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Geschichte, als die Selbstbetätigung des seiner selbst be-
wußten, denkenden, vernünftigen Wesens, des Geistes, ist
aber kein bloßer Verlauf, wie deri Verlauf des Wassers,
wo dasselbe immer auf dasselbe folgt, sondern ein in sich
durch Grenzen unterschiedner, zweck- und vernunftbe-
stimmter Verlauf. Die geschichtliche Existenz des Indi-
viduums ist daher eine zweckbestimmte Existenz; es ist
ein bestimmtes Glied des geschichtlichen Ganzen; es hat in
dieser Bestimmtheit seine Bestimmung, und der Grund des
Todes des Individuums ist daher nicht bloß der unbestimm-
te, daß es Glied eines Ganzen ist, sondern der selbst da-
durch bestimmte, daß es ein bestimmtes Glied ist. Jeder
Mensch hat eine Bestimmung, eine Zweck- und Vernunft-
bestimmung seines Daseins, sie offenbart sich und erscheint
zunächst2 in dem Individuum als Trieb, Verlangen, Ta-
lent, Neigung; die Zweckbestimmung seines Lebens ist
selbst seine Kraft, sein Vermögen, Talent3. Die Bestimmung
des Individuums ist sein heiliges, unverletzliches Wesen,
der Trieb aller Triebe, die Seele seiner Seele, das Prinzip
seines Lebens, der schützende und abwehrende4 Genius>
die innere Notwendigkeit, das vorsehende Schicksal5 sei-
nes6 Daseins. Du sollst sein, du mußt sein, so spricht die
Bestimmung; aber dieses Sollen und 6 dieses Muß ist ein
sanftes, mildes Sollen und Müssen, ist kein Zwang, ist
eins mit der Neigung, der Seele des Individuums, ist sein
Wesen; und das Wesen ist doch wahrlieh dem, dessen
Wesen es ist, kein Zwang, keine äußerliche Notwendigkeit.
Der Mensch lebt so lange, als seine Bestimmung noch Be-
stimmung ist, als sie noch in ihm und mit ihm eins ist. Das
Sein des Individuums ist als ein Gliedsein ein durchaus
bestimmtes, in Maß und Ziel gesetztes Sein; ist daher die
bestimmte7 Bestimmung des bestimmten Individuums
Wirklichkeit geworden, als Objekt, abgelöst vom Indi-
viduum, in die wirkliche Welt getreten, so hat sich also
* Verlauf . . . der Fehlt in B.
2 und . . . zunächst Fehlt in B.
3 ; die Zweckbestimmung . . . Talent Fehlt in B.
4 schützende . . . abwehrende Fehlt in B.
5 das . . . Schicksal: die Vorsehung B
6 Fehlt in B: Statt dessen dort Komma.
7 Fehlt in B.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften