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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
che Erfordernis des Tätigwerdens für ein » Sich-Verschaffen « gegeben
ist, darf mE iZm inkriminierten Inhalten von ubiquitären Daten nicht
auf eine Gewahrsamsbegründung im strengen strafrechtlichen Ver-
ständnis abgestellt werden.2593 Vielmehr geht es im deliktsspezifischen
Kontext um das Sich-Kenntnisverschaffen der konkreten tatbildlichen
Informationen ( Informationsverschaffung ). Das Unrecht des definier-
ten objektiven Verhaltens liegt wohl im aktiven Bemühen des Täters,
an solche deliktischen Informationen zu gelangen. Dass sich der Täter
die Dateien, welche die Informationen repräsentieren, daher – nach
den Erl – erst noch auf einen Datenträger herunterladen müsse, um
das gesetzliche Tatbild zu erfüllen, verfehlt das teleologische Zielanlie-
gen dieser Bestimmung. Selbst wenn der Täter zB eine spezielle Anlei-
tung für terroristische Anschläge samt Bombenbauplan zwar im Inter-
net aufrufen, lesen und ggf unmittelbar befolgen würde, wäre er nach
den GMat offensichtlich – aber auch unsachlich – nicht strafbar, da er
die Information nicht auf einem körperlichen Speichermedium abge-
speichert hat. Der Gesetzgeber hätte in Anlehnung an § 207 a 2594 Abs 3 a
auch das Sich-Verschaffen von Medienwerken auf der einen und das
wissentliche » Zugreifen « auf solche Informationen im Internet auf der
anderen Seite als Tathandlungen definieren können. Auch aus dem
Faktum, dass der » Besitz « solcher Informationen oder Medienwerke
kein tatbestandliches Unrecht darstellt, lässt sich ableiten, dass es
gerade nicht auf die körperliche Innehabung solcher Informationen
( aber auch Medienstücke ) ankommt. Gelangt daher jemand in den Be-
sitz einschlägiger Medienwerke oder Informationen, ohne sich aktiv
den Gewahrsam daran zu verschaffen, so liegt diesbezügliche keine
strafbare Handlung vor. Daher gilt: Es gibt kein grundsätzliches Besitz-
verbot für solche Informationen.
Gerade aber weil in den GMat iZm § 278 f mehrfach auf § 207 a Abs 3
verwiesen wird und insb auch die Strafdrohung des § 278 f dem Sich-
Verschaffen oder Besitzen einer pornographischen Darstellung einer
unmündigen 2595 Person nach § 207 a Abs 3 letzter Satz angeglichen wer-
den soll, stellt sich die Frage, warum nicht auch ein Besitzverbot für
2593 Siehe dazu bereits die ausf Auseinandersetzung iZm § 207 a Abs 3.
2594 In den Erl zu § 278 f wird ohnehin mehrfach auf § 207 a verwiesen ( ErlRV 674
BlgNR XXIV. GP, 6 ).
2595 Man beachte, dass in den GMat ausdrücklich auf die Höhe des Strafsatz für un-
mündige Minderjährige des § 207 a Abs 3 Satz 2 verwiesen wird ( ErlRV 674 BlgNR
XXIV. GP, 6 ).
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Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik