Page - 86 - in Der Prozeß
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durch einen kleinen Scherz, den man nur deshalb wagt, weil alles aussichtslos
scheint, zum Lachen bringen und sind versöhnt. Es sei eben gleichzeitig
schwer und leicht, sich mit ihnen zu verhalten, Grundsätze dafür gibt es
kaum. Manchmal sei es zum Verwundern, daß ein einziges
Durchschnittsleben dafür hinreiche, um so viel zu erfassen, daß man hier mit
einigem Erfolg arbeiten könne. Es kommen allerdings trübe Stunden, wie sie
ja jeder hat, wo man glaubt, nicht das geringste erzielt zu haben, wo es einem
scheint, als hätten nur die von Anfang an für einen guten Ausgang
bestimmten Prozesse ein gutes Ende genommen, wie es auch ohne Mithilfe
geschehen wäre, während alle anderen verlorengegangen sind, trotz allem
Nebenherlaufen, aller Mühe, allen kleinen, scheinbaren Erfolgen, über die
man solche Freude hatte. Dann scheint einem allerdings nichts mehr sicher,
und man würde auf bestimmte Fragen hin nicht einmal zu leugnen wagen, daß
man ihrem Wesen nach gut verlaufende Prozesse gerade durch die Mithilfe
auf Abwege gebracht hat. Auch das ist ja eine Art Selbstvertrauen, aber es ist
das einzige, das dann übrigbleibt. Solchen Anfällen - es sind natürlich nur
Anfälle, nichts weiter - sind Advokaten besonders dann ausgesetzt, wenn
ihnen ein Prozeß, den sie weit genug und zufriedenstellend geführt haben,
plötzlich aus der Hand genommen wird. Das ist wohl das Ärgste, das einem
Advokaten geschehen kann. Nicht etwa durch den Angeklagten wird ihnen
der Prozeß entzogen, das geschieht wohl niemals, ein Angeklagter, der einmal
einen bestimmten Advokaten genommen hat, muß bei ihm bleiben, geschehe
was immer. Wie könnte er sich überhaupt, wenn er einmal Hilfe in Anspruch
genommen hat, allein noch erhalten? Das geschieht also nicht, wohl aber
geschieht es manchmal, daß der Prozeß eine Richtung nimmt, wo der
Advokat nicht mehr mitkommen darf. Der Prozeß und der Angeklagte und
alles wird dem Advokaten einfach entzogen; dann können auch die besten
Beziehungen zu den Beamten nicht mehr helfen, denn sie selbst wissen
nichts. Der Prozeß ist eben in ein Stadium getreten, wo keine Hilfe mehr
geleistet werden darf, wo ihn unzugängliche Gerichtshöfe bearbeiten, wo
auch der Angeklagte für den Advokaten nicht mehr erreichbar ist. Man
kommt dann eines Tages nach Hause und findet auf seinem Tisch alle die
vielen Eingaben, die man mit allem Fleiß und mit den schönsten Hoffnungen
in dieser Sache gemacht hat, sie sind zurückgestellt worden, da sie in das neue
Prozeßstadium nicht übertragen werden dürfen, es sind wertlose Fetzen.
Dabei muß der Prozeß noch nicht verloren sein, durchaus nicht, wenigstens
liegt kein entscheidender Grund für diese Annahme vor, man weiß bloß nichts
mehr von dem Prozeß und wird auch nichts mehr von ihm erfahren. Nun sind
ja solche Fälle glücklicherweise Ausnahmen, und selbst wenn K.s Prozeß ein
solcher Fall sein sollte, sei er doch vorläufig noch weit von solchem Stadium
entfernt. Hier sei aber noch reichliche Gelegenheit für Advokatenarbeit
gegeben, und daß sie ausgenutzt werde, dessen dürfe K. sicher sein. Die
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Der Prozeß
- Title
- Der Prozeß
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1926
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 158
- Keywords
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155