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sich auf den Boden. »Warum sollte Frau Grubach nicht glauben, daß ich Sie
überfallen habe?« fügte K. hinzu. Vor sich sah er ihr Haar, geteiltes, niedrig
gebauschtes, fest zusammengehaltenes, rötliches Haar. Er glaubte, sie werde
ihm den Blick zuwenden, aber sie sagte in unveränderter Haltung: »Verzeihen
Sie, ich bin durch das plötzliche Klopfen so erschreckt worden, nicht so sehr
durch die Folgen, die die Anwesenheit des Hauptmanns haben könnte. Es war
so still nach Ihrem Schrei, und da klopfte es, deshalb bin ich so erschrocken,
ich saß auch in der Nähe der Tür, es klopfte fast neben mir. Für Ihre
Vorschläge danke ich, aber ich nehme sie nicht an. Ich kann für alles, was in
meinem Zimmer geschieht, die Verantwortung tragen, und zwar gegenüber
jedem. Ich wundere mich, daß Sie nicht merken, was für eine Beleidigung für
mich in Ihren Vorschlägen liegt, neben den guten Absichten natürlich, die ich
gewiß anerkenne. Aber nun gehen Sie, lassen Sie mich allein, ich habe es jetzt
noch nötiger als früher. Aus den wenigen Minuten, um die Sie gebeten haben,
ist nun eine halbe Stunde und mehr geworden.« K. faßte sie bei der Hand und
dann beim Handgelenk: »Sie sind mir aber nicht böse?« sagte er. Sie streifte
seine Hand ab und antwortete: »Nein, nein, ich bin niemals und niemandem
böse.« Er faßte wieder nach ihrem Handgelenk, sie duldete es jetzt und führte
ihn so zur Tür. Er war fest entschlossen, wegzugehen. Aber vor der Tür, als
hätte er nicht erwartet, hier eine Tür zu finden, stockte er, diesen Augenblick
benützte Fräulein Bürstner, sich loszumachen, die Tür zu öffnen, ins
Vorzimmer zu schlüpfen und von dort aus K. leise zu sagen: »Nun kommen
Sie doch, bitte. Sehen Sie« - sie zeigte auf die Tür des Hauptmanns, unter der
ein Lichtschein hervorkam - »er hat angezündet und unterhält sich über uns.«
»Ich komme schon«, sagte K., lief vor, faßte sie, küßte sie auf den Mund und
dann über das ganze Gesicht, wie ein durstiges Tier mit der Zunge über das
endlich gefundene Quellwasser hinjagt. Schließlich küßte er sie auf den Hals,
wo die Gurgel ist, und dort ließ er die Lippen lange liegen. Ein Geräusch aus
dem Zimmer des Hauptmanns ließ ihn aufschauen. »Jetzt werde ich gehen«,
sagte er, er wollte Fräulein Bürstner beim Taufnamen nennen, wußte ihn aber
nicht. Sie nickte müde, überließ ihm, schon halb abgewendet, die Hand zum
Küssen, als wisse sie nichts davon, und ging gebückt in ihr Zimmer. Kurz
darauf lag K. in seinem Bett. Er schlief sehr bald ein, vor dem Einschlafen
dachte er noch ein Weilchen über sein Verhalten nach, er war damit zufrieden,
wunderte sich aber, daß er nicht noch zufriedener war; wegen des
Hauptmanns machte er sich für Fräulein Bürstner ernstliche Sorgen.
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Der Prozeß
- Title
- Der Prozeß
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155