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fragte er, während er den Kaffee eingoß, »könnte das nicht eingestellt
werden? Muß denn gerade am Sonntag aufgeräumt werden?« Obwohl K.
nicht zu Frau Grubach aufsah, bemerkte er doch, daß sie, wie erleichtert,
aufatmete. Selbst diese strengen Fragen K.s faßte sie als Verzeihung oder als
Beginn der Verzeihung auf. »Es wird nicht aufgeräumt, Herr K.«, sagte sie,
»Fräulein Montag übersiedelt nur zu Fräulein Bürstner und schafft ihre
Sachen hinüber.« Sie sagte nichts weiter, sondern wartete, wie K. es
aufnehmen und ob er ihr gestatten würde, weiterzureden. K. stellte sie aber
auf die Probe, rührte nachdenklich den Kaffee mit dem Löffel und schwieg.
Dann sah er zu ihr auf und sagte: »Haben Sie schon Ihren früheren Verdacht
wegen Fräulein Bürstner aufgegeben?« »Herr K.«, rief Frau Grubach, die nur
auf diese Frage gewartet hatte, und hielt K. ihre gefalteten Hände hin. »Sie
haben eine gelegentliche Bemerkung letzthin so schwer genommen. Ich habe
ja nicht im entferntesten daran gedacht, Sie oder irgend jemand zu kränken.
Sie kennen mich doch schon lange genug, Herr K., um davon überzeugt sein
zu können. Sie wissen gar nicht, wie ich die letzten Tage gelitten habe! Ich
sollte meine Mieter verleumden! Und Sie, Herr K., glaubten es! Und sagten,
ich solle Ihnen kündigen! Ihnen kündigen!« Der letzte Ausruf erstickte schon
unter Tränen, sie hob die Schürze zum Gesicht und schluchzte laut.
»Weinen Sie doch nicht, Frau Grubach«, sagte K. und sah zum Fenster
hinaus, er dachte nur an Fräulein Bürstner und daran, daß sie ein fremdes
Mädchen in ihr Zimmer aufgenommen hatte. »Weinen Sie doch nicht«, sagte
er nochmals, als er sich ins Zimmer zurückwandte und Frau Grubach noch
immer weinte. »Es war ja damals auch von mir nicht so schlimm gemeint.
Wir haben eben einander gegenseitig mißverstanden. Das kann auch alten
Freunden einmal geschehen.« Frau Grubach rückte die Schürze unter die
Augen, um zu sehen, ob K. wirklich versöhnt sei. »Nun ja, es ist so«, sagte K.
und wagte nun, da, nach dem Verhalten der Frau Grubach zu schließen, der
Hauptmann nichts verraten hatte, noch hinzuzufügen: »Glauben Sie denn
wirklich, daß ich mich wegen eines fremden Mädchens mit Ihnen verfeinden
könnte?« »Das ist es ja eben, Herr K.«, sagte Frau Grubach, es war ihr
Unglück, daß sie, sobald sie sich nur irgendwie freier fühlte, gleich etwas
Ungeschicktes sagte. »Ich fragte mich immerfort: Warum nimmt sich Herr K.
so sehr des Fräulein Bürstner an? Warum zankt er ihretwegen mit mir, obwohl
er weiß, daß mir jedes böse Wort von ihm den Schlaf nimmt? Ich habe ja über
das Fräulein nichts anderes gesagt, als was ich mit eigenen Augen gesehen
habe.« K. sagte dazu nichts, er hätte sie mit dem ersten Wort aus dem Zimmer
jagen müssen, und das wollte er nicht. Er begnügte sich damit, den Kaffee zu
trinken und Frau Grubach ihre Überflüssigkeit fühlen zu lassen. Draußen
hörte man wieder den schleppenden Schritt des Fräulein Montag, welche das
ganze Vorzimmer durchquerte. »Hören Sie es?« fragte K. und zeigte mit der
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Der Prozeß
- Title
- Der Prozeß
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155