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Schlussbetrachtungen
Christian Bergauer • Das materielle Computerstrafrecht ¶
anzusehen ist. Der Täter befindet sich nämlich dann bereits in dessen
Kenntnis. Dass er auch den Zettel, als Träger der Schrift, an sich brin-
gen muss, ist dabei wohl nicht erforderlich.
Dies hat aber zur Folge, dass mit dem Sich-Verschaffen von Zu-
gangsdaten zwangsläufig keine von der Tathandlung – wenn auch nur
gedanklich – abtrennbare Wirkung in der Außenwelt verbunden sein
muss, weshalb sich daraus nicht unbedingt ein Erfolgsdelikt ableitet.
Um begrifflich nicht in Konflikt mit den klassischen strafrechts-
dogmatischen Rechtsfiguren zu treten, wie zB dem strengen Gewahr-
samsbegriff, könnte iZm ubiquitären, unkörperlichen Sachen auf ein
» Quasi-Gewahrsam « iS einer Gewahrsamsähnlichkeit abgestellt wer-
den.
Unter dem hier vorgeschlagenen » Quasi-Gewahrsam « ist iZm der
Tathandlung des » Sich-Verschaffens « von Computerdaten die umfas-
sende Kenntnisnahme- und Verfügungsmöglichkeit des Täters zu ver-
stehen, deren Bedeutungsgehalt ( = Information ) wahrzunehmen und
ihre technische Repräsentation ( = Daten im engen Sinn ) uneinge-
schränkt zu verarbeiten.
Obwohl die meisten Tathandlungen des § 126 c Abs 1 ( wie das Her-
stellen, Einführen, Vertreiben, Veräußern oder Sonst-Zugänglich-
machen ) Erfolgsdelikte beschreiben, was sich allein aus der Tatbe-
standsauslegung ergibt, liegt aus dem Blickwinkel der Beziehung zum
teleologischen Schutzanliegen der Bestimmung auch ein » abstraktes
Gefährdungsdelikt « vor.
Aus kriminalpolitischen Gründen wäre es aufgrund der Rechtspre-
chungslinie des OGH bezĂĽglich der widerrechtlichen Bargeldbehe-
bung an Bankomaten notwendig, den Straftatbestand des Diebstahls
( § 127 ) ebenfalls als eines der ( Haupt- ) Delikte in § 126 c Abs 1 Z 1 auf-
zunehmen.
Der Tatbestand des § 126 c Abs 1 sollte um das tatbestandsbegren-
zende Merkmal » unbefugt « bzw » widerrechtlich « erweitert werden, so-
dass die Bestimmung tatsächlich nur denjenigen erfasst, der derartige
Programme oder Zugangscodes unzulässigerweise herstellt, einführt,
vertreibt, veräußert, sonst irgendwie zugänglich macht, sich verschafft
oder besitzt, um eine der in Z 1 genannten strafbaren Handlungen zu
begehen, und nicht auch autorisierte IT-Sicherheitsunternehmen, die
sich auf das Testen von Sicherheitsvorkehrungen anderer gewerblich
spezialisiert haben.
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Buch Das materielle Computerstrafrecht"
Das materielle Computerstrafrecht
- Titel
- Das materielle Computerstrafrecht
- Autor
- Christian Bergauer
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0043-3
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 700
- Schlagwörter
- Cybercrime, substantive criminal law, malicious software, denial of service-attacks, hacking, Cyber-bullying, Computerkriminalität, Computerstrafrecht, Malware, Datenbeschädigung, Systemschädigungen, Hacking, Cyber-Mobbing
- Kategorien
- Informatik
- Recht und Politik