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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
a. Kritik an der Sozialadäquanz der äußeren Tatseite
Schmölzer kritisiert zurecht, dass es wohl nicht zulässig sei, in Erman-
gelung eines ausdrücklichen Tatbestandsmerkmals » unbefugt « ( arg
» unbefugte « Eingabe von Daten ) » aus einer Zusammenschau und Ver-
quickung objektiver und subjektiver Tatbestandsmerkmale diesen
Mangel zu sanieren «, weshalb » die Aktivierung eines regulär ablaufen-
den elektronisch gesteuerten Prozesses durch die Eingabe vollständi-
ger und richtiger Daten, die nur zufälligerweise unzulässig – weil mit
dem Vorsatz, sich unrechtmäßig bereichern zu wollen – verwendet
werden «, noch nicht dem Wortlaut des Gesetzes Genüge tun könne.1772
Aus diesem Grund reicht der Anwendungsbereich des § 148 a auch
viel weiter als der des Betrugs nach § 146, weil Letzterer nur durch die
Behauptung unwahrer Tatsachen realisiert werden kann.1773
Schmölzer ist zuzustimmen, dass im Ergebnis jede bloß faktische
Nutzung einer Datenverarbeitungsanlage bereits den objektiven Tatbe-
stand erfüllt. Und zwar selbst dann, wenn es sich dabei um ein Sys-
tem handeln würde, über das der Nutzer selbst verfügen darf.1774 Man
müsste in einem solchen Fall – nicht unproblematisch 1775 – schon mit
dem Fehlen einer sozial inadäquaten Handlung argumentieren, um
die Rechtswidrigkeit auszuschließen und eine ( objektive ) Tatbestands-
mäßigkeit zu verneinen. Eine ausdrückliche Verankerung eines Tatbe-
standsmerkmals wie zB » unbefugt « bzw » widerrechtlich « 1776 erscheint
mE aber sehr deutlich angezeigt, weil gesetzliche Tatbilder generell so-
zial inadäquate Verhaltensweisen zum Ausdruck bringen sollen.
Man müsste somit ( ähnlich wie bereits zu § 126 c Abs 1 ausge-
führt 1777 ), um sinnvolle Ergebnisse zu erhalten, davon ausgehen, dass
die mangelnde Rechtswidrigkeit – zumindest bezüglich der Benützung
des Datenverarbeitungssystems – ein ungeschriebenes Tatbildmerk-
mal darstellt, das bei Vorhandensein im zu untersuchenden Lebens-
sachverhalt, die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lässt.
1772 Vgl Schmölzer, EDVuR 1990, 30.
1773 Siehe Kienapfel, BT II 3 § 148 a Rz 19.
1774 AA offenbar Wegscheider, BT 4, 240.
1775 Siehe dazu bereits die Auseinandersetzung iZm § 126 c.
1776 Ein Handeln gegen den ausdrücklichen oder schlüssig erklärten Willen des Op-
fers wäre ebenfalls bereits ausreichend ( vgl in einem anderen Zusammenhang
ErlRV 1316 BlgNR XXII. GP, 4 ).
1777 Siehe dazu bereits oben zu § 126 c.
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik