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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
det. § 148 a Abs 1 verlangt in seinem Tatbild über diesen Erfolgseintritt
hinaus keine weitere Aufrechterhaltung der Rechtsgutbeeinträchti-
gung. Aus diesem Grund handelt es sich um ein sog » Zustandsdelikt «,
da die Rechtsgutbeeinträchtigung mit Herbeiführung des Schadens
abgeschlossen ist. Bei Zustandsdelikten, die von einem unmittelbaren
Täter begangen werden, ist prinzipiell eine strafbare Beteiligung ( iSd
§ 12 ) an der Tat 1862 – im Gegensatz zu einem Dauerdelikt, bei dem eine
solche bis zur materiellen Beendigung der Tat möglich ist – nur bis zur
formellen Vollendung zulässig. Allein aus dieser Betrachtung heraus
wäre bei § 148 a Abs 1 eine Beteiligung grundsätzlich nur bis zum Ein-
tritt des Vermögensschadens möglich, was auch dogmatisch plausibel
ist, muss doch der Beitrag während der Tat ( zB iSd § 12 dritter Fall ) für
die Vollendung vorsätzlich kausal geworden sein.
Denkbar wäre hier die Beiziehung eines Geldkuriers 1863 für eine
Vermögensschädigung durch eine Phishing 1864-Attacke.1865 Sollte näm-
lich der Geldkurier zwar bis nach dem Eintritt des Vermögensscha-
dens beim Opfer gutgläubig, dh ohne » bösen Vorsatz «, seine Leistung
erbracht haben ( zB durch argloses Bereitstellen seines inländischen
Kontos ) 1866, aber im Zeitpunkt der Barbehebung und anschlieĂźenden
Weiterleitung des Geldes an den unmittelbaren Täter sich sehr wohl
in Kenntnis der wahren Absicht und des bisherigen Tatverlaufs befin-
den, stellt sich die Frage, ob eine strafbare ( sukzessive ) Beteiligung an
§ 148 a Abs 1 zu diesem Zeitpunkt noch möglich ist. Mit Eintritt des Ver-
mögensschadens nach tatbestandlicher Beeinflussung des Ergebnis-
ses einer automationsunterstĂĽtzten Datenverarbeitung ( hier: Transfer
von Giralgeld auf das Konto des Geldkuriers ) ist die Tat in rechtlicher
Hinsicht ( formell ) vollendet. Der Eintritt der tatsächlichen Bereiche-
rung, auf die sich der erweiterte Vorsatz richten muss, ist nicht mehr
Tatbestandsvoraussetzung. Der tatbestandliche Erfolg liegt daher im
Vermögensschaden ( Erfolgsdelikt ), der angestrebte Enderfolg der Tat
in der Bereicherung des Täters.
1862 Ggf auch sukzessive Mittäterschaft.
1863 In der Praxis auch » Finanzagent « uÄ genannt.
1864 Zur Beurteilung der reinen Phishing-Phase siehe Bergauer, RZ 2006, 82.
1865 Siehe dazu ausf Bergauer in Bergauer / Staudegger, Recht und IT, 109 ( 109 ff ).
1866 Vgl etwa die Sachverhalte in OGH 19. 02. 2009, 2 Ob 107 / 08 m = ecolex 2009, 577
( Graf ) = Ă–BA 2009 / 1551, 457 ( Bydlinski ) = jusIT 2009 / 69, 140 ( Mader ) und OGH
24. 02. 2009, 9 Ob 3 / 08v = ecolex 2009, 577 ( Graf ) = Ă–BA 2009 / 1564, 595 ( Bydlinski ).
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik