a Abs 1 im » Informations-
wert « ( im weiteren Sinn ) zusammenfassen. Daraus folgt e contrario,
dass die bloße » Information « an sich, an der also weder ein objekti-
1371 Wobei die dogmatische Realisierung dies nicht widerspiegelt ( zB keine geeignete
Qualifikationsnorm bei entsprechender Verletzung des subjektiven Gebrauchsin-
teresses ).
1372 Vgl etwa jüngst Komenda / Madl in SbgK § 126 a Rz 15 ff.
1373 Entspricht dem Informationswert der Daten im engeren Sinn.
1374 Selbst, wenn sie technisch gesehen eine Information bereithalten.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik