Page - 262 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1
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Hintergrand haben. Und da die Erde lebendiges Dasein,
Leben enthaltendes Dasein ist, so sind die Himmelskörper,
ohne selbst für sich und in sich Leben zu enthalten, nur
die Bedingungen des Lebens, nur die Voraussetzungen
der Erde, die Präparationen, Schulübungen und Voran-
stalten zu der Erde, wie der Körper nur die Präparation
auf die Seele ist. So, wie die Bedingungen eines Daseins
seine Vergangenheit sind — denn der vergangne Augen-
blick ist die Bedingung des gegenwärtigen —, so sind auch
in der Tat und Wahrheit, um die Sache in Bilder einzufas-
sen 1, die Sterne nichts weiter als die Ahnenwappen der
Erde, der ganze Himmel ein Monument ihrer Vorzeit,
Am Himmel feiert die Natur ihr Allerseligenfest; die
Lichter, die du oben siehst, sind nichts weiter und nichts
mehr als Totenkerzen auf den Gräbern der Vergangenheit.
Annalen, Urkunden der Erde, weiter nichts sind die Sterne.2
Wenn dein Verstand noch immer verblendet bleibt
durch den Anblick der Menge und unermeßlichen Größe
dieser Weltkörper, so solltest du doch bedenken, daß man
aus der Vielheit, Größe und Massenhaftigkeit dieser
Körper gerade das Gegenteil von dem erschließen muß,
was du daraus erschließt; denn die schrankenlose Aus-
dehnung in Masse, Größe und Vielheit beweist eben den
Mangel an Intensivität. Die Natur schlägt hier ihre Kraft
nach außen hinaus, sie beweist ihre Intensität hier nicht
1 Voraussetzungen der Erde . . . einzufassen: Voraussetzungen,
die Präparationen der Erde. H
2 die Menschen als [vgl. S. 261 ] . . . s ind die Sterne.: nicht
auch schon der E m b r y o Mensch ist, warum willst du
dich darüber wundern und ärgern, daß nicht auch alle
Sterne schon belebte Weltkörper, nicht auch schon die
Kometen Planeten sind? Wahrl ich, wenn man deine teleo-
logischen Vorstellungen, die du sonderbarerweise nur bei
den Sternen anwendest, auf alles ausdehnte, so würde man
endlich zu der Überzeugung kommen, daß eigentlich alles
sinnliche, materielle Sein bloße Verschwendung, zweckloser
Aufwand ist und es daher das beste wäre, wenn gar nichts
wäre; denn nur i m Nichts wird alle Zwecklosigkeit ver-
mieden und aufgehoben. Nur in B, wo dann die folgenden
acht Absätze fehlen. In A sind diese Absätze, mit Ausnahme des
siebenten und achten, durch Leer Zeilen voneinander getrennt.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften