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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
ternehmen wird diese bereits vorhandenen » tatbildlichen « Software-
Werkzeuge weiterhin auf seinen Datenträgern gespeichert haben und
ggf auch weitere dem technischen Stand angepasste Malware herstel-
len oder sich verschaffen. Auch ein Handwerker entledigt sich nicht
nach jeder Geschäftsbesorgung seiner Werkzeuge.
Um nicht schon zu diesem Zeitpunkt der » Vorbereitungshandlung «,
in dem eines der in Z 1 genannten Delikte weder vollendet noch ver-
sucht ist, gedanklich die Stufen der strafrechtlichen Falllösung – Tat-
bestandsmäßigkeit ( objektive und subjektive Merkmale ), Rechtfer-
tigungsgründe ( zB Einwilligung ) usw – des vom Täter angestrengten
( Haupt- ) Delikts prüfen zu müssen, sollte der Gesetzgeber § 126 c Abs 1
jedenfalls entsprechend konkretisieren. Dazu wäre es sinnvoll, auf den
in Art 6 Abs 2 CCC genannten Entfall der Strafbarkeit im Falle des au-
torisierten Testens 1694 oder zum Schutz von Computersystemen abzu-
stellen. Dennoch würde sich eine Straflosigkeit nur mangels Erfüllung
der subjektiven Tatelemente realisieren lassen.
Man könnte nun auch daran denken, dass ein solches Handeln
der IT-Sicherheitsunternehmen noch als von der Allgemeinheit gebil-
ligtes und daher sozial adäquates Tun zu verstehen ist, das gar kein
tatbestandsmäßiges Unrecht iSd in Betracht kommenden Vorberei-
tungsdelikts darstellt und dadurch bereits die Tatbestandsmäßigkeit
nicht gegeben ist. Die mangelnde Rechtswidrigkeit könnte daher als
( ungeschriebenes ) allgemeines Deliktsmerkmal verstanden werden,
weshalb der Tatbestand des § 126 c Abs 1 bei » gerechtfertigten « IT-Si-
cherheitsexperten nicht erfüllt wird. Dies ließe sich damit begründen,
dass ein Straftatbestand idR nur ( strafrechtliches ) Unrecht in Bezug
auf das zu schützende Rechtsgut beschreibt und er es somit nicht ver-
mag, sozial adäquate Verhaltensweisen zu determinieren. Aus diesem
Grund ist der Tatbestand entsprechend einzuschränken. Allerdings ist
dabei darauf zu achten, dass bei einigen weiteren Delikten ( zB § 119,
§ 119 a, § 148 a ) ebenfalls äußere Verhaltensweisen beschrieben sind,
die per se keine soziale Unverträglichkeit darstellen und lediglich über
die Innentendenzen des Täters ihre insgesamt soziale Inadäquanz er-
langen. Das betrifft zB die Definitionen der objektiven Tatbestände in
§ 119, 119 a ( iSv Benützen einer Vorrichtung ), § 148 a ( iSv Beeinflussen
» Pop-Up «-Fenster angezeigt bekommt, die ihn auf sein unsicheres bzw durch Mal-
ware infiziertes System aufmerksam machen.
1694 Siehe insb ER ( ETS 185 ) Pkt 77.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik