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und dann in eine Bierstube ging, wo er an einem Stammtisch mit meist älteren
Herren gewöhnlich bis elf Uhr beisammensaß. Es gab aber auch Ausnahmen
von dieser Einteilung, wenn K. zum Beispiel vom Bankdirektor, der seine
Arbeitskraft und Vertrauenswürdigkeit sehr schätzte, zu einer Autofahrt oder
zu einem Abendessen in seiner Villa eingeladen wurde. Außerdem ging K.
einmal in der Woche zu einem Mädchen namens Elsa, die während der Nacht
bis in den späten Morgen als Kellnerin in einer Weinstube bediente und
während des Tages nur vom Bett aus Besuche empfing.
An diesem Abend aber - der Tag war unter angestrengter Arbeit und vielen
ehrenden und freundschaftlichen Geburtstagswünschen schnell verlaufen -
wollte K. sofort nach Hause gehen. In allen kleinen Pausen der Tagesarbeit
hatte er daran gedacht; ohne genau zu wissen, was er meinte, schien es ihm,
als ob durch die Vorfälle des Morgens eine große Unordnung in der ganzen
Wohnung der Frau Grubach verursacht worden sei und daß gerade er nötig
sei, um die Ordnung wiederherzustellen. War aber einmal diese Ordnung
hergestellt, dann war jede Spur jener Vorfälle ausgelöscht und alles nahm
seinen alten Gang wieder auf. Insbesondere von den drei Beamten war nichts
zu befürchten, sie waren wieder in die große Beamtenschaft der Bank
versenkt, es war keine Veränderung an ihnen zu bemerken. K. hatte sie öfters
einzeln und gemeinsam in sein Büro berufen, zu keinem andern Zweck, als
um sie zu beobachten; immer hatte er sie befriedigt entlassen können.
Als er um halb zehn Uhr abends vor dem Hause, in dem er wohnte, ankam,
traf er im Haustor einen jungen Burschen, der dort breitbeinig stand und eine
Pfeife rauchte. »Wer sind Sie?« fragte K. sofort und brachte sein Gesicht nahe
an den Burschen, man sah nicht viel im Halbdunkel des Flurs. »Ich bin der
Sohn des Hausmeisters, gnädiger Herr«, antwortete der Bursche, nahm die
Pfeife aus dem Mund und trat zur Seite. »Der Sohn des Hausmeisters?« fragte
K. und klopfte mit seinem Stock ungeduldig den Boden. »Wünscht der
gnädige Herr etwas? Soll ich den Vater holen?« »Nein, nein«, sagte K., in
seiner Stimme lag etwas Verzeihendes, als habe der Bursche etwas Böses
ausgeführt, er aber verzeihe ihm. »Es ist gut«, sagte er dann und ging weiter,
aber ehe er die Treppe hinaufstieg, drehte er sich noch einmal um.
Er hätte geradewegs in sein Zimmer gehen können, aber da er mit Frau
Grubach sprechen wollte, klopfte er gleich an ihre Tür an. Sie saß mit einem
Strickstrumpf am Tisch, auf dem noch ein Haufen alter Strümpfe lag. K.
entschuldigte sich zerstreut, daß er so spät komme, aber Frau Grubach war
sehr freundlich und wollte keine Entschuldigung hören, für ihn sei sie immer
zu sprechen, er wisse sehr gut, daß er ihr bester und liebster Mieter sei. K. sah
sich im Zimmer um, es war wieder vollkommen in seinem alten Zustand, das
Frühstücksgeschirr, das früh auf dem Tischchen beim Fenster gestanden hatte,
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Der Prozeß
- Title
- Der Prozeß
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155