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310 Christian Bergauer
Christian Bergauer • Das materielle
Computerstrafrecht¶
Man könnte darin eine » Qualifikationsnorm hins der Beeinträchtigung
des Affektionsinteresses « erblicken.
Wie bereits oben näher ausgearbeitet führt ein unbestimmter – äu-
ßerst interpretationsbedürftiger – Zeitfaktor zu einer qualifizierten
schweren Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems,
nicht aber die Höhe des Schadens oder der Wert einer Sache. Ein fi-
xes Zeitmaß ist nicht angegeben, was eine Konstatierung der Delikts-
qualifikation in objektiver, aber vor allem auch in subjektiver Hinsicht
erschwert. Dies rührt daher, dass nach den GMat bereits bei der » ein-
fachen « schweren Störung im Grunddelikt die Dauer der Störung eine
gewisse Relevanz besitze.1544 Öhlbäck / Esztegar sind allerdings der Mei-
nung, dass es im Grunddelikt nicht auf die Zeitdauer der Störungs-
handlung ankomme.1545
Für die Beurteilung einer längere Zeit andauernden Störung ist
mE – wie bereits bezüglich des Grunddelikts – eine » dynamische Be-
trachtung « indiziert, die verschiedene Faktoren berücksichtigt. Dass
die schwere Störung an einem Wochenende verursacht wurde, der Sys-
temverantwortliche auf Urlaub ist oder ein vom Systemberechtigten
beauftragter Techniker aufgrund seiner geschäftlichen Auslastung erst
nach ein paar Tagen die Störung beheben kann, darf freilich nicht zur
Erfüllung des Qualifikationstatbestandes führen.
Das umstrittene Verhältnis von § 126 b und § 126 a entsteht mE vor
allem dadurch, dass einerseits beiden Delikten, aufgrund ihrer syste-
matischen Positionierung und der zumindest ausdrücklich in § 126 a
Abs 1 verlangten tatbildlichen Schädigung 1546, das Rechtsgut » Vermö-
gen « zu Grunde liegt. Andererseits wird aber auch mit § 126 a das » In-
teresse am Fortbestand und an der Verfügbarkeit der Daten « 1547 bzw
mit § 126 b das Interesse an der Verwendbarkeit 1548 des Computersys-
tems 1549 im Schrifttum genannt, weshalb sich der Schutzmantel die-
ser Bestimmungen über das Vermögen hinaus auch abstrakt über das
Rechtsgut » Privatsphäre « ausbreitet.1550
1544 Vgl ErlRV 1166 BlgNR XXI. GP, 29; siehe auch ErlRV 285 BlgNR XXIII. GP, 8.
1545 Siehe Öhlbäck / Esztegar, JSt 2011, 126.
1546 Siehe dazu auch den Vergleich zur Sachbeschädigung in JAB 359 BlgNR XVII. GP, 17.
1547 Triffterer in SbgK § 126 a Rz 21 ( aF Stand Dezember 1992 ).
1548 Im Sinne einer uneingeschränkten Verwendbarkeit des Systems und seiner instal-
lierten Dienste ( » Schutz der Systemintegrität « ).
1549 Siehe dazu auch Reindl-Krauskopf in WK 2 § 126 b Rz 5.
1550 Siehe ähnlich Seling, Privatsphäre, 82.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik