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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
geöffneter Briefumschlag vorliegt ), aber das Rechtsgut wurde dadurch
bloß abstrakt gefährdet.2624
Betrachtet man nun den Gesamttatbestand des § 107 a Abs 1 in
seiner vollen Reichweite, ergibt sich durch die Verquickung des Tat-
bestandsmerkmals » beharrlich verfolgt « mit dessen normspezifi-
schen Legaldefinition in Abs 2, dass zwar ( nur ) augenscheinlich eine
schlichte Tätigkeit ( arg » beharrlich verfolgt « ) ohne Rücksicht auf eine
von ihr bewirkte Veränderung in der Außenwelt beschrieben wird, wel-
che wiederum ausschließlich Begehungsweisen der Z 1 bis 4 impliziert,
die ihrerseits allerdings allesamt eine Veränderung der Außenwelt be-
wirken müssen. Man könnte diese Konstellation als ein » mittelbares
Erfolgsdelikt « betrachten. Triffterer spricht in ähnlichem Zusammen-
hang, wenn in einem Tatbestand ein Zwischenerfolg mit einer abstrak-
ten Gefährlichkeit oder einer konkreten Gefährdung kombiniert wird,
von einem » erfolgsbedingten Gefährdungsdelikt «.2625 Ob das Rechtsgut
durch die einzelnen taxativ angeführten Verhaltensweisen des § 107 a
Abs 2 Z 1 bis 4 nun beeinträchtigt wird, ist idR für eine Deliktseinord-
nung – Erfolgsdelikt oder schlichtes Tätigkeitsdelikt –, die alleine
durch Tatbestandsauslegung zu ermitteln ist, ohne Belang. Das Erfor-
dernis einer Rechtsgutgefährdung resultiert nämlich erst aus der ver-
haltensgebundenen Handlungsbeschreibung des § 107 a Abs 2 zweiter
HS, die besagt, dass die beharrliche Verfolgung » in einer Weise « erfol-
gen muss, die geeignet ist, das Opfer unzumutbar in seiner Lebens-
führung zu beeinträchtigen, indem eine längere Zeit hindurch fortge-
setzt Handlungen iSd Katalogs des § 107 a Abs 2 getätigt werden. Trotz
der für potentielle Gefährdungsdelikte üblichen Wortwahl für die im
Einzelfall festzustellende generelle Gefährlichkeit einer Handlung ( arg
» [ … ] die geeignet ist, [ … ] zu beeinträchtigen [ … ] ), ergibt sich in Zusam-
menschau, dass aus den Erfordernissen für eine beharrliche Verfol-
gung nicht nur eine aus der allgemeinen Erfahrung abzuleitende ( ab-
strakte ) Gefahr für ein Rechtsgut verlangt wird. » Geeignet « beschreibt
nämlich an dieser Stelle keine generelle Gefährlichkeit. Vielmehr ist
der Tatbestand nur erfüllt, wenn ein konkretes Handlungsobjekt 2626
tatsächlich in den Wirkungsbereich der gefährlichen Begehungswei-
sen nach § 107 a Abs 2 Z 1 bis 4 gelangt ist, weshalb auch eine Rechts-
2624 Siehe dieses Beispiel zur Verletzung des Briefgeheimnisses in Fuchs, AT I 8, Rz 10 / 47.
2625 Siehe Triffterer, AT 2, 64.
2626 Arg » eine Person «.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik