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Schlussbetrachtungen
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
§ 1 Abs 1 DSG 2000 eingegriffen. Dies betrifft jedoch nicht die ( zulässige )
Datenverwendung in Ausübung einer beruflichen Beschäftigung, da
hier keine sozial inadäquate Handlung vorliegt, sofern sich diese inner-
halb der Schranken des Datengeheimnisses nach § 15 DSG 2000 bewegt.
Richtigerweise handelt es sich bei § 51 DSG 2000 in der Variante als
echtes Sonderdelikt um ein Sonderpflichtdelikt, da denjenigen, dem
personenbezogene Daten Dritter beruflich überantwortet werden, eine
besondere Rechtspflicht trifft, nämlich das Datengeheimnis ( § 15 DSG
2000 ) zu wahren. Unmittelbarer Täter im Sinne dieser Rechtspflicht
kann nur derjenige sein, der das ihm aus beruflichen Gründen über-
antwortete Datengeheimnis als seine persönliche Sonderpflicht bricht,
also der Qualifizierte selbst.
Zu kriminalpolitisch unbefriedigenden Ergebnissen gelangt man
in den Fällen » aufgedrängter Information «, in denen dem » Täter « die
schutzwürdigen Daten – außerhalb einer beruflichen Beschäftigung –
» zugespielt « wurden, ohne dass sich dieser dabei diese Daten aktiv ver-
schafft hat. Der eindeutige Wortlaut lässt keine Strafbarkeit des nun-
mehrigen Besitzers zu, was zu einer Perpetuierung von Unrecht führt,
welche sich gerade in Anbetracht von ubiquitären ( personenbezoge-
nen ggf auch sensiblen ) Daten im Rahmen des Geheimhaltungsgrund-
rechts nach § 1 Abs 1 DSG 2000 als äußerst sachwidrig und rechtspoli-
tisch fragwürdig darstellt. Der Gesetzgeber könnte diese Lücke durch
das Hinzufügen weiterer objektiver Kriterien bezüglich des Tatobjekts
schließen, indem er neben dem Erfordernis, dass die Daten wider-
rechtlich verschafft worden sein müssen, auch eine » Auffanganforde-
rung « normiert, wie zB » oder sonst unzulässiger Weise inne hat «.
Da der objektive ( strafbarkeitsbegründende ) Tatbestand kein sozial
inadäquates Verhalten beschreibt und dadurch ein hohes Kriminali-
sierungspotenzial schon durch die äußere Tatbeschreibung indiziert
ist, sollte man diese das Tatobjekt näher konkretisierenden Elemente
iZm § 51 DSG 2000 als Allgemeindelikt als » objektive Bedingungen
der Strafbarkeit « bewerten, die nicht vom Tatbildvorsatz umfasst sein
müssen. Eine solche Interpretation bietet sich auch an, um Beweis-
schwierigkeiten im Bereich eines diesbezüglichen Tatbildvorsatzes,
Kausalitätsproblemstellungen oder eine ggf doppelte Rechtswidrig-
keitsprüfung zu vermeiden.
Die Vermischung von materienübergreifenden Begrifflichkeiten ist
iZm einem speziellen Sachgesetz wie dem DSG 2000 abzulehnen. Die
Rechtsanwendung wird dadurch unnötig erschwert.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik