Page - 411 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1
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Wischen die Farben sie weg, tilgen die Heldengestalt,
Weisen die Leine wand bloß, zerzaust in der Sprache
Gewebe,
Mit dem Faden des Worts würgend den klassischen Geist,
Nicht mit der Beere des Bacchus, dem körnigen Weizen 1
der Ceres,
Nur noch mit Hülsen und Stroh füttert die Philologie;
Zwischen klassischen Geist und pietistischer Einfalt2
Unentschieden gestellt, Buridans Eselein*3 gleich.
•w .
[9.] Degradation
Einst war Christus das Geist und Erkenntnis spendende
Weltlicht,
Doch Nachtwächter nur ist jetzt er dem Mystiker noch.4
[10.]5 Frage6
Ist denn seit Christus'7 Geburt der Mensch nicht älter
geworden
Und mit den Jahren zugleich weiter auch nun an Ver-
stand?
Soll er auch jetzt noch zullen s am Kinderschnuller der
Bibel
Und, zum Manne gereift, saugen nur9 kraftlose Milch? 1 0
1 der Beere . . . Weizen: des Bacchus Geschenk, der gehalt-
vollen Gabe B
2 klassischen . . . Einfal t : der Griechen Geschmack und christ-
lichen Sündengefühlsschwulst B
* Dieser berühmte Esel soll bekanntlich, als er zwischen
Wasser und Heu, von Hunger und Durst auf gleiche Weise
gepeinigt, i m Zustande völliger Unentschiedenheit sich auf
keine von beiden Seiten neigen konnte, in entsetzlicher Not
verschieden sein.
3 Hierzu in B keine Fußnote Feuerbachs.
4 Degradation . . . Mystiker noch. Fehlt in B.
5 In B Teil von Nr. 9.
6 A n die biblischen Stabilisten B
7 denn . . . Christus': seit Christi B
8 auch . . . zullen: noch finden Genuß B 3 die B
30 In B folgt, noch zum selben Gedicht gehörend, also ohne eigene
Überschrift, Nr. 12 von A (siehe unten, S. 412).
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften