Page - 374 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1
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Ich blick in jedem Apfelkerne
In eignen Todes dunkle Ferne 1
Und habe selbst von Wasserfällen2
Mein Todesurteil hören fällen.
Ach, welcher Wunder reiche Fülle,
Des Lebens Drang, der Ruhe Stille,
Des Schmerzens Nacht, des Friedens Helle
Hat in dem Tode seine Quelle.
Im großen Buch der Welt ich's las:
Der Tod ist aller Dinge Maß.
Er ist die stille3 Indifferenz
In jeder Kraft und Differenz.
Längst wär ins Nichts die Welt zerkracht,
Wären Leben und Tod auseinander gebracht.
Im Tod sich der Tod vom Leben trennt,
Drum solches Leben man tot benennt.
Das Leben in seiner Feuerhitze
Zerspränge den Leib in tausend Ritze,
Wenn nicht im innersten Schoß
Dir säße der Tod 4 so wärmelos
Und träufelte stets Tropfen Eis
Dir in den Leib durch deinen Steiß.
Zu voll wär' deines Blutes Drang,
Zu eng gezwängt sein wilder Gang,
Daß seines Triebes Wellenstoß
Zerbräche deines Leibes Schloß,
Wenn nicht in unterird'sche Gänge
Der Tod den Blutlauf5 zwänge;
Und dich als wie ein Bader
1 blick* . . ; Ferne: schau' in jedem Stern und Stein / Gestellt
aus meinen Totenschein B
2 Wasserwellen //
3 St i l l ' nur in B
4 Längst wär' ins Nichts . . . säße der T o d : Wär' Tod und
Leben nicht vereint, / Längst wär' v o m Nichts die Welt
verneint. / Die Lebensbrunst in ihrer Hitze / Zerspränge
dich i n tausend Ritze, / W e n n nicht i n deinem tiefsten
Schoß / Der Tod dir säße B
5 den Blutlauf: des Blutes Strömung B
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften