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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
Eine schwere Funktionsstörung liegt daher auch dann vor, wenn
lediglich Dritte ( zB Internetnutzer ) nicht auf veröffentlichte Daten
zugreifen können, weil der Web-Dienst ( iS eines Computersystems )
eines Servers zum Absturz gebracht wurde, selbst wenn der System-
inhaber über die im System gespeicherten Daten weiterhin verfügen
könnte. Die Möglichkeit des Systeminhabers, über die Daten zu verfü-
gen, spielt für die Tatbestandsmäßigkeit des § 126 b Abs 1 keine Rolle.
Vielmehr kann diese aber für die Anwendbarkeit und den etwaigen
Vorrang des § 126 a ausschlaggebend sein. Dies mag zwar angesichts
der grundsätzlich im Vermögensstrafrecht angesiedelten Strafbestim-
mung sonderbar anmuten, lässt sich aber aufgrund der Subsidiari-
tätsklausel des § 126 b Abs 1 zu Gunsten des § 126 a wohl letztlich doch
schlüssig begründen.1495
Betrachtet man das Tatobjekt des § 126 b Abs 1 genauer, so stellt
man fest, dass nicht das Computersystem an sich gemeint ist, son-
dern dessen » Funktionsfähigkeit «. Die vom Gesetzgeber gewählte Ter-
minologie ist diesbezüglich unpräzise, denn Art 5 CCC wie auch Art 4
Richtlinie 2013 / 40 / EU stellen auf die » Funktionsweise « bzw den » Be-
trieb « eines Computersystems ab ( arg » functioning « ). Ein Computer-
system, das durch einen DoS-Angriff derart lahmgelegt wird, dass das
Antwortzeitverhalten dieses Systems ( hins Netzwerkauslastung, Anfra-
gendichte und Bearbeitungszeit des Servers ) iS einer schweren Störung
massiv verlängert wird, ist nämlich in seinem » Betrieb « bzw seiner
» Funktionsweise « gestört, nicht aber in seiner generellen » Funktions-
fähigkeit «. Unter der tatbildlichen » Funktionsfähigkeit eines Compu-
tersystems « ist daher konventions- und richtlinienkonform der » Be-
trieb « oder die » Funktionsweise « eines Computersystems zu verstehen.
3. Verfügungsberechtigter
Um den objektiven Tatbestand zu erfüllen, darf der Täter über das Ta-
tobjekt nicht oder nicht allein verfügen dürfen. Ist der » Täter « alleini-
ger Verfügungsberechtigter über das Computersystem, dessen Betrieb
er schwer stört, so entfällt der Tatbestand. Speichern mehrere Nutzer
Daten, über die sie jeweils alleine verfügungsberechtigt sind, auf ei-
nem Computersystem, so impliziert dies nicht, dass diese Nutzer auch
1495 Siehe dazu gleich im Anschluss.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik