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Dogmatische Betrachtung des Computerstrafrechts im engen Sinn
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
b. Cyber-Stalking
Der Begriff » Cyber 2650-Stalking « 2651 ist bezüglich § 107 a Abs 2 Z 2 aber
nur eingeschränkt zutreffend, da lediglich neben den bereits unter
Fall 1 fallenden Diensten des Internet ( zB E-Mail ), weitere Internetan-
wendungen » unter die Verwendung sonstiger Kommunikationsmit-
tel « ( Fall 2 ) subsumiert werden können. Aber selbst bei den sonstigen
Kommunikationsmitteln könnte auch an völlig konventionelle ( ana-
loge ) Mittel wie Zeitungsinserate und Flugblätter gedacht werden.2652
Es fragt sich allerdings, wie der Begriff » unter Verwendung « eines sons-
tigen Kommunikationsmittels – im Vergleich zu » im Wege « einer Tele-
kommunikation ( Fall 1 ) – zu verstehen ist. Stellt jemand » Kontakt « zum
Opfer her, in dem er diesem etwa ständig die Internetverbindung un-
terbricht oder dessen System durch DoS-Angriffe zum Absturz bringt,
so hat er nicht » im Wege « eines bestimmten Kommunikationsdienstes
im eigentlich Sinn agiert, dh » diesen ordnungsgemäß benützt «, son-
dern bloß einen solchen Dienst für seinen Angriff – zweckentfremdet –
» verwendet «.2653 Der Kontakt zum Opfer wäre dabei – anders als bspw
bei einem heimlichen Peilsender 2654 – ebenfalls hergestellt, sobald das
Opfer die Dienstunterbrechungen in seiner Sphäre ( in concreto Com-
2650 Der im heutigen Sprachgebrauch manifestierte Begriff ( -steil ) » Cyber « wird als
Kurzwort für » Cybernetics « ( griech Kybernetes = Steuermann ) verstanden und
repräsentiert im Wesentlichen die » virtuelle bzw digitale Welt «, wie etwa das In-
ternet. Der Begriff wurde grundlegend ua von Norbert Wiener geprägt, der 1948
in » Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine «
Modelle der Rückführung von Informationen und Bedeutung für die Selbstorga-
nisation und Selbststeuerung von Menschen und Lebewesen vorstellte ( siehe zur
Begrifflichkeit » Cyber « ausf Faßler, Cyber-Moderne, 28 f ); der Begriff » Cyberspace «
wiederum wurde im Science-Fiction-Roman » Neuromancer « ( 1984 ) des amerika-
nisches Autors William Gibson verwendet, der damit eine künstliche Welt im Com-
puter bezeichnete ( vgl Brush in Jones [ Ed ], Encyclopedia of New Media, 112 ( 112 ff );
weiters Seifert, Guide, 106 ).
2651 Siehe Mitgutsch, Strafrechtliche Aspekte des » Anti-Stalking-Pakets «, RZ 2006, 186;
Mitgutsch, Die geplante » Stalking «-Bestimmung des § 107 a StGB, JSt 2006, 11;
Schwaighofer in WK 2 § 107 a Rz 20; Wach in SbgK § 107 a Rz 32; siehe zum Phäno-
men Cyber-Stalking auch Pittaro, Cyber Stalking: Topology, Etiology, and Victims
in Jaishankar ( Ed ), Cyber Criminology. Exploring Internet Crimes Criminal Be-
havior ( 2011 ) 277 ( 277 ff ); weiters Huber, Cyberstalking und Cybercrime: Kriminal-
soziologische Untersuchung zum Cyberstalking-Verhalten der Österreicher ( 2013 )
67 ff.
2652 Ähnliche Beispiele bei Wach in SbgK § 107 a Rz 35; Schwaighofer in WK 2 § 107 a Rz 21.
2653 Man denke etwa an manipulierte Datenpakete eines Internetdienstes ( siehe dazu
auch die unterschiedlichen DoS-Methoden S 291 ff ).
2654 Siehe dazu Birklbauer / Hilf / Tipold, Strafrecht BT I 2 § 107 a Rz 9 ( FN 10 ).
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik