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geben, »es war ein Mißgriff. Ich habe es dem Untersuchungsrichter gesagt.
Man hätte ihn zwischen den Verhören zumindest in seinem Zimmer halten
sollen. Der Untersuchungsrichter ist manchmal unbegreiflich.« »Unnütze
Reden«, sagte K. und streckte die Hand nach der Frau aus, »kommen Sie.«
»Ach so«, sagte der Student, »nein, nein, die bekommen Sie nicht«, und mit
einer Kraft, die man ihm nicht zugetraut hätte, hob er sie auf einen Arm und
lief mit gebeugtem Rücken, zärtlich zu ihr aufsehend, zur Tür. Eine gewisse
Angst vor K. war hierbei nicht zu verkennen, trotzdem wagte er es, K. noch
zu reizen, indem er mit der freien Hand den Arm der Frau streichelte und
drückte. K. lief ein paar Schritte neben ihm her, bereit, ihn zu fassen und,
wenn es sein mußte, zu würgen, da sagte die Frau: »Es hilft nichts, der
Untersuchungsrichter läßt mich holen, ich darf nicht mit Ihnen gehen, dieses
kleine Scheusal«, sie fuhr hierbei dem Studenten mit der Hand übers Gesicht,
»dieses kleine Scheusal läßt mich nicht.« »Und Sie wollen nicht befreit
werden!« schrie K. und legte die Hand auf die Schulter des Studenten, der mit
den Zähnen nach ihr schnappte. »Nein!« rief die Frau und wehrte K. mit
beiden Händen ab, »nein, nein, nur das nicht, woran denken Sie denn! Das
wäre mein Verderben. Lassen Sie ihn doch, o bitte, lassen Sie ihn doch. Er
führt ja nur den Befehl des Untersuchungsrichters aus und trägt mich zu ihm.«
»Dann mag er laufen und Sie will ich nie mehr sehen«, sagte K. wütend vor
Enttäuschung und gab dem Studenten einen Stoß in den Rücken, daß er kurz
stolperte, um gleich darauf, vor Vergnügen darüber, daß er nicht gefallen war,
mit seiner Last desto höher zu springen. K. ging ihnen langsam nach, er sah
ein, daß das die erste zweifellose Niederlage war, die er von diesen Leuten
erfahren hatte. Es war natürlich kein Grund, sich deshalb zu ängstigen, er
erhielt die Niederlage nur deshalb, weil er den Kampf aufsuchte. Wenn er zu
Hause bliebe und sein gewohntes Leben führte, war er jedem dieser Leute
tausendfach überlegen und konnte jeden mit einem Fußtritt von seinem Wege
räumen. Und er stellte sich die allerlächerlichste Szene vor, die es zum
Beispiel geben würde, wenn dieser klägliche Student, dieses aufgeblasene
Kind, dieser krumme Bartträger vor Elsas Bett knien und mit gefalteten
Händen um Gnade bitten würde. K. gefiel diese Vorstellung so, daß er
beschloß, wenn sich nur irgendeine Gelegenheit dafür ergeben sollte, den
Studenten einmal zu Elsa mitzunehmen.
Aus Neugierde eilte K. noch zur Tür, er wollte sehen, wohin die Frau
getragen wurde, der Student würde sie doch nicht etwa über die Straßen auf
dem Arm tragen. Es zeigte sich, daß der Weg viel kürzer war. Gleich
gegenüber der Wohnung führte eine schmale hölzerne Treppe wahrscheinlich
zum Dachboden, sie machte eine Wendung, so daß man ihr Ende nicht sah.
Über diese Treppe trug der Student die Frau hinauf, schon sehr langsam und
stöhnend, denn er war durch das bisherige Laufen geschwächt. Die Frau
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Der Prozeß
- Title
- Der Prozeß
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155